Bei heftigem Raketenbeschuss aus dem Libanon hat es nach israelischen Medienberichten Einschläge im Norden Israels gegeben. In Kiriat Bialik nahe der Hafenstadt Haifa seien zwei Häuser getroffen worden, berichtete die Nachrichtenseite ynet. Auch in Haifa selbst gab es Raketenalarm. Nach Angaben von Sanitätern wurden sechs Menschen bei den Angriffen verletzt. Mehrere weitere hätten einen Schock erlitten.
Die Hisbollah-Miliz im Libanon erklärte am Morgen, Dutzende Raketen auf militärische Industriekomplexe des israelischen Rüstungsunternehmens Rafael abgefeuert zu haben. Dies sei Vergeltung für die explodierten Pager und Walkie-Talkies. Zudem teilte die Hisbollah mit, mit Dutzenden Raketen den israelischen Militärstützpunkt Ramat David nahe Haifa und den dortigen Flughafen angegriffen zu haben. Es handle sich um eine Reaktion auf die "wiederholte israelische Aggression in verschiedenen Regionen des Libanon".
Die Miliz und Israels Armee lieferten sich in der Nacht erneut schwere Gefechte. Die proiranische Miliz feuerte Dutzende Raketen auf den Norden Israels ab, die so weit reichten wie noch nie. Südwestlich von Nazareth heulten am Morgen ebenfalls die Warnsirenen.
Israel fliegt weitere Luftangriffe
Auch am frühen Morgen seien etwa 115 Angriffe auf zivile Gebiete im Norden Israels durchgeführt worden, teilte die israelische Armee mit. In einzelnen Gebieten seien Geschosse niedergegangen. Feuerwehren arbeiteten daran, durch herabfallende Trümmerteile verursachte Brände zu löschen.
Die meisten Geschosse seien abgefangen worden, hieß es zuvor vom Militär - auch mehrere Drohnen, die sich vom Irak aus näherten. Israels Luftwaffe hatte davor nach eigenen Angaben etwa 110 Stellungen der Miliz im Südlibanon attackiert, darunter einsatzbereite Raketenabschussrampen und "terroristische Infrastruktur". Seit Samstagnachmittag seien rund 400 Ziele angegriffen worden. Am Sonntagmorgen flog die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben weitere Angriffe gegen die Hisbollah im Libanon.
Angesichts der Eskalation verschärfte die Armee am frühen Morgen die Einschränkungen für Bewohner im Norden Israels. Unter anderem auf den Golanhöhen und in der Küstenstadt Haifa darf kein Unterricht stattfinden. Arbeitsplätze dürfen nur aufgesucht werden, wenn sich ein Schutzraum in der Nähe befindet, wie die "Times of Israel" meldete. Versammlungen im Freien seien auf maximal 10 Personen, in Innenräumen auf 100 Teilnehmer beschränkt.
USA rufen zur Ausreise auf
Die USA rufen angesichts der Eskalation ihre Staatsbürger zum Verlassen des Libanons auf. Aufgrund der unvorhersehbaren Entwicklung "und der jüngsten Explosionen im gesamten Libanon" einschließlich der Hauptstadt Beirut rate die US-Botschaft ihren Landsleuten "dringend, den Libanon zu verlassen, solange noch kommerzielle Optionen verfügbar sind", teilte das US-Außenministerium mit. Noch gebe es Flüge, aber mit reduzierter Kapazität.
Die Sorge, dass sich der Konflikt zum Flächenbrand entwickelt, wächst. Die etwa 400 im Libanon getroffenen Raketenwerfer der Hisbollah hätten Tausende Raketenabschussrohre umfasst, hieß es von Israels Militär.
Am Freitag hatte Israels Armee einen Angriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut ausgeführt und dabei nach eigenen Angaben 16 Hisbollah-Mitglieder getötet, darunter der ranghohe Hisbollah-Militärkommandeur Ibrahim Akil, dem der Angriff nach Angaben des israelischen Militärs gegolten hatte. Auch mehrere andere ranghohe Hisbollah-Kommandeure wurden dabei getötet. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums kamen bei dem Angriff insgesamt mindestens 37 Menschen ums Leben, darunter auch drei Kinder.
USA wollen Hisbollah und Hamas entkoppeln
Die US-Regierung sei nach Aussagen von Beamten "äußerst besorgt" über das Risiko eines umfassenden Krieges zwischen Israel und dem Libanon, berichtete das Nachrichtenportal Axios. Washington hoffe aber, den zunehmenden militärischen Druck Israels auf die Hisbollah nutzen zu können, um eine diplomatische Einigung zu erzielen, damit Zivilisten auf beiden Seiten der israelisch-libanesischen Grenze in ihre Häuser zurückkehren können.
Mit diplomatischem und zunehmendem militärischem Druck möchte Israel erreichen, dass die Hisbollah sich aus dem Grenzgebiet zurückzieht, so wie es eine UN-Resolution vorschreibt. Sobald die grenznahe Region wieder sicher ist, sollen 60.000 geflüchtete Israelis in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren. Die proiranische Schiiten-Miliz will ihre Angriffe auf Israel jedoch erst einstellen, wenn es zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der mit ihr verbündeten islamistischen Hamas im Gazastreifen kommt. Israel und die USA suchten nach Möglichkeiten, die Hisbollah-Miliz von der Hamas abzukoppeln, berichtete "Axios" weiter.
Die Bemühungen um eine Waffenruhe in Gaza und die Freilassung der dort weiter festgehaltenen Geiseln in der Gewalt der Hamas drehen sich seit Wochen im Kreis. In Israel gingen am Abend nach örtlichen Medienberichten erneut Zehntausende Menschen auf die Straße, um eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln zu fordern.
Quelle: ntv.de, chl/dpa/rts/AFP
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