Neue Massendemos in Israel für Gaza-Deal

  08 September 2024    Gelesen: 567
 Neue Massendemos in Israel für Gaza-Deal

In Tel Aviv und anderen israelischen Städten gehen erneut Hunderttausende auf die Straße. Sie fordern von Israels Regierung ein Abkommen mit der Hamas zur Freilassung der Geiseln. Die Verhandlungen drehen sich seit Monaten ergebnislos im Kreis. Der Druck auf Regierungschef Netanjahu wächst.

Während Israels Armee im abgeriegelten Gazastreifen weiter gegen die islamistische Hamas vorgeht, kommt es im eigenen Land zu neuen Massendemonstrationen. Bei der Hauptkundgebung in der Hafenmetropole Tel Aviv sowie weiteren Protesten in anderen israelischen Städten forderten die Teilnehmer ein Abkommen mit der Hamas zur Freilassung von rund 100 Geiseln. Die Organisatoren sprachen laut örtlichen Medienberichten von 500.000 Demonstranten allein in Tel Aviv.

"Wir dürfen kein Leben mehr opfern, wir dürfen sie (die verbleibenden Geiseln) nicht opfern", sagte die Verwandte einer von den islamistischen Extremisten erschossenen Geisel Carmel Gat auf der Kundgebung in Tel Aviv. "Ihre Zeit läuft ab."

Terroristen der Hamas hatten die 40-jährige Gat und eine weitere Frau sowie vier Männer in der vergangenen Woche mit Schüssen aus nächster Nähe getötet: Neben Gat brachte die Hamas den 23-jährigen Hersh Goldberg-Polin, die 24-jährige Eden Yerushalmi, den 25-jährigen Ori Danino, den 32-jährigen Alex Lobanov, und den 27-jährigen Almog Sarusi um. Das israelische Militär fand ihre Leichen in einem Tunnel in Gaza, wie es am vergangenen Sonntag bekannt gab.

"Die Sechs wären heute hier unter uns, wenn (Israels Ministerpräsident Benjamin) Netanjahu Ja zu einem Deal gesagt hätte", rief Gats Verwandte mit Trauer und Wut in der Stimme in die Menge. Nach dem Fund der sechs Leichen nahmen Zehntausende Israelis am vergangenen Wochenende an einer Protestkundgebung in Tel Aviv teil. Zahlreiche Demonstranten marschierten mit blau-weißen Nationalflaggen auf zentralen Straßen der Stadt am Mittelmeer.

Fast ein Jahr als Geisel gefangen

Die Hamas und andere islamistische Terrorgruppen hatten am 7. Oktober vergangenen Jahres den Süden Israels überfallen und dabei mehr als 1.200 Menschen getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das beispiellose Massaker war Auslöser des Gaza-Kriegs. Nach israelischer Zählung befinden sich noch 101 Menschen in der Gewalt der Hamas, wobei unklar ist, wie viele von ihnen noch leben. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 40.600 Menschen getötet.

Die indirekten Verhandlungen zu ihrer Freilassung, bei denen die USA, Ägypten und Katar zwischen den Konfliktparteien vermitteln, drehen sich seit Monaten ergebnislos im Kreis. Das angestrebte mehrstufige Abkommen würde auch die Beendigung des Krieges, den Rückzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen und die Entlassung Tausender palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen einschließen.

Verhandlungen sollen weitergehen

Kritiker werfen Israels Regierungschef Netanjahu vor, den Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit überzogenen Forderungen - wie etwa der nach einem dauerhaften Verbleib des israelischen Militärs an strategischen Stellen des Gazastreifens - zu torpedieren.

Netanjahu regiert in einer Koalition mit rechtsextremen Parteien, die jegliche Zugeständnisse an die Hamas ablehnen und ihm mit dem Platzen des Regierungsbündnisses drohen. Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, hat weitere indirekte Verhandlungen angekündigt. "Wir werden diesen detaillierteren Vorschlag vorlegen, in den nächsten paar Tagen, wie ich hoffe, und dann werden wir sehen", sagte Burns auf einer Veranstaltung der Zeitung "Financial Times" in London. Er leitet in der Regel die US-Delegation bei den indirekten Verhandlungen, die meist in Kairo oder in Doha stattfinden.

Hoffnung bleibt

US-Medien hatten bereits kürzlich über einen geplanten letzten Vorschlag für ein Abkommen berichtet. Sollten beide Konfliktparteien auch diesen wieder nicht akzeptieren, könnte es das Ende der Verhandlungen bedeuten, hieß es. Burns' Worten zufolge steht unermesslich viel auf dem Spiel - auch für die Zukunft und Sicherheit der gesamten Nahost-Region.

Die nötigen Fortschritte bei den Verhandlungen seien am Ende "eine Frage des politischen Willens", sagte er. Er hoffe zutiefst, dass die Führungen beider Konfliktparteien die nötigen harten Entscheidungen treffen und politische Kompromisse eingehen werden, sagte Burns.

Wieder Tote im Libanon

Unterdessen gehen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon weiter. In der Nacht heulten im Norden Israels im Grenzort Kirjat Schmona die Sirenen, wie das israelische Militär bekannt gab. Insgesamt seien mehr als 50 Geschosse aus dem Libanon abgefeuert worden. Die Luftabwehr habe die meisten abgefangen. Mindestens zwei Geschosse seien in dem evakuierten Ort Kirjat Schmona eingeschlagen und hätten Schäden verursacht, berichtete die "Times of Israel" unter Berufung auf die Behörden. Es habe keine Verletzten gegeben.

Zuvor waren bei einem israelischen Angriff im Südlibanon nach örtlichen Behördenangaben am frühen Abend mindestens drei Menschen getötet worden. Bei den Opfern handele es sich um Mitarbeiter des Zivilschutzes, wie das Gesundheitsministerium in der libanesischen Hauptstadt Beirut mitteilte. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht dazu. Die Hisbollah reklamierte über den Tag verteilt mehrere Angriffe auf Israel für sich.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen zwischen Israel und der mit der Hisbollah verbündeten Hamas vor elf Monaten kommt es im Grenzgebiet der beiden Länder nahezu täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Schiiten-Miliz. Auf beiden Seiten gab es dabei Tote - die meisten von ihnen waren Mitglieder der Hisbollah. Die Miliz handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas.

Quelle: ntv.de, rwe/dpa


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