Starkes El Niño beeinflusst Wetter auch im neuen Jahr

  26 Dezember 2023    Gelesen: 896
  Starkes El Niño beeinflusst Wetter auch im neuen Jahr

Das derzeitige El-Niño-Phänomen im Pazifik steht wohl kurz vor seinem Höhepunkt. Laut der US-amerikanischen Wetterbehörde NOAA kann es in Kürze zu einem historisch starken El Niño werden und noch über Monate anhalten. Für das Jahr 2024 bedeutet das nicht viel Gutes.

Bereits seit Monaten entwickelt sich ein starkes El Niño im tropischen Pazifik. Neueste Prognosen der NOAA besagen, dass es in den kommenden zwei Monaten mit einer Wahrscheinlichkeit von 54 Prozent sogar die Schwelle zu einem sehr starken beziehungsweise historischen El Niño überschreiten wird. Es wird wohl auch noch bis weit in die erste Hälfte des kommenden Jahres anhalten.

Wegen der großen Fläche des von deutlich erhöhten Ozeantemperaturen betroffenen Gebietes und auch wegen seiner Stärke kann El Niño großen Einfluss auf das weltweite Wetter im kommenden Jahr haben. Zwar fällt das diesjährige El-Niño-Ereignis nicht ganz so stark aus wie die fünf bisher stärksten, etwa das letzte auch als "Super-El-Niño" bezeichnete Ereignis im Jahr 2015/2016. Dennoch ist es schon jetzt eines der stärksten bisher beobachteten El Niños und hatte in den vergangenen Monaten bereits große Auswirkungen auf das globale Wetter, etwa im Amazonas-Gebiet oder in Australien und Südostasien.

2024 könnte das wärmste Jahr aller Zeiten werden

Außerdem spielt El Niño eine entscheidende Rolle für die enormen globalen Temperaturabweichungen der vergangenen Monate. Die wärmsten Jahre der Vergangenheit waren so gut wie immer El-Niño-Jahre und auch in Zeiten der sich beschleunigenden globalen Erwärmung wird das wohl weiterhin so bleiben. 2024 dürfte darum global mit einiger Wahrscheinlichkeit eines der wärmsten oder sogar das wärmste Jahr aller Zeiten werden, mit allem, was dazu gehört: Dürren, Starkregenereignisse und heftige Stürme. Dabei war 2023 schon ein absolutes Rekordjahr, laut WMO mit einer globalen Temperaturabweichung von 1,4 Grad Celsius bis Ende Oktober.

Auf der Nordhalbkugel beeinflusst El Niño unter anderem die Lage des Jetstreams über dem Pazifik und Nordamerika. Für die USA bedeutet das oft stürmischere und vor allem im Südosten kühlere und nassere Zeiten, mit teils heftigen Wintereinbrüchen. Die Verlagerung des Jetstreams kann sich aber auch bis nach Europa auswirken. Die zahlreichen Stürme im Herbst, die vor allem Westeuropa trafen, waren neben dem in diesem Jahr außerordentlich warmen Nordatlantik auch eine Folge des starken und teils weit südlich gelegenen Jetstreams über den USA. Auch wird die globale Atmosphäre durch die hohen Ozeantemperaturen im tropischen Pazifik mit zusätzlicher Feuchte angereichert: Stärkere Niederschläge und Hochwasserereignisse werden wahrscheinlicher.

Lage im Amazonas dramatisch

Im Amazonasbecken hat kalendarisch eigentlich längst die Regenzeit begonnen. Doch hält dort die vor allem durch El Niño ausgelöste sowie durch Erderwärmung und Entwaldung verstärkte Dürre auch im Dezember weiter an. Dabei konnte die Entwaldung in den letzten Monaten durch verstärkte Maßnahmen zum Schutz des Regenwaldes unter Präsident Lula da Silva um etwa 60 Prozent reduziert werden. Die Verzögerung der Regenzeit durch El Niño setzt dem Amazonas stark zu. Womöglich nähert sich der Regenwald bereits einem von einigen Klimaforschenden postulierten Kipp-Punkt. Bei dessen Überschreitung könnten sich große Teile des Waldes unaufhaltsam in eine trockenere, savannenartige Landschaft verwandeln.

Der Amazonas sieht sich einem tödlichen Cocktail aus mehreren Bedrohungen ausgesetzt, die allesamt weiter zu seiner Dezimierung beitragen: Durch das El-Nino-Phänomen herrschen vermehrt Hochdrucklagen mit großer Trockenheit und Hitze. Die globale Erwärmung hat zudem wohl einen ähnlichen Effekt, denn durch sie verändern sich auch wichtige Luftströmungen in den Tropen, wie etwa die Passatwinde. In Südamerika wird es laut Klimaforschern wahrscheinlich schon allein dadurch trockener und so auch die Auswirkungen von El Nino größer. Außerdem steigt bei höheren Temperaturen auch die Verdunstung, was laut Waldökologen wie Professor Florian Wittmann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zunächst besonders die Randbereiche des Regenwaldes bedroht.

Dort ist auch die Abholzung besonders groß, welche die dritte Bedrohung mit ähnlichem Effekt darstellt. Durch die Abholzung im industriellen Maßstab nehmen Verdunstung und Vertikalbewegungen ab, denn der Regenwald schafft, wie sein Name sagt, über sein dunkles, feuchtes Blätterdach sein eigenes Klima. Wird er abgeholzt, wird es automatisch trockener und heißer und die atmosphärische Zirkulation in der gesamten Umgebung verändert sich – irgendwann sogar auf globaler Ebene. Durch diesen gefährlichen Cocktail aus Erderwärmung, Abholzung und starken El Niños könnte der Regenwald schon bald unrettbar über den aufgrund von Klima-Simulationen angenommenen Kipp-Punkt getrieben werden. Mit weltweiten Auswirkungen, denn der Amazonas ist eine wichtige Kohlenstoffsenke – aber nur solange er feucht ist.

Andere Einflussfaktoren für Wetter in Europa

In Europa sind die unmittelbaren Auswirkungen durch El Niño deutlich schwächer und teils umstritten. Für das Wetter in Europa spielen die Temperatur- und Druckverhältnisse im Nordatlantik, im Mittelmeerraum und in Skandinavien sowie der Arktis eine wesentlich wichtigere Rolle. In diesem Jahr bestimmten vor allem der außerordentlich warme Nordatlantik, der Ende Juli als Ganzes zeitweise bis zu ein Grad und regional sogar bis zu acht (!) Grad wärmer war als je zuvor, sowie das im Sommer ebenfalls rekordwarme Mittelmeer unser Wetter. Deren Zusammenspiel war für zahlreiche Rekordfluten im Sommer im Alpenraum, in Slowenien, Spanien, Griechenland, Libyen und sogar in Norwegen und Schweden mitverantwortlich.

 Noch immer ist der Nordatlantik etwa ein halbes Grad wärmer als je zuvor und sorgt so für die schon seit Juli in Deutschland verbreitet sehr hohen Niederschläge. Es wird spekuliert, dass hier ein Zusammenhang mit dem diesjährigen Meereis-Rekordminimum im antarktischen Winter besteht – auch dort ist die Meereisbedeckung noch immer geringer als je zuvor. Die Antarktis ist einer der Haupttreiber für die berühmt-berüchtigte Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC). Verlangsamt sie sich durch zunehmende Schmelzwasserzuflüsse vom Festlandeis und Hitzewellen an der Oberfläche, was bereits zu beobachten ist, könnte es allmählich zu einem Wärmestau an der Meeresoberfläche kommen. Zudem ist ein schlagartigen Verlust der bisherigen Pufferfunktion des Ozeans möglich, sowohl was Wärme als auch das CO2 angeht. Auch hier ist im kommenden Jahr leider eher keine Besserung zu erwarten, dafür weitere Extreme.

Quelle: ntv.de


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