"Trumps Rhetorik ähnelt auf unangenehme Weise der des russischen Präsidenten Wladimir Putin", schreibt die norwegische Zeitung "Aftenposten" nach der denkwürdigen Pressekonferenz des designierten US-Präsidenten in seinem Anwesen Mar-a-Lago. Und ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vergleich nicht. In aller Offenheit erwägt Trump Militärinterventionen und die Einverleibung souveräner Staaten und Gebiete. Was bezweckt er damit? Und wie realistisch ist das?
Grönland: "eine absolute Notwendigkeit"
Die Idee, das US-Territorium auf Grönland auszuweiten, hatte Trump schon während seiner ersten Amtszeit. Die mit fast 2,2 Millionen Quadratkilometer größte Insel der Welt gehört zwar zu Dänemark, ist aber politisch weitgehend autonom und mit rund 57.000 Einwohnern nur spärlich besiedelt. Trumps Kaufabsicht war einst von den grönländischen und den dänischen Behörden zurückgewiesen worden, zufrieden gibt sich Trump damit nicht. Die US-Kontrolle über Grönland sei "eine absolute Notwendigkeit", sagte er vor rund zwei Wochen. Um sein Vorhaben zu erreichen, könne er wirtschaftlichen oder militärischen Zwang nicht ausschließen, schiebt er nun nach.
Von Bedeutung für die USA ist Grönland wegen seiner geografischen Lage. Die viel befahrene Schifffahrtsstraße Nordwestpassage verläuft entlang der Küste. Zudem ist die Insel Teil der GIUK-Lücke (Grönland-Island-Vereinigtes Königreich), ein militärisch wichtiger Engpass, dessen Kontrolle einen Zugang zum Atlantik sichert. Den, so die Sorge, auch Russland für einen möglichen Angriff auf die USA nutzen könnte. Die Amerikaner unterhalten schon jetzt einen Luftwaffenstützpunkt im Westen der Insel, der derzeit umfassend modernisiert wird.
Ausschlaggebender sind für Trump aber wohl die Rohstoffvorkommen Grönlands. Unter dem Eis liegen erhebliche Mengen Öl, Gas und Seltene Erden. Letztere werden etwa für die Produktion von Elektroautos und Windkraftanlagen sowie für militärische Ausrüstung verwendet. Die globale Produktion wird durch China dominiert - und Peking hat bereits durchscheinen lassen, den Export während Trumps zweiter Amtszeit einzuschränken.
"Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass Trump und seine Berater sehr besorgt über den Würgegriff sind, den China offenbar hat", sagte Klaus Dodds von der Universität London dem US-Sender CNN. "Ich denke, bei Grönland geht es wirklich darum, China fernzuhalten." Peking investierte zuletzt Milliarden in Grönland, insbesondere in den Bergbau. Trump pokere außerdem auf den Klimawandel, so Dodds. Denn die Eisschmelze könnte neue Gebiete zum Abbau der Rohstoffe freigeben.
Sollte Dänemark nicht verkaufen, droht Trump mit "sehr hohen Zöllen". Dennoch sprechen sich die Regierungen in Kopenhagen und Nuuk erneut entschieden gegen einen Kauf Grönlands durch die USA aus. Auch der französische Außenminister Jean-Noel Barrot kündigte nach Trumps Pressekonferenz an, dass die Europäische Union es nicht zulassen werde, dass andere Nationen ihre souveränen Grenzen angreifen, "wer auch immer sie sind".
Allerdings fallen Trumps Äußerungen in eine Zeit, in der die grönländische Regierung immer wieder Unabhängigkeitsbestrebungen geltend macht. Experte Dodds hält es darum nicht für ausgeschlossen, dass Grönland sich den USA annähern könnte, um sich von Dänemark loszulösen.
Streit um den Panama-Kanal
In den vergangenen Wochen brachte Trump zudem immer wieder eine Übernahme des Panama-Kanals ins Spiel - auch das notfalls mit militärischem Zwang. Der designierte US-Präsident sieht sich zum einen historisch im Recht: Die äußerst wichtige Handelsroute war Anfang des 20. Jahrhunderts von den USA gebaut und lange kontrolliert worden, bis die Verwaltung ab den 1970er-Jahren schrittweise an Panama ging. Ferner bezeichnete er die Durchfahrtsgebühren als "höchst ungerecht" - dabei gelten die von Panama erhobenen Gebühren als marktüblich.
In Panama weckt Trump damit Erinnerungen an das Jahr 1989. Damals führten die USA eine Militäroperation in dem mittelamerikanischen Land durch, um den Machthaber Manuel Noriega zu stürzen. Panamas Präsident José Raúl Mulino wies die Drohungen Trumps scharf zurück. "Jeder Quadratmeter des Panama-Kanals und des umliegenden Gebiets gehört zu Panama und wird es auch weiter tun", erklärte er.
Fakt ist: Sollten die USA in Panama militärisch intervenieren, hätte das kleine Land, das über keine eigene Armee verfügt, keine Chance. Experten halten das jedoch für unwahrscheinlich. Womöglich zielen Trumps Drohgebärden darauf ab, einen Preisnachlass für US-amerikanische Schiffe, die die Passage durchfahren, herauszuschlagen. "Ich kann mir vorstellen, dass sich der designierte Präsident mit einem US-Rabatt beim Kanal zufriedengeben und den Sieg verkünden würde", sagte Benjamin Gedan vom Lateinamerika-Programm des Wilson Centers der "New York Times".
Ein zweites Motiv könnte die Sorge der USA sein, dass China vermehrt Einfluss auf den Panama-Kanal ausübt - und Trumps Aussagen somit eine Warnung an Panama. Laut der "New York Times" ist Trump verärgert darüber, dass die Häfen an den Enden des Kanals von Unternehmen aus Hongkong kontrolliert werden. Panamas Präsident Mulino betonte indes: "Es gibt absolut keine chinesische Einmischung oder Beteiligung in Bezug auf den Panama-Kanal."
Kanada - ein US-Bundesstaat?
Neuerdings fabuliert Trump auch über eine Eingliederung Kanadas als 51. Bundesstaat der USA. Das klang zunächst nach einer Stichelei gegen den am Montag zurückgetretenen kanadischen Premier Justin Trudeau, den Trump nie leiden konnte. Auf der Pressekonferenz wiederholte Trump nun sein Vorhaben. Das Mittel seiner Wahl sei in diesem Fall allerdings keine militärische, sondern wirtschaftliche Gewalt. Im November hatte Trump bereits angekündigt, kanadische Importe mit einem Zollsatz von 25 Prozent zu belegen. Überdies behauptet er, dass die Kanadier auf Kosten des US-Verteidigungsschirms leben würden.
Die Einverleibungspläne sorgten für massive Gegenrede aus Kanada. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Kanada Teil der Vereinigten Staaten wird, ist kleiner als die eines Schneeballs in der Hölle", sagte Trudeau, der bereits seinen Rückzug von allen Ämtern angekündigt hat. Allerdings aus innenpolitischen Gründen. Doch die Botschaft kommt an: Trump macht Druck auf Ottawa. Bei der Durchsetzung amerikanischer Interessen unterscheidet er kaum noch zwischen Freund und Feind, sein einziger Richtwert ist "America First".
Golf von Mexiko - bald "Golf von Amerika"?
In Mar-a-Lago kündigte Trump an, den Golf von Mexiko in "Golf von Amerika" umbenennen zu wollen. Dieses Vorhaben scheint mit seinen generellen Beschwerden über Mexiko verknüpft zu sein. Das südliche Nachbarland verbindet er vor allem mit Einwanderung und Drogenhandel. Trump kündigte bereits hohe Zölle für den Fall an, dass weiterhin Migranten über die Grenze "strömen". Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene sagte, sie habe ihre Mitarbeiter angewiesen, ein Gesetzesvorhaben zur Umbenennung auszuarbeiten.
Die Erfolgschancen eines solchen Gesetzes sind nicht sehr hoch, aber auch nicht ausgeschlossen. Eine Umbenennung würde jedoch diplomatische Verhandlungen mit den Anrainerstaaten Kuba und Mexiko voraussetzen. Sollten die USA die Namensänderung selbstständig vornehmen, müssten sich andere Länder nicht daran halten.
Quelle: ntv.de
Tags: