Ist BYD der heimliche Europameister?

  14 Juli 2024    Gelesen: 496
  Ist BYD der heimliche Europameister?

Die Fußball-Europameisterschaft sorgt für Wirbel: Eigentore, umstrittene Handspiele, ein Teenager-Ausnahmetalent. Aber auch wirtschaftlich bleibt etwas hängen. Das hofft zumindest ein großer Automobilkonzern. VW ist es nicht.

Die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland wird den Besuchern in den Stadien wie auch den TV-Zuschauern in lebhafter Erinnerung bleiben. Nicht nur wegen dramatischer (Hand-)Spiele, sondern auch wegen der mitunter mysteriösen Bandenwerbung in den Arenen. Denn wo früher regelmäßig ein niedliches Auto die gesamte Bande entlangfuhr und für Volkswagen warb, prangten plötzlich völlig unbekannte Namen und chinesische Schriftzeichen: Alipay, Hisense und BYD flimmerten da über die Werbebanden - bei BYD stets mit dem Hinweis, die Nummer eins bei NEV zu sein.

Und das Gros der Zuschauer fragte ratlos: Wer oder was ist BYD? Und was sind diese rätselhaften NEV, bei denen BYD die Nummer eins sein soll?

"Build Your Dreams" - schneller Aufstieg

Die Lösung des Rätsels ist einfach. BYD ist ein chinesischer Autohersteller ausschließlich von Elektroautos jeglicher Bauart, die in China als NEV - New Electric Vehicles - bezeichnet werden. Dazu zählen Antriebe, die irgendwie mit Strom "befeuert" werden, seien es Hybride (HEV) mit einem Verbrennermotor als Hauptantriebsquelle und elektrischer Antriebsassistenz, reine Batterie-Elektroautos (BEV) oder Plug-in-Hybride (PHEV).

BYD ist ein vergleichsweise junger Autohersteller, hervorgegangen aus dem 1995 in Shenzhen gegründeten Produzenten von Batterien und Elektronikbauteilen für Autos, Yadi. BYD wurde dann als Marketinggag zum Slogan des Autokonzerns: "Build Your Dreams".

2003 als Hersteller von Verbrennerautos gestartet, lag der Absatz 2019 schon bei 455.000 Automobilen aller Antriebsarten. Heute ist BYD nicht nur im Bereich der BEV Weltmarktführer und hat den Branchenpionier Tesla vom Thron gestoßen. Das chinesische Unternehmen ist auch global führend, was Elektromobilität betrifft, also die Nummer eins bei NEV.

Seit 2023 gehört BYD zudem zum exklusiven Club der zehn größten Autoproduzenten der Welt und hat dabei etwa die deutschen Premiumhersteller Audi, BMW und Mercedes-Benz hinter sich gelassen.

"Build Your Dreams" - weiter sattes Wachstum

Unverdrossen hat BYD beschlossen, in Zukunft die Auslandsmärkte stärker "zu bearbeiten", vor allem, weil bisher 90 Prozent des BYD-Absatzes im Reich der Mitte allein stattfand und weil der chinesische Markt für Elektroautos inzwischen strukturelle Schwächen zeigt. Da BYD sein Wachstumstempo beibehalten und 2024 global nach eigenem Bekunden vier Millionen Elektroautos absetzen will, geht das nur über den Export. Aber wohin? Da die USA als Absatzmarkt politisch versperrt sind, bleiben als Exportziele nur Europa sowie Südamerika und Afrika übrig.

Mit 240.000 exportierten Fahrzeugen 2023 ist BYD diesbezüglich zwar noch ein Winzling. Der Konzern ist aber wild entschlossen, das zu ändern. Vor allem in Deutschland will BYD seinen Bekanntheitsgrad steigern. Dazu hat der Autobauer rund um die Euro 2024 eine riesige Werbeaktion gestartet. In deren Mittelpunkt steht die Bandenwerbung innerhalb und die Präsentation von BYD-Elektroautos außerhalb der Fußballstadien sowie an prominenten Plätzen und in den Fan-Zonen aller EM-Städte. Zudem durften die Offiziellen Elektro-BYDs als Transportmittel nutzen.

"Build Your Dreams" - mit System

Die Stoßrichtung der Sponsorschaft der chinesischen Unternehmen während der EM ist klar: Erhöhung des Bekanntheitsgrades, Vorbereitung des Marktzutritts. Dazu war BYD bereit, den traditionellen Hauptsponsor Volkswagen bei der UEFA zu ersetzen. Und BYD hat VW schon einmal abgelöst - als Nummer eins bei den Verkaufszahlen in China im ersten Quartal 2023.

Im laufenden Jahr will BYD eigenen Angaben zufolge vier Millionen Autos verkaufen. 2030 soll dann die E-Auto-Marktführerschaft in Europa erreicht werden. Der Marktanteil: zehn Prozent. In Deutschland wird wiederum ein Anteil von fünf Prozent angestrebt. Laut Daten des Kraftfahrtbundesamtes waren es im vergangenen Jahr etwa 0,1 Prozent. Im laufenden Jahr bis Ende Mai hat BYD lediglich 777 Elektroautos hierzulande verkauft, was dennoch einen Wachstumssprung von mehreren hundert Prozent darstellt. Zum Vergleich: Tesla verkaufte etwas mehr als 16.000 BEV, Mercedes mehr als 100.000 NEV. Aus den nackten Zahlen wird schnell klar: Zwischen Wollen und Erreichtem liegen Welten.

Großdimensionierte Werbeaktionen während einer Fußball-Europameisterschaft und langfristige Expansionspläne wie Fabrikneubauten in Ungarn genügen nicht, wenn die Kundschaft die Werbebotschaften nicht in Käufe umsetzt. Alles ist unsicher. Sicher ist nur: Will BYD im Jahr 2030 Europameister bei Batterie-Elektroautos sein, muss der Markt diese Autos auch wollen. Danach sieht es aktuell nicht aus.

Quelle: ntv.de


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