BMW M8 Cabriolet stürmt auf den Gipfel automobiler Lust

  29 Dezember 2023    Gelesen: 865
  BMW M8 Cabriolet stürmt auf den Gipfel automobiler Lust

Wer Drama und Frischluft miteinander verbinden möchte, liegt mit dem BMW M8 Cabrio nicht schlecht. ntv.de hat den offenen Athleten zum Sturm blasen lassen.

Sie wundern sich, warum die Redaktion ausgerechnet im wettertechnisch schmuddeligen Winter ein Performance-Cabriolet bespricht? Klingt nach einer berechtigen Frage mit einer allerdings ebenso schlüssigen Antwort: im Winter bestellt, im Frühjahr geliefert. Und zugegeben, als die Bilder des hier antretenden M8 in der etwas sperrig bezeichneten Farbe "M Isle of Man Grün metallic" entstanden, war das Wetter deutlich besser, auch wenn die Wolken am Himmel ziemlich bedrohlich wirken.

Bedrohlich wirkt es allerdings auch, wenn der 4,4 Liter große Achtzylinder mit der internen Kennzeichnung "S63" zum Leben erwacht. Das "S" steht für die Triebwerke, bei denen die BMW M GmbH die Finger im Spiel hat. Ein bisschen zornig, ein bisschen grollend und in jedem Fall ziemlich emotional macht das Aggregat darauf aufmerksam, dass es nicht ganz schwach auf der Brust ist. Was die reine Leistungsbetrachtung angeht, hat der Verbrenner inzwischen ja einen schweren Stand. Was damit zu tun hat, dass man mit Elektromaschinen heute relativ einfach unglaublich hohe Peakleistungen erzeugen kann.

Starke Beschleunigung macht Traumautos zu Pulsbeschleunigern

Ich sehe die Autoenthusiasten bei diesen Zeilen schon vor Empörung beben, wie man es im Kontext eines BMW M8 Competition überhaupt wagen kann, an Elektromobilität zu denken. Na ja, starke Beschleunigung ist eben eine Eigenschaft, die Traumautos zu Pulsbeschleunigern macht. Antriebspower ist leider ein bisschen zum inflationären Gut geworden infolge der aufkommenden Elektroboliden, das muss man schon sagen. Dennoch haben starke Verbrenner wenig ihrer Exklusivität eingebüßt. Denn im Gegensatz zu kräftigen Stromern gibt es Verbrenner-Boliden erstens nicht zum Schnäppchentarif. Und zweitens liefert die klassische Wärmekraftmaschine ihre Leistung nicht nur emotional, sondern auch dauerhaft und ohne Verlusterscheinungen, so oft man sie auch maximal beansprucht.

Der BMW M8 schiebt bis zum letzten Tropfen Benzin im Tank von 0 bis 305 km/h (2450 Euro teures Driver's Package, sonst 250 Sachen) immer gleich mächtig. Macht nicht schlapp infolge hoher thermischer Belastung, denn die kann er ab und wird stets wirkungsvoll heruntergekühlt selbst im Falle eines imaginären Track-Einsatzes. Das Zeug für die Rennstrecke hätte der 191.500 Euro teure Oberbayer sogar. Als da wären adaptive Dämpfer sowie ein aktives Sportdifferenzial an der Hinterachse, um die Antriebsmomente präzise zu verteilen. Plus die standfeste und gut dosierbare Compound-Bremse. Echt jetzt? Nein, das ist lediglich eine hypothetische Überlegung, denn der 2,1 Tonnen schwere Frischluft-Hammer ist trotz seines "Competition"-Schriftzugs kein wirklicher Kandidat für die Nordschleife oder andere Kurse.

Der doppelt aufgeladene V8 schiebt und schiebt

Also los, Kapuze (natürlich per Knopfdruck) fallen lassen und die Landstraße erkunden. Aber Moment! Vorher sind noch die Kennlinien von Motor und Getriebe zu programmieren. Puh, da gibt es so viele Kombinationen. Eigentlich zu viele, was bekanntermaßen unglücklich macht. Man kann sogar entscheiden, mit Allrad- oder Hinterradantrieb unterwegs zu sein. Komfort oder Sport reichen mir, um ehrlich zu sein. Und Allradantrieb ist keine schlechte Sache, wenn 625 PS und 750 Newtonmeter Drehmoment wüten.

Vielleicht sollte man wissen, dass es nicht auf die reine Anzahl der Newtonmeter ankommt, sondern insbesondere auf den Drehzahlbereich, innerhalb dessen das Drehmoment abrufbar ist. Bei diesem Doppelturbo ist das von 1800 bis knapp 6000 Touren der Fall. Das heißt, in quasi jeder Lebenslage schiebt und schiebt und schiebt das V8-Herz unter der wohlgeformten Haube. Wer es darauf anlegt, bekommt das stärkste Cabrio des BMW-Programms innerhalb von 3,3 Sekunden auf 100 km/h geschmettert. Leider geht noch viel mehr, was den Führerschein akut gefährdet, wenn man sich nicht im Griff hat.

Geraden kann eh jeder, also doch lieber auf Kurven besinnen und den Teilzeit-Allradler mit dem markant-dicken Präzisionslenkrad um die Ecke werfen. Was macht mehr Spaß? Kopf dem Wind entgegenrecken oder dem Achtzylinder-Bariton aus Richtung Bug sowie der Sportabgasanlage lauschen? Geht natürlich beides, und mit dem rechten Pedal lässt sich ein gesundes Gleichgewicht herstellen.

Was ist das M8 Cabriolet eigentlich, Straßenrowdy oder automobiler Gentleman? Beides trifft es nicht exakt - vielleicht eine Mischung? Die üppigen Schalensitze übernehmen jedenfalls verschiedene Aufgaben ganz gut. Einerseits halten sie die Passagiere auch bei forcierter Gangart in der Mittelbahn, andererseits spenden sie recht ansehnlichen Komfort.

Der M8 bewahrt sich einen Funken Restkomfort

Komfort ist übrigens etwas, das der wilde Antriebsstrang dennoch beherrscht. BMW ist seit dieser M-Generation weg vom ruppigen Doppelkuppler und hin zur grundsätzlich geschmeidigen Wandlerautomatik - hier mit acht Stufen. Allerdings landet diese blitzschnell nach dem Losrollen in der Überbrückung (dann besteht eine kraftschlüssige Antriebsverbindung), also muss sie landen, wenn es sportlich zugehen soll. Im Wandlungsbereich, wo kein Kraftschluss besteht, gibt es weder Effizienz noch maximal performanten Vortrieb. So richtig geschmeidig fährt der in der Grundausrichtung durchaus etwas ruppige BMW also nicht an, schaltet dafür aber flauschig, wenn man sich nicht gerade in der drahtigsten Einstellung befindet. Dann werden die Gänge mit Schmackes reingehämmert (geht übrigens auch per Schaltpaddle).

Böse ausgedrückt könnte man sagen, das M8 Cabriolet sei weder Fleisch noch Fisch. Richtig, daher kann man ihn getrost in der offenen Variante genießen, die auf dem Track wenig zu suchen hat, weil sie schwerer ist und nicht so verwindungssteif. Und selbst das Coupé ist für optimale Track-Performance eigentlich schon zu schwer.

Für Kunden mit Budget im Überfluss gibt es trotzdem noch diverse Spielereien, die die Fahrdynamik in der Theorie verbessern. Wenn es sein muss, auch die 9400 Euro teure Keramikbremse. Mancher Interessent mag sich bei der Vorstellung wohler fühlen, das 4,87 Meter lange Cabriolet mit der maximal hitzebeständigen Hightech-Bremse aus hohen Geschwindigkeiten heraus zu verzögern, obwohl bereits die Basisbremse nicht verdächtig ist, von Fading heimgesucht zu werden.

Hat das mit seiner prägnanten vierflutigen Abgasanlage tendenziell extrovertierte Gefährt eigentlich auch nur einen Funken Nutzwert? Na sicher, wer genug Gepäck in den 350-Liter-Kofferraum gequetscht bekommt, kann mit diesem BMW auch ohne Probleme lange Strecken abspulen. Denn in der komfortabelsten Einstellung rollt das Biest recht schmiegsam ab und trotzt entsprechend auch schlechten Straßen.

Und sonst? Dass der Achter nicht mehr das jüngste BMW-Familienmitglied ist, merkt man am verhältnismäßig kleinen Display. Zwar besteht auch das Kombiinstrument aus reiner Anzeigefläche ohne mechanische Nadeln, aber keine Spur vom ach so angesagten "Curved Display". Doch darauf pfeift der M8, dessen Antriebskapitel der Hauptgrund für einen Kauf darstellen dürfte. Übrigens: Wer es schafft, sich zu zügeln und das Top-Cabrio um Richtgeschwindigkeit herum bewegt, kann gar mit einstelligen Verbrauchswerten hinkommen. Schon klar, überzeugt vermutlich nicht so viele M8-Interessenten oder ist ihnen schlicht egal. Die möchten halt Drama mit Frischluft verbinden. Und genau das kann das M8 Cabriolet nun mal am besten.

Quelle: ntv.de


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