Volvo bekommt eine weitere Schwestermarke. Denn nachdem Konzernmutter Geely den Schweden bereits Polestar und Lynk & Co zur Seite gestellt hat, schicken die Chinesen jetzt auch noch Zeekr ins Rennen um die elektrische Zukunft - und steigen dabei zunächst ganz oben ein.
Zwar soll es als Zeekr X bald auch ein SUV von handlichen 4,43 Metern Länge geben. Dieses soll sich die Technik mit dem Smart #1 und dem kommenden Volvo EX30 teilen und um die 45.000 Euro kosten. Doch los geht's mit dem Zeekr 001 erst einmal zu Preisen ab etwa 60.000 Euro.
Der bietet sich so als sportlicher Shooting Brake für die gehobene Mittelklasse als vernünftige, weil günstigere Alternative zum Porsche Taycan (ab rund 93.000 Euro) an. In Schweden und den Niederlanden beginnt dieser ungewöhnliche Wettkampf schon diesen Herbst, bei uns soll es früh im nächsten Jahr losgehen.
Viel Platz, wenig Prestige
Das Warten könnte sich lohnen. Denn als Shooting Brake von knapp fünf Metern bietet der Zeekr nicht nur reichlich Platz auf allen Sitzen und auch im Fond viel Beinfreiheit. Letzteres ist bei fast genau drei Metern Radstand freilich kein Wunder. Außerdem gehen hinter die elektrische Heckklappe mindestens 539 Liter. Und der sogenannte Frunk unter der Bughaube reicht zumindest für das Ladekabel und anderen Kleinkram. Sondern vor allem sieht er mit seinem ernsten Gesicht, den - ausgerechnet wie bei Porsche - etwas überhöhten Kotflügeln und seiner knackigen Kehrseite auch noch richtig gut aus.
Es fehlt ihm zwar das Prestige eines Nierengrills, der vier Ringe oder des Sterns auf der Haube. Aber ohne die überzeichnete Effekthascherei, mit der andere Newcomer vor allem aus China maximale Aufmerksamkeit erregen wollen, wirkt der flache Viertürer schön, sportlich und so seriös, dass er auch als Audi, BMW oder Mercedes durchgehen würde. Und obendrein bedient er ein Segment, in dem es aktuell neben Luxusmodellen wie dem Porsche Taycan und seinem Audi-Bruder E-Tron GT kaum ein Angebot gibt. Es muss doch wirklich nicht immer ein SUV sein.
Balance zwischen Kinosaal und Klosterzelle
Diese unaufgeregte Stimmung setzt sich innen nahtlos fort. Klar, als Kind der Generation E setzt auch Zeekr auf ein hochgradig digitalisiertes Bediensystem mit Sprachsteuerung und Touchscreen. Es gibt eine Ambientebeleuchtung und ein Head-up-Display. Und selbst für die Einstellung von Spiegel und Lenkrad muss man auf dem Bildschirm fingern.
Doch haben die Chinesen einen guten Mittelweg gefunden zwischen dem digitalen Overkill etwa eines Mercedes EQS, der altbackenen Technokratie in einem Audi E-Tron und dem fast schon frugalen Innenleben von Tesla & Co. Wo die einen den Charme einer Klosterzelle verbreiten und die anderen an ein vornehmes, aber austauschbares Business-Hotel erinnern oder die Kunden in einen Kinosaal bitten, gibts hier eine warme Wohnzimmer-Atmosphäre inklusive hübscher Ornamente auf den Konsolen.
Beim Fahren spürt man die Erfahrung
Auch beim Fahren macht der Zeekr für einen Newcomer einen ausgesprochen reifen und runden Eindruck. Er lenkt präzise, bietet mit mehr oder weniger Rekuperation ein gutes Bremsgefühl, fährt komfortabel und harmonisch und bindet den Fahrer so weit ein, dass der Spaß nicht auf der Strecke bleibt.
Während die Autos von Nio & Co bisweilen so wirken, als hätte der Koch nur die besten Zutaten eingekauft, wissen sie bei Zeekr offenbar auch, wie man das Essen am Ende abschmeckt. Da hat die Erfahrung der schwedischen Kollegen sicher nicht geschadet. Der 001 kommt der europäischen Elite näher als jeder andere Chinese.
Ein Akku, zwei Antriebe
Im flachen Boden des 001 steckt immer ein Akku von 100 kWh, der mit sehr konkurrenzfähigen 200 kW geladen werden kann und im besten Fall für 620 Norm-Kilometer reicht. Er speist im Basismodell einen 200 kW/272 PS starken E-Motor an der Hinterachse und in allen anderen Versionen noch eine zweite Maschine im Bug.
Dann kommt der Zeekr auf bis zu 400 kW/544 PS und geht mit 686 Nm zur Sache. Den Sprint von 0 auf 100 km/h schafft er so in 3,8 Sekunden und erst bei 200 Sachen zieht ihm die Elektronik den Stecker.
Fazit: Gekommen, um zu bleiben
Zeekrs Erstling ist ganz sicher kein Aufreger, weil er außen nicht so wild auftritt wie etwa der Hiphi Z und ihm etwa das Augenzwinkern von Nios digitalem Beifahrer Nomi fehlt. Stattdessen wirkt er eher wie ein Mitläufer, der sich unauffällig unter die Stromer der Oberklasse mischt. Aber vielleicht ist genau das seine Stärke. Während viele andere Newcomer mit ihrem Auftritt polarisieren, wirkt der 001 gleichermaßen seriös und souverän - und mit dem Industriegiganten Geely im Hintergrund auch glaubwürdig. Wahrscheinlich werden nicht alle neuen China-Marken überleben. Doch vieles spricht dafür, dass Zeekr zum Bleiben gekommen ist.
Quelle: ntv.de, abe/dpa
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