Lamborghini Huracán Sterrato - ein Auto für Schotter und Track

  25 Auqust 2024    Gelesen: 459
  Lamborghini Huracán Sterrato - ein Auto für Schotter und Track

Lamborghini hat seinen Extremsportler Huracán höhergelegt und mit einem Trekkinglook versehen. Ergibt das Sinn? Nein. Macht aber Spaß. Außerdem hält der Athlet noch andere Überraschungen bereit.

Porsche hat seinen 911 Dakar als Trekking-Sportwagen, warum soll die sportliche Volkswagen-Konzerntochter Lamborghini dann nicht auch einen höhergelegten Superathleten bekommen? Vielleicht, weil der 911 Dakar eine gewisse Tradition hat (Stichwort Sieg Rallye Paris - Dakar 1984) und der Huracán eben nicht.

Egal, eine schillernde Marke wie Lamborghini braucht keinen Anlass, um ein weiteres Spielzeug für begeisterte Autosammler auf den Markt zu bringen. Also warum nicht den Huracán mit dem klassischen freisaugenden Zehnzylinder einfach mal mit 4,4 Zentimetern mehr Bodenfreiheit und drei Zentimetern mehr Spurbreite ausstatten. Und ein bisschen Zierrat wäre ja auch nicht schlecht, scheinen sich die Designer gedacht zu haben. Beispielsweise die etwas aufgesetzt wirkenden, auf der Fronthaube montierten LED-Zusatzleuchten für schlechte Witterung (oder für den Staub, falls man mal in der Wüste unterwegs sein sollte).

Da aber schon im Pressetext steht, dass das Exterieur des Huracán seinen abenteuerlichen Charakter zum Ausdruck bringt, darf der Italiener geschmacklich über die Stränge schlagen, auch wenn es ein bisschen verrückt aussieht. Mehr martialisch als verrückt wirken hingegen die breiten Schweller mit eigenwilligem Profil und ein massiver Unterfahrschutz, wo sonst der überdimensionierte Diffusor hockt.

Gut, dass die restlichen Fertigkeiten für ein Rallyeauto ohnehin schon in der Huracán-DNA angelegt sind. Beispielsweise der variable Allradantrieb, das mechanische Sperrdifferenzial und Leistung ohne Ende sowieso. Speziell für das Modell entwickelte grobstollige Bridgestone-Dueler (235/40 R19 vorn und 285/40 R19 hinten) sollen die Allroundfähigkeiten des Sterrato stärken, dessen Modellname übersetzt übrigens einfach nur so viel wie "unbefestigte Straße" heißt. Die zum Einsatz kommende Runflat-Technologie ist überdies eine gute Sache: Zerstört man sich die Decke mit einem spitzen Gegenstand auf abwegigem Terrain, kann man zumindest noch auf der Achse zum rettenden Hafen fahren, wo der Ersatzreifen wartet - wenngleich auch mit deutlich verminderter Geschwindigkeit. Der Testwagen musste jedoch mit Pirelli Scorpion vorliebnehmen - funktioniert natürlich auch.

Der V10 im Sterrato klingt untenrum zurückhaltend

Proberunde gefällig? Dann schnell reingehüpft in die 1,5 Tonnen schwere Karosse aus Alu und Kohlefaser. Und schon kurz nachdem man auf den Alcantara-Sportsitzen gelandet ist, merkt man, dass man immer noch in einem Vollblut-Sportwagen sitzt. Also schön mit mühsamem Einstieg und so. Scherentüren hat der Huracán allerdings nicht, diese zusätzliche Show bleibt den einsteigenden Gästen also erspart. Zum Glück oder leider - alles eine Frage der Perspektive.

Startknopf unter der Klappe gedrückt und der Zehnzylinder springt akustisch fast unspektakulär an. Seine 610 PS nebst 560 Newtonmetern Drehmoment überträgt der Lamborghini per siebenstufigem Doppelkupplungsgetriebe. Das klingt nach einfacher Bedienung.

Aber unbedingt schön behutsam mit dem rechten Pedal umgehen, denn selbst im Zeitalter massiv motorisierter Elektroautomodelle ist dieser Offroad-Huracán ein Ausnahme-Beschleunigungstalent. Und da der zumindest bei hoher Drehzahl kehlig schreiende Zehnender nicht aufgeladen ist, gibt es auch kein Turboloch. Das heißt, er zieht quasi linear durch bis kurz vor die 9000er-Marke. Währenddessen schaltet der Siebengänger beflissen, sodass 200 Sachen und mehr im Handumdrehen erreicht werden, während die Besatzung fest an den straff gepolsterten Lehnen klebt.

Mehr Sportler als Offroader

Dabei fühlt sich der Allradler definitiv mehr nach Sportwagen an denn nach Offroader (obwohl es sogar eine Rallye-Einstellung unter den Fahrmodi gibt), was er freilich auch ist - Radhausverbreiterungen aus markantem schwarzen Kunststoff hin oder her. Sterrato also als Tracktool für die Nordschleife? Klar, warum nicht. Er lenkt unfassbar präzise und bremst brachial mit seinen pizzatellergroßen Keramikscheiben.

Nur aus der Idee, mit 300 km/h die Fuchsröhre runterzubraten, wird nichts. Denn Lamborghini gönnt seinem automobilen Schweizer Taschenmesser bloß 260 km/h. Macht nichts, aufregend ist sowieso mehr der Weg dorthin. Und für 200 km/h nimmt sich das Mittelmotor-Biest mit 5,2 Litern Hubraum laut Werk gerade mal 9,8 Sekunden.

Doch noch einen Tick spannender ist ja, ob der Sterrato analog zum 911 Dakar mehr Fahrkomfort bietet als ein konventioneller Huracán. Gute Frage, unter dem Strich wahrscheinlich kaum. Selbst in der komfortabelsten Stufe rollt der mit variablen Dämpfern ausgerüstete Zweitürer eher trocken über Bodenwellen. Wenngleich etwas geschmeidigere Stabis die ganz große Härte verhindern und den Athleten beim Bremsen sogar prägnant eintauchen lassen.

Außerdem ist er ziemlich breit (1,96 Meter ohne Außenspiegel) und nicht sonderlich übersichtlich, was eher gegen den Alltagsgebrauch spricht. Schön ist aber, dass der Sterrato bei moderaten Geschwindigkeiten sowie Tourenzahlen ziemlich leise ist. Jubelst du den mit kombinierter Direkt- und Saugrohreinspritzung versehenen Fünfpunktzwo aber hoch, wird er zur Höllenmaschine. Daran ändert auch die modifizierte Ansaugung nichts, um das Aggregat davor zu schützen, Staub zu inhalieren.

Ob allerdings noch ein frei konfigurierbares Exemplar des auf 1499 Einheiten limitierten Sondermodells zu bekommen ist, müssen Sie beim Händler herausfinden. Auf der offiziellen Website wird der Sterrato jedenfalls noch angeboten. Vorkonfigurierte Fahrzeuge gibt es in den einschlägigen Internetbörsen aber etliche. Kostenpunkt: nicht unter 340.000 Euro. Das sind über 70.000 Euro Aufschlag zum Listengrundtarif. Es hat eben seinen Preis, mit einem Supersportler über die Schotterpiste pesen zu können. Aber eine gute Wertanlage scheint dieser Lamborghini immerhin zu sein.

Quelle: ntv.de


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