Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben mit Luftangriffen den Vormarsch ukrainischer Truppen im Gebiet von Kursk vorerst gestoppt. Russische Kriegsblogger berichteten von intensiven Kämpfen entlang der Front in der Region. Nach ukrainischen Angaben brachte Russland Soldaten und schwere Waffen in Stellung und konnte Angriffe abwehren. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte Aufnahmen von Suchoi Su-34-Bombern, die angeblich ukrainische Truppen in dem russischen Grenzgebiet angriffen, und von Infanterie, die ukrainische Positionen stürmte.
"Der unkontrollierte Vorstoß des Feindes wurde bereits gestoppt", sagte Generalmajor Apti Alaudinow, Kommandeur der tschetschenischen Spezialeinheit Achmat. "Der Feind weiß bereits, dass sein geplanter Blitzkrieg nicht funktioniert hat." Belege für diese Behauptung gibt es dagegen nicht. Auch beim durch russische Behörden verwendeten Videomaterial ist Vorsicht geboten. Erst kürzlich widerlegte das Rechercheteam von "The Insider" die Behauptung erfolgreicher russischer Schläge gegen ukrainische Soldaten in Kursk. Es stellte sich heraus, dass das gezeigte Videomaterial alt war und nicht in der Region aufgenommen wurde.
An einem umfangreichen Einsatz der russischen Luftwaffe sind zudem Zweifel angebracht. Kampfjets und Helikopter über der Region Kursk sind erheblichen Risiken ausgesetzt. Die Ukraine soll vor dem Start ihrer Offensive in größerem Stil Flugabwehrgeschütze in der Region Sumy stationiert haben. In der Anfangsphase der Kursk-Offensive schoss sie so auch zwei russische Kampfjets und zwei Helikopter ab. Dabei kamen auch Drohnen zum Einsatz. In den folgenden Tagen war die russische Luftwaffe dann deutlich seltener im Einsatz.
Russen evakuieren weiteren Landkreis
Auch Aussagen des russischen Verteidigungsministeriums legen nicht nahe, dass der ukrainische Vorstoß ernsthaft gestoppt oder gar zurückgeschlagen wurde. Demnach gibt es derzeit intensive Kämpfe Obshchii Kolodez, Kauchuk und Alekseevskii. Die drei Dörfer befinden sich zwischen 27 und 30 Kilometern im Landesinneren. Sie befinden sich nur wenige Kilometer östlich der ebenfalls schwer umkämpften Kleinstadt Korenewo. Die drei Dörfer liegen deutlich außerhalb des Gebietes, das sich unter ukrainischer Kontrolle befindet. Das deutet darauf hin, dass die ukrainischen Truppen weiterhin vorstoßen können.
Zudem bereiten die russischen Behörden die Evakuierung eines weiteren Landkreises vor. "Bis zum heutigen Tag gab es in unserem Landkreis keine Evakuierung. Alle sind von sich aus weggefahren, niemand hat sie daran gehindert. Heute sammeln wir Daten darüber, wer noch evakuiert werden muss", schrieb der Verwaltungschef des Kreises Bolschesoldatski, Wladimir Sajzew, auf Telegram. Da die Region nicht in unmittelbarer Nähe zur ukrainisch-russischen Grenze liegt, sondern weiter landeinwärts, ist davon auszugehen, dass die russischen Behörden nicht von einem schnellen Ende des ukrainischen Vorstoßes ausgehen. Nach Behördenangaben sollen in dem Landkreis vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine rund 11.000 Menschen gelebt haben.
Zum ukrainischen Vorstoß hatte der Gouverneur von Kursk, Alexej Smirnow, am Montag erklärt, die Ukraine kontrolliere 28 Siedlungen in der Region. Der Einfall sei etwa 12 Kilometer tief und 40 Kilometer breit. Nach ukrainischen Angaben wurden 1000 Quadratkilometer russischen Gebiets eingenommen, mehr als das Doppelte der von Smirnow angegebenen Zahlen. Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur AFP kontrollieren die ukrainischen Soldaten mindestens 800 Quadratkilometer in der russischen Region Kursk. Die Angaben basieren auf Informationen des "Institute for the Study of War", das unter anderem russische und ukrainische Informationen sowie Satellitendaten auswertete. Zudem soll es ukrainischen Soldaten gelungen sein, viele russische Soldaten gefangenzunehmen. Das belegen zahlreiche Videos. Ihre Zahl lässt sich nur schätzen. Nach ukrainischen Angaben sollen es 2000 Männer sein.
Quelle: ntv.de, als/rts/dpa
Tags: