Porsche 911 Dakar und GT3 RS - beide nicht für jeden Tag

  12 November 2023    Gelesen: 947
  Porsche 911 Dakar und GT3 RS - beide nicht für jeden Tag

Was wäre Porsche ohne die Ikone 911? Und was wäre Porsche ohne seine besonderen 911-Legenden, die zwar nicht jedem zugänglich sind, aber irgendwie das Salz in der Elfer-Suppe? ntv.de hat mit den Extremen GT3 RS sowie Dakar zwei sehr gegensätzliche Porsche 911 gegenübergestellt und gefahren.

Einmal einen Porsche 911 zu besitzen, ist für viele Menschen rund um den Erdball immer noch der Lebenstraum. Einer, der natürlich nicht für alle Autofahrer wahr werden kann. Wer das Privileg hat, hierzulande geboren und aufgewachsen zu sein, hat sicherlich ganz gute Chancen, wenn er das Ziel ehrgeizig verfolgt - jedenfalls bessere als in vielen anderen Ländern der Welt. Zumindest, wenn es irgendein 911-Modell sein soll und kein bestimmtes. Vielleicht ein gebrauchtes Auto oder eine neue Einsteiger-Variante, auf die man lange spart oder so gerade eben finanziert bekommt, wenn man dafür auf andere Annehmlichkeiten im Leben verzichtet.

Es gibt bei Porsche hingegen auch 911-Ausführungen, die sind so gar nicht einfach zugänglich. Die Rede ist von limitierten Sondermodellen oder Highend-GT-Baureihen, die vielleicht nicht künstlich limitiert sind, von denen aber einfach bloß wenige produziert werden können im Laufe der Bauzeit. Diese sind nicht nur per se schon sündhaft teuer, sondern man würde sie nicht einmal bestellen können, wenn man gerade letzte Woche den Lottojackpot geknackt hätte. Einfach, weil sie so rar sind, dass man schon etliche Porsche-Neufahrzeuge bestellt haben muss, um mit einem solchen Sondermodell bedacht zu werden.

Solche Ikonen braucht es, um das Feuer der Marke am lodern zu halten. Sehnsuchtsmodelle, die auf das Standard-Lieferprogramm abstrahlen, dienen auch als Tool, um den Verkauf der Standardmodelle anzukurbeln. ntv.de hat zwei extrem gegensätzliche dieser Sondermodelle gegenüberstellt und gefahren. Gegensätzlich vor allem in ihrer Ausrichtung, wenngleich nicht in ihren sportlichen Ambitionen: 911 GT3 RS und 911 Dakar.

Track oder Wüste? Mit GT3 RS und Dakar geht beides

Beim ab 248.157 Euro erhältlichen GT3 RS handelt es sich um das schärfste Tool aus Zuffenhausen, um ultraschnelle Trackrunden hinzulegen und dabei den einen oder anderen Wettbewerber nass zu machen. Wie sich das Biest im Alltag schlägt? Dazu später mehr. Der Fahralltag gestaltet sich mit dem mindestens 222.020 Euro teuren Dakar zumindest annehmlicher, so viel vorweg: Dieser als Hommage an das alte Rallyeauto angelegte 911 lässt sich so komfortabel wie kein anderer Elfer bewegen.

Vorbild für den heutigen Dakar ist der Porsche 953 mit der Startnummer 176 und der legendären Rothmans-Beklebung (der Tabakkonzern trat als Sponsor des Porsche-Rallyeeinsatzes auf). Der mit dem Allradsystem des späteren 959 bestückte, stark modifizierte Elfer gewann im Jahr 1984 die Rallye Paris - Dakar mit René Metge als Fahrer.

Und so kann man den 911 Dakar als heute als Serienmodell bestellen mit augenfälliger Beklebung und dezenter Höherlegung um 50 Millimeter gegenüber einem 911 mit Sportfahrwerk. Ein 911-SUV also? Wenn das nicht mal Sehnsucht auslöst angesichts der SUV-Beliebtheitswerte. Klingt verrückt, und dieser Elfer ist schon ziemlich speziell, muss man sagen. Zudem ist er mit ziemlich großem Entwicklungsaufwand realisiert. Als da wäre das überarbeitete Liftsystem (hier an beiden Achsen), mit dessen Hilfe der Dakar bis zu 170 km/h schnell noch einmal um weitere drei Zentimeter angehoben über Buckelpisten pesen kann. Ergibt das Sinn? Nö. Macht das Spaß? Vielleicht.

Mit einem 911 durch den Wald? Schwer vorstellbar und ziemlich auffällig. Sollte man also nicht tun und schon gar nicht so rasant. Also dann nach Marokko in die Wüste? Wenn man es sich leisten kann, warum nicht. Aber der 480 PS starke und doppelt aufgeladene Dreiliter in Kombination mit Achtgang-Doppelkuppler macht auf der ebenen Piste schon genug Laune, weil der 1,6-Tonner dank langer Federwege die Rücken der Passagiere mehr schont als die konventionellen Modelle.

911 Dakar als Kilometerfresser? Durchaus denkbar. Und die speziell entwickelten All-Terrain-Pneus mit 40er- beziehungsweise 45-Querschnitt können ja für Supersportwagen-Verhältnisse schon fast als Ballonreifen bezeichnet werden. Sie begrenzen die Speed des Dakar auf 240 km/h - was immer noch genug Tempospielwiese ist. Zumal der Allradler binnen 3,4 Sekunden die 100 km/h-Marke packt. Das optisch auffällige Biest ist ein Performance-Terrier. Den markanten Abschlepphaken am Heck könnte man sogar in der Praxis mal einsetzen. Exklusiver kann man als Verkehrsteilnehmer nicht aus dem Matsch gezogen werden, falls man sich einmal festgefahren haben sollte.

Und die Techniker wollten darüber hinaus sichergehen, dass dieser Elfer auch in der Wüste abliefert und Staub verträgt, weshalb die Ansaugung überarbeitet wurde. Zusatzlüfter erhöhen die Kühlperformance beispielsweise. Und Motorlager aus dem GT3 binden das Triebwerk besser an die Karosse an, sodass ungewollte Bewegungen bei hochdynamischen Einsätzen verhindert werden.

Dakar und GT3 RS - beide Extreme in ihren eigenen Welt

Und hier treffen sich plötzlich die Kompetenzen von Dakar und GT3, wenn auch irgendwie in komplett unterschiedlichen Welten. Die Welt des GT3 RS nämlich ist der Track, jene des Dakar die Geröllpiste. Und damit der GT3 RS auf dem Kurs auch richtig eskalieren kann, haben sich die Ingenieure mächtig ins Zeug gelegt. Selbst kleinste Details spielen eine Rolle, um das Auto querperformant zu machen. Wie bekommt man möglichst viel Abtrieb hin, damit der Grip immer schön auf Höchstlevel verharrt? Man nehme einen Heckflügel der überdimensionierten Art (und der ist auch noch verstellbar) - ergibt 860 Kilogramm Downforce bei 285 km/h. Davon träumt ein Basis-GT3.

Das Teil sieht übrigens schon im Stand derart imposant aus, dass Passanten fast immer angelaufen kommen und aus der Nähe schauen möchten, wenn der Topathlet irgendwo parkt. Aber auch versteckte Maßnahmen wirken in die gleiche Richtung: Sogenannte Aerolenker an der Vorderachse, also die Querlenker (die sowieso Bestandteil des Fahrwerks sind), sorgen mit ihrer bestimmten Form noch einmal für 40 Kilogramm zusätzlichen Abtrieb bei hohem Tempo.

Und dann dieser Sound des Vierliter-Saugmotors! Unbeschreiblich, wenn der aus dem Trockensumpf geschmierte Sechszylinder-Boxer die sieben Fahrstufen des Doppelkupplungsgetriebes durcheilt und Richtung Drehzahlbegrenzer sägt. Der GT3 RS ist mehr Rennwagen mit Straßenzulassung als Straßenauto mit Track-Kompetenz, das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden.

Wer das Weissach-Paket für die Kleinigkeit von weiteren 36.390 Euro ordert, bekommt mehr CfK- und Magnesiumteile für zusätzliche Gewichtsreduktion (22 Kilogramm) plus einen geschraubten Überrollkäfig. Einen Käfig hat natürlich auch der auf 2500 Stück limitierte Dakar. Ist ja klar, wer in der Wüste Dünen quernimmt, muss damit rechnen, früher oder später umzukippen.

Beide Sondermodelle sind für Hobbyracer und Sammler
Doch zum Schluss noch eine entscheidende Frage: Sollten auch Nicht-Virtuosen an das ultrazackig reagierende Steuerrad eines GT3 RS? Klar, die letzte Zehntelsekunde auf der Nordschleife herausquetschen wollen - das dürften wohl kaum die meisten Kunden. Oder vielleicht doch? Man weiß es nicht, um ganz ehrlich zu sein. Beherrschbar ist dieser extreme GT schon, gefährlich wird es bloß, wenn man Unsinn macht, es also übertreibt.

An dieser Stelle sei aber klar gesagt, dass der GT3 RS überhaupt nichts für Autofahrer ist, die ein Problem mit hoher Lautstärke haben. Ein paar 100 Kilometer am Stück mit dem RS strapazieren das Gehör schon ordentlich. Nein, jetzt keine falschen Schlüsse ziehen. Dieses 4,57 Meter lange Stück Auto ist der Wahnsinn, betört, macht Spaß, macht süchtig, ist cool, will man haben. Unbedingt. Aber eher für gezielte Ausfahrten auf dem Track oder vielleicht die einsame Landstraße am Sonntagmorgen (wobei die Straßenverkehrsregeln hier schnell Limits setzen). Wer ihn im Alltag fährt, muss schon hart drauf sein.

Und nicht vergessen: Nur die Hinterachse wird angetrieben. Allradantrieb als "doppelter Boden" zwecks Reserve auf halbem Weg in den Straßengraben bei etwas zu forsch angegangener Kehre? Nö. Also die Semislicks immer schön warmfahren, wenn es zügiger vorangehen soll.

Um es mit dem Heckantrieb übrigens in 3,2 Sekunden (wie das Werk nennt) auf 100 km/h zu schaffen, sollte die Launchcontrol bemüht werden. Einfach beide Pedale niederdrücken, den Sauger hochdrehen lassen und Fuß von der Bremse. Und schon schnalzt der leer 1450 Kilogramm schwere (oder eher leichte) Ausnahme-Elfer nach vorn. Die Höchstgeschwindigkeit gibt der Hersteller mit "nur" 296 km/h an - Kurvenperformance ist für das GT-Spitzenmodell viel wichtiger als lediglich schnell geradeaus zu fahren.

Und jetzt? Welcher besondere Elfer landet eher auf den Top-Platzierungen der Autospotter bei Instagram? Dakar oder GT3 RS? Schwierig zu sagen, beide können Herzrasen auslösen. Vollblut-Sammler müssen natürlich auch unbedingt beide haben. Die meisten Fans bleiben leider nur Zaungäste und dürfen die Ausnahmesportler an Schönwetter-Wochenenden auf den einschlägigen Tracks bewundern. Doch auch das ist ja schon schön.

Quelle: ntv.de


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