Nach der versehentlichen Tötung dreier Geiseln im Norden des Gazastreifens durch israelische Soldaten vor zwei Wochen hat das Militär neue Erkenntnisse zu dem Vorfall veröffentlicht. Der Soldat, der zunächst zwei der Geiseln tötete, habe nur eingeschränkte Sicht auf die Geiseln gehabt, teilte die israelische Armee mit. Zudem hätten zwei Soldaten den Befehl, das Feuer einzustellen, wegen Panzerlärms nicht gehört und später den dritten Mann erschossen.
Laut Armee schoss zunächst ein Soldat "auf drei Gestalten, die als Bedrohung identifiziert wurden" und tötete zwei von ihnen. Die dritte Person sei in der Hamas-Hochburg Schedschaija anschließend in ein Gebäude geflohen. Nach rund 15 Minuten habe der zuständige israelische Kommandeur Hilferufe auf Hebräisch gehört und die Geisel aufgefordert, aus dem Gebäude und auf die Soldaten zuzukommen. Zwei Soldaten hätten zuvor jedoch den Befehl, das Feuer einzustellen, wegen des Lärms eines Panzers in der Nähe nicht gehört. Die Soldaten schossen der Armee zufolge deshalb auf den Mann und töteten ihn dabei.
Die drei Geiseln waren Armeeangaben zufolge ohne Oberbekleidung unterwegs, um zu zeigen, dass sie keine Sprenggürtel tragen. Einer der Männer habe eine weiße Flagge geschwenkt. Den neuen Erkenntnissen zufolge, die unter anderem auf einer Analyse von Luftaufnahmen basieren, hatte der Soldat, der zwei von ihnen tötete, von seiner Position aus nur eine eingeschränkte Sicht auf die Geiseln.
Hilfeschreie sowie schriftliche Hilferufe der drei Geiseln in hebräischer Sprache hätten Soldaten zuvor für einen Täuschungsversuch der Hamas gehalten, hieß es in dem Untersuchungsbericht des Militärs. Sie vermuteten demnach, dass sie ein mit Sprengfallen versehenes Gebäude gelockt werden sollten. Die beteiligten Soldaten hätten derartige Täuschungsversuche zuvor bereits so erlebt. Die Soldaten griffen demnach auch das Gebäude an, in dem die drei Männer festgehalten wurden, da sie einen Hinterhalt vermuteten. Dabei seien fünf Terroristen getötet worden und die Geiseln entkommen.
Die Armee sei bei ihrer Mission, Geiseln zu retten, im Fall der fälschlicherweise getöteten drei Männer gescheitert. Die Angriffe auf sie hätten nach Ansicht des Generalstabschefs Herzi Halevi verhindert werden können. Es habe dabei aber keinen Vorsatz gegeben, betonte er. Die versehentliche Tötung der Geiseln hatte schwere Bestürzung und Proteste in Israel ausgelöst.
Proteste in Tel Aviv und Jerusalem
Am Abend demonstrierten Hunderte von Israelis in Tel Aviv gegen den Gaza-Krieg. Sie waren einem Aufruf der Graswurzelbewegung "Standing Together" gefolgt, die sich für einen Dialog zwischen Israelis und Palästinensern einsetzt. Die Demonstrierenden forderten unter anderem ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen und die Freilassung der dort festgehaltenen Geiseln. Wie die Zeitung "Haaretz" berichtet, demonstrierten zudem Hunderte junge Menschen, die aus Orten in der Nähe des Gazastreifens stammen, vor dem Parlament in Jerusalem für die Freilassung der Geiseln. Sie waren fünf Tage zuvor in Tel Aviv aufgebrochen, um in die Hauptstadt zu laufen.
Im Rahmen einer Feuerpause wurden vor einem Monat insgesamt 105 Geiseln freigelassen. Nach israelischen Informationen werden derzeit noch knapp 130 Menschen in dem Küstenstreifen festgehalten. In Israel protestieren regelmäßig Menschen gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, auch weil sie ihr vorwerfen, nicht genug für die Freilassung der Geiseln zu tun.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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