Gut, richtig ausgiebige Fahrten waren das jetzt nicht mit dem nur noch leicht getarnten Mercedes CLA. Und ohnehin wird ja schon bald das Serienmodell vorgestellt. Aber dennoch ist es spannend, ein bisschen Zeit mit den Entwicklern zu verbringen im CLA auf dem Weg hoch zum Timmelsjoch auf 2500 Metern Höhe.
Dass der mit Allradantrieb ausgerüstete Viertürer keine besondere Mühe hat, den anderen 4x4-Kandidaten zu folgen, die Mercedes ebenfalls auf die Strecke geschickt hat (C- und E-Klasse aus dem Hause AMG sowie die G-Klasse), war zu erwarten. Die Kehren mit leichtem Heckdrift zu absolvieren, lassen sich die Ingenieure nicht nehmen. Drehmoment ist ja reichlich vorhanden. Die Mundwinkel sämtlicher Passagiere zeigen nach oben.
Bloß die Hoffnung, etwas über das Innenraumdesign des Neulings zu erfahren, zerschellt an den schwarzen Lappen, die alles im Auto abdecken, was über Formen oder Materialien Aufschluss geben könnte. Nur das Tachoelement (Displayfläche) ist sichtbar - wirkt aber jetzt nicht großartig anders als das Layout der aktuellen Tachogeneration. Schade, dass der Akkuladestand nicht zu sehen ist, denn so lässt der Reichweitenwert keinen Rückschluss auf die Batterieperformance zu. Dafür erfährt man eine andere wichtige Neuerung: Die Schalter für die Sitzverstellung liefern endlich wieder eine haptische Rückmeldung! Hoffentlich macht das modellübergreifend Schule.
Zurück zur Akkuperformance. Völlig schlecht wird die schon nicht sein angesichts 85 kWh Netto-Kapazität. Und bei Bedarf kommt der Stromspeicher dank 320 kW Peakladeleistung schnell wieder zu Kräften. Von 300 Kilometern binnen zehn Minuten sprechen die Mercedes-Techniker; ob das für die Basisbatterie mit 58 kWh Speicherkapazität ebenfalls gilt, bleibt abzuwarten. Aber es ist ja schließlich auch nicht jeder Kunde auf derart schnelles Laden angewiesen. Schnell ist der künftige CLA übrigens auch selbst, die zivilen Varianten werden bis zu 210 Sachen rennen.
Aus den vorhandenen Komponenten basteln Produktmanagement und Techniker diverse Varianten - hinten stehen 272 PS zur Verfügung, vorn 109 PS. Inhouse entwickelte Motoren und bei Accumotive in Kamenz gefertigte Batterien sprechen für eine gewisse Leidenschaft, ein gutes Produkt zu entwickeln. Aus den Leistungswerten lässt sich allerdings ablesen, dass der Premiumstromer für Elektroverhältnisse gar nicht mal ausufernd stark wird. In der Tat steht eher Effizienz im Raum.
Der CLA soll Effizienzkracher werden
So sprechen die Ingenieure von 12 kWh Verbrauch, was in der Tat ambitioniert wäre. Möglich machen sollen das nicht zuletzt eine ausgefeilte Aerodynamik sowie das automatische Zweiganggetriebe. Wobei das mit dem Luftwiderstand immer so eine Sache ist. Die lediglich bei entsprechender Räderwahl erzielten cw-Fabelwerte werden häufig durch die Realität zerstört, und zwar durch Kundenbestellungen. Viele Interessenten wollen eben nicht auf ihre optisch ansprechenden 20 oder 21 Zoll große Räder verzichten - und die bieten dem Wind eben mehr Angriffsfläche.
So bleibt spannend, ob die im Raum stehenden 750 Kilometer am Ende realistisch sein werden. Aber die technischen Grundlagen sind immerhin geschaffen. Und beim CLA hat Mercedes viel Erfahrung aus den Erprobungen mit dem Versuchsträger Vision EQXX eingebracht - gerade bezüglich Effizienz und Zellchemie (was Einfluss auf Haltbarkeit und Ladeperformance hat). Und wem Effizienz nicht so wichtig ist? Der bekommt eine AMG-Powervariante.
Und wenn man rein elektrische Antriebe partout nicht mag? Die sogenannte Mercedes-Modular-Architektur (MMA) beherrscht auch hybridisierte Verbrenner-Antriebe. Ein neuer Ottomotor für diesen Strang steht quasi schon in den Startlöchern. Dabei greift Mercedes auf die Ressourcen von Kooperationspartner Geely zurück. Die Entwicklungshoheit des nach dem Miller-Cycle-Prinzip arbeitenden Vierzylinder-Benzindirekteinspritzers (M252) liegt bei Mercedes, gefertigt wird jedoch in China. Die Leistungsbandbreite rangiert zwischen 120 und 190 PS plus 27 elektrische Zusatzpferdchen sowie 85 Newtonmeter Drehmoment (48 Volt Bordnetz und mehr als eine Kilowattstunde Stromspeicher). Ob Mercedes von Beginn an oder erst nach einer gewissen Weile auf den Ansatz des Multiantriebsbaukastens gekommen ist und demnach von "electric only" auf electric first" wechselte, bleibt rätselhaft.
Fakt ist, dass die Verbrenner erst ein weiteres Jahr nach Erscheinen der Stromer kommen. Und mit denen startet Mercedes bereits Mitte kommenden Jahres. Was gibt es sonst noch zu wissen? Dass sich die Abmessungen kaum ändern werden. Was bedeutet, dass der Kompakte eigentlich gar keiner ist angesichts von 4,80 Metern Außenlänge. Und Mercedes ändert den Makel der Frontantriebsbasis zumindest beim Stromer. Schließlich sitzt das 272 PS starke Hauptelektroaggregat an der Hinterachse. Somit wird der künftige Einsteiger-Benz ein markenwürdiger Hecktriebler.
Zur maximalen Effizienz gehört auch eine Rekuperationsleistung von bis zu 200 kW - die Reibbremse ist dann nur noch in Extremfällen nötig. Übrigens soll eine ganze "kompakte" Modellfamilie entstehen inklusive Kombi und SUV. Bloß das Kurzheck (A-Klasse) soll Geschichte sein. Günstig wird der Mercedes-Einsteiger wohl nicht, auch wenn die Grundvarianten mit weniger kostspieligen Lithium-Eisenphosphat-Batterien versorgt werden. Was etwas verwirrend ist: Nach aktuellem Informationsstand enden die künftigen Verbrenner dort, wo die Stromer leistungsmäßig in etwa starten. Das klingt jedenfalls nicht nach einem günstigen preislichen Elektro-Einstieg. Gerüchten zufolge liegt der bei ungefähr 55.000 Euro. Genaueres werden wohl die nächsten Monate zeigen.
Quelle: ntv.de
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