Hyundai mit neuem Werk, neuem Glück und Erfolgsaussichten

  16 November 2023    Gelesen: 698
  Hyundai mit neuem Werk, neuem Glück und Erfolgsaussichten

Die Automarke Hyundai hat in den letzten Jahrzehnten einen beachtlichen Aufstieg hingelegt. Die Koreaner haben klein angefangen und waren nicht immer mit Spitzenprodukten präsent. Außerdem pflegten sie einen anderen Lernstil als viele japanische Marken.

Dass Hyundai beim Start mit dem Bau von Automobilen Ende der 1960er Jahre noch eigene keine Expertise hatte (die Firma wurde als Bauunternehmen gegründet) und lieber auf das Know-how von anderen Spezialisten setzten, empfinden die Koreaner überhaupt nicht als Makel. So zeigen sie im Rahmen der feierlichen Grundsteinlegung ihres künftigen Werks in Ulsan für elektrisch angetriebene Fahrzeuge ganz selbstbewusst den alten Ford Cortina, aus dem die erste Hyundai-Offerte bestand. Es handelt sich freilich um einen Lizenzbau. Und um für den späteren Vertrieb eigens entwickelter Fahrzeuge bestens gerüstet zu sein, holte Hyundai Anfang der 1970er Jahre den ehemaligen Chef des britischen Autokonzerns Leyland, George Turnbull, ins Boot.

Doch zunächst ein Zeitsprung ins Jahr 1991. Für uns Deutsche beginnt die Hyundai-Geschichte nämlich genau ein Jahr nach der Wiedervereinigung mit einem Hyundai S Coupé, das wiederum auf einem älteren Pony basiert. Klingeln die Namen noch? Sichtbarkeit hatten Hyundai-Produkte durchaus schnell - bereits 1993 gelang es den eifrigen Vertrieblern, 30.000 Fahrzeuge hierzulande abzusetzen und damit ein Prozent des gesamten heimischen Automarkts zu erhaschen. Doch wer die Hyundai-Produkte aus den Neunzigern und selbst aus den Nullerjahren kannte, weiß, dass der Verkauf lediglich über den Preis funktioniert haben muss. Liederliche Verarbeitung und grob geschnitzte Designsprache, aber niedrige Preise - das waren lange Zeit die Attribute der Marke.

Man könnte denken, Hyundai sei eine deutsche Marke

Doch Hyundai hat sich entwickelt. Und anders als die Chefs vieler japanischer Marken haben die Koreaner schnell begriffen, dass man auch europäisch sein muss, um in Europa Erfolg zu haben. Hyundai-Verantwortliche hatten nie ein Problem damit, Expertise von externen Profis gut laufender Wettbewerberfirmen (bevorzugt aus dem Ausland) einzukaufen. Mitte der 2000er Jahre holte man Ex-BMW-Designer Thomas Bürkle an Bord, der Hyundai ein eigenständiges und vor allem konsistentes Design bescheren sollte. Auch Volkswagen-Designer Peter Schreyer arbeitet ähnlich lange für Hyundai. Und seit acht Jahren ist auch der Belgier Luc Donckerwolke mit von der Partie, früher Designer für diverse Volkswagen-Marken.

Und für den technischen Part hat Hyundai auch nur die besten Fachleute rekrutiert. Mit Technik-Boss Albert Biermann steuert ein weiterer ehemaliger BMW-Mann die Geschicke des koreanischen Autokonzerns. Und zwar einer, der als Entwicklungschef der BMW-M-GmbH wissen muss, wie man emotionale und Performance-Autos baut. Man könnte fast meinen, Hyundai sei eine deutsche Marke. Nicht nur wegen des Teams, auch wegen der akkuraten Verarbeitung moderner Hyundai-Produkte.

Doch von den Besten zu lernen, ist Hyundai nicht fremd. Das 1974 auf dem Turiner Autosalon vorgestellte Pony Coupé Concept hat kein Geringerer als Designer Giorgetto Giugiaro gestaltet. Das zweitürige Concept sieht in der Tat atemberaubend aus. Aus damaliger Perspektive muss die Studie maximal zukunftsweisend gewirkt haben. Das gilt nicht nur für die Gestaltung der Außenhaut. Innen fasziniert der in dieser Form leider nie gebaute Pony mit mechanischen Digitalanzeigen; das Einspeichen-Lenkrad lässt Reminiszenzen an die legendäre "Göttin" aufkommen, der Citroën DS. Damals hatte Hyundai noch nicht lange nicht Kompetenz und Mittel, ein Auto auf die Räder zu stellen, das Autoenthusiasten angesichts dieser Studie vielleicht erwartet hätten.

Der erste Pony war adrett, aber für Deutschland nicht gut genug

Allerdings: Ein adrettes Auto war der mit Fließheck bestückte Serien-Pony sehr wohl. Und die Technik stammte aus dem Fundus des Mitsubishi-Konzerns. Die Verantwortlichen haben es früh versucht auf dem europäischen Kontinent. Jedoch in dankbaren Märkten und nicht in Deutschland, wo die Bevölkerung naturgemäß eher heimische Marken kauft und anspruchsvoll ist. So gab es Hyundai-Produkte ab 1978 in den Beneluxländern, Griechenland oder auch Spanien.

Heute ist die Marke Hyundai etabliert in Europa und verzeichnetet einen Markteinteil von rund vier Prozent in Deutschland. Warum nicht mehr, könnte man fragen. Weil das Marktumfeld schwierig ist - selbst innerhalb des Importmarken-Umfeldes. Schließlich drängen jetzt beispielsweise chinesische Marken auf den Markt, die mit günstigen Angeboten nach Kunden jagen. Und die traditionellen Japaner, viel länger etabliert hierzulande, müssen froh über drei Prozent sein.

Hyundai ist längst keine "Entwicklungs"-Marke mehr

Den Status der "Entwicklungs"-Marke hat Hyundai lange überwunden. Der Hersteller baggert heute mit Qualität und Technologie. Bei der Elektromobilität wird das deutlich. Die Konzerngruppe, zu der auch Genesis und Kia gehören, ist der einzige Akteur aktuell, der batterieelektrische Fahrzeuge mittlerer Segmente mit 800-Volt-Architektur anbietet. Damit haben die Koreaner durchaus einen Produktvorteil. Und auch bei der sportlichen Speerspitze sind die Produkte ambitioniert. Das kann man beispielsweise an der Antriebstechnologie ablesen. Besonders leistungsfähige Motoren der Topmodelle von Genesis GV60, Hyundai Ioniq 5 sowie Kia EV6 erlauben beispielsweise Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 260 km/h - sonst nur im hiesigen Premiumbereich möglich.

Und nun stehen die Koreaner vor der Eröffnung ihres neuen Werks für elektrisch angetriebene Fahrzeuge: Hier entsteht ab dem Jahr 2026 die Kapazität von 200.000 jährlich gefertigten Einheiten.

Um zu unterstreichen, wie ambitioniert Hyundai um die Kundengunst buhlt, haben die Designer noch einmal das Concept N Vision 74 aus dem Jahr 2022 aus der Mottenkiste geholt. Designer SangYup Lee hat sich genau wie Giorgetto Giuguaro Zeit genommen, um etwaige Fragen persönlich zu beantworten.

Gibt es überhaupt Fragen? Das Design-Statement des modernen Concepts spricht jedenfalls für sich. Mit dem N Vision 74 schließt sich der Kreis. Der rassige Sportler mit seinen gestalterischen Anleihen am Pony Concept weckt zumindest ebenso Lust auf ein daraus abgeleitetes Serienmodell wie damals die Giugiaro-Studie. Heute hat der Hyundai-Konzern allerdings mehr Mittel, tolle Serienautos umzusetzen.

Jetzt müsste bei der elektrisch angetriebenen Mobilität allerdings mehr Technologietransfer in Richtung der unteren Segmente stattfinden. Wie wäre es mit 800 Volt auch für die Kompaktklasse, um auch dort kürzere Ladezeiten zu realisieren? Lassen wir uns doch überraschen. Dank des neuen Werks in Ulsan dürfte eine potenzielle hohe Nachfrage attraktiver Offerten ja verkraftbar sein.

Quelle: ntv.de


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