Mehr als anderthalb Jahre nach dem verheerenden Erdbeben im Süden der Türkei ist ein Bauunternehmer zu 865 Jahren Haft verurteilt worden. Das entspricht 62 Mal lebenslang. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, ist der Mann laut Gericht verantwortlich für Baumängel an einem Gebäude in Adana, durch dessen Einsturz am 6. Februar des Vorjahres 96 Menschen ums Leben gekommen waren.
Der Angeklagte Hasan Alpargün wurde laut Anadolu schuldig gesprochen, "mit mutmaßlichem Vorsatz den Tod oder die Verletzung von mehr als einer Person verursacht zu haben". Er soll Bauvorschriften in dem erdbebengefährdeten Gebiet nicht eingehalten haben. Der Unternehmer hatte sich am Tag des Erdbebens zunächst nach Nordzypern abgesetzt, stellte sich aber eine Woche später der Polizei. Weitere 34 Angeklagte seien zu jeweils 25 Jahren Haft verurteilt worden, berichtete Anadolu unter Berufung auf den Anwalt der Opferfamilien.
Unternehmer verweist auf Genehmigung
Experten hatten im Laufe des Prozesses auf erhebliche Baumängel verwiesen, unter anderem bei stützenden Säulen und in der Betonmischung. Alpargün hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und betont, dass der Bau behördlich genehmigt worden war.
Nur einer der Bewohner des 14-stöckigen, 1975 erbauten Gebäudes überlebte den Einsturz. Dieser hatte erhebliche Fragen aufgeworfen, da die Stadt Adana mindestens 200 Kilometer vom Epizentrum des Erdbebens entfernt liegt und von schweren Erschütterungen verschont blieb.
Bei dem verheerenden Erdbeben in der Türkei waren mehr als 53.500 Menschen getötet worden. Im Nachbarland Syrien starben fast 6000 Menschen. Rund 200.000 Gebäude wurden so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten. Die Provinz Hatay und besonders deren Hauptstadt Antakya waren am stärksten betroffen.
Nach dem Erdbeben waren in der Türkei mehr als 260 Menschen festgenommen worden, die am Bau eingestürzter Gebäude beteiligt waren. Einige der Verdächtigen hatten versucht zu fliehen. Seit Anfang des Jahres haben mehrere Prozesse gegen beschuldigte Bauunternehmer begonnen.
Quelle: ntv.de, als/AFP/dpa
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