USA wollen "sichere Zufluchtsorte" des IS in Syrien verhindern

  11 Dezember 2024    Gelesen: 123
  USA wollen "sichere Zufluchtsorte" des IS in Syrien verhindern

Der Islamische Staat sorgt jahrelang für eine Herrschaft des Terrors in Regionen von Syrien und des Irak. Eine Allianz aus kurdischen Kräften und den USA besiegt die "Kalifats"-Kämpfer schließlich 2019. Doch Teile der Gruppe existieren noch immer - und stellen eine Gefahr dar.

Das "Kalifat" ist seit 2019 Geschichte. Bis heute halten sich aber Tausende Anhänger der radikalislamischen Gruppe Islamischer Staat in entlegenen Wüstengebieten versteckt. Die derzeit sehr unübersichtliche Lage in Syrien weckt nun die Sorge, dass auch der IS, der einige Jahre große Teile des Landes kontrolliert hatte, wieder an Einfluss gewinnen könnte. Am Sonntag griffen die USA mehrere Standorte der Extremisten an, um dies zu verhindern.

Insgesamt seien etwa 75 Ziele in der syrischen Wüste getroffen worden, sagte am Montag die Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh. Der IS werde versuchen, "diese Zeit zu nutzen, um die eigenen Fähigkeiten wiederherzustellen und sichere Zufluchtsorte zu schaffen", warnte US-Außenminister Antony Blinken ebenfalls am Montag. "Wie unsere Präzisionsangriffe am Wochenende gezeigt haben, sind wir entschlossen, dies nicht geschehen zu lassen."

Eine Aufstockung der amerikanischen Truppen in Syrien ist laut Angaben von Vertretern der US-Regierung bisher nicht geplant. Aktuell liege der Fokus darauf, die Sicherheit der bereits im Land befindlichen Soldaten zu gewährleisten. Seit Beginn des Einsatzes gegen den IS vor zehn Jahren sind die US-Streitkräfte vor Ort, aktuell mit etwa 900 Militärangehörigen. Hinzu kommt eine nicht bekannte Zahl von Mitarbeitern von privaten Sicherheitsunternehmen.

Meiste Stützpunkte im Norden und Osten

Die meisten Stützpunkte liegen im Norden und Osten. Ein Teil der Truppen ist aber auch im weiter südlichen Al-Tanf, nahe der Grenzen zum Irak und zu Jordanien, stationiert. Regelmäßig werden darüber hinaus Sondereinsatzkräfte der USA ins Land gebracht. Diese sind nicht Teil der offiziellen Zählung. In der Regel handelt es sich dabei aber nur um kleinere Teams, die nach einiger Zeit dann auch wieder ausreisen.

Im Jahr 2014 hatten IS-Kämpfer im Irak und in Syrien innerhalb von kurzer Zeit große Gebiete erobert und dort ein "Kalifat" errichtet. Mithilfe einer internationalen Koalition unter Führung der USA konnte der IS im Irak 2017 besiegt werden. In Syrien arbeiteten die USA auch mit der von kurdischen Kräften dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) zusammen. Nach schweren Kämpfen wurde die IS-Herrschaft in den syrischen Gebieten 2019 beendet.

Noch immer sind im Osten Syriens aber einige Anhänger der radikalislamischen Miliz aktiv. Ein potenzielles Risiko sind zudem die bis zu 10.000 IS-Mitglieder in syrischen Gefangenenlagern, die von der SDF betrieben werden. Zehntausende Angehörige der ehemaligen Kämpfer leben in großen Flüchtlingslagern in der Region. Seit etwa einem Jahr kommt es verstärkt wieder zu Angriffen des IS auf Stützpunkte der USA sowie kurdischer Truppen in Syrien.

USA griffen 75 Ziele an

Nach dem Sturz von Präsident Baschar Assad bleibt abzuwarten, wie sich die Machtverhältnisse in Syrien entwickeln. Assads langjähriger Verbündeter Russland hat im Nordwesten des Landes einen Marine-Stützpunkt. Der Iran, der im syrischen Bürgerkrieg der zweite wichtige Unterstützer des autokratischen Herrschers gewesen war, hatte lange eine signifikante militärische Präsenz im Land, auch um über Syrien Waffen zur Hisbollah im Libanon transportieren zu können.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen gab es immer wieder Angriffe auf US-Stützpunkte in Syrien und im Irak. Diese gingen sowohl von IS-Kämpfern als auch von Milizen mit Verbindungen zum Iran aus. Als Reaktion haben die USA Gegenangriffe gegen all diese Gruppen ausgeführt.

Bei der Operation am Sonntag wurden laut US-Angaben etwa 75 IS-Ziele an etwa fünf Standorten ins Visier genommen, mit Langstreckenbombern vom Typ B-52 sowie mit Kampfjets der Modelle A-10 und F-15. "Sendet das eine Botschaft? Ich denke, dass es definitiv eine Botschaft sendet, dass wir B-52-, A-10- und F-15-Maschinen einsetzen", sagte Singh, ohne weitere Details zu nennen.

"Vorbote von zunehmender Instabilität"

Washington beteuert, dass sich die eigenen Streitkräfte nicht in den Kampf um die Macht in Syrien einmischen würden. Das erklärte Ziel ist lediglich die Bekämpfung von extremistischen Gruppen. "Ich denke, es ist ein Vorbote von zunehmender Instabilität und dem Potenzial für mehr politische Gewalt", sagte in der vergangenen Woche, vor dem Fall von Damaskus, Chris Costa, der während der ersten Amtszeit von Donald Trump in führender Rolle für Terrorbekämpfung zuständig war.

Alex Younger, der von 2014 bis 2020 den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 leitete, sieht vor allem die "sehr große Zahl" von ehemaligen IS-Kämpfern, die seit der Zerstörung des "Kalifats" gefangen gehalten werden, als ein Problem. Diese würden "derzeit von kurdischen Gruppen im Osten kontrolliert", sagte er dem Sender BBC. Sollten diese nicht mehr in der Lage sein, "diesen Job" zu übernehmen, dann sei mit einem ernsthaften Anstieg der Bedrohung Europas durch den IS zu rechnen.

Eine Herausforderung für die USA ist derzeit, dass in Syrien direkte Ansprechpartner fehlen. Die Rebellenmiliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die Assad ins russische Exil getrieben hat, war früher Teil des internationalen Terrornetzwerks Al-Kaida. Auch wenn sie sich von Al-Kaida losgesagt hat, wird vonseiten der US-Regierung betont, dass abzuwarten bleibe, wie sich die Gruppe im weiteren Verlauf der Entwicklung verhalten werde.

Und John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, betonte am Montag im Gespräch mit dem Sender CNN, dass die HTS bei dem aktuellen Aufstand zwar eine führende Rolle gespielt habe, aber keineswegs die einzige beteiligte Oppositionsgruppe gewesen sei. "Wir werden alle verfügbaren Verfahren, auch bei den UN, nutzen, um zu gewährleisten, dass es eine geeignete Kommunikation mit diesen Oppositionsgruppen gibt und dass wir alle zusammenarbeiten", sagte er.

Quelle: ntv.de, Lolita C. Baldor, AP


Tags:


Newsticker