Die Genauigkeit der nordkoreanischen Raketen, die Russland für seine Invasion in der Ukraine nutzt, hat offenbar deutlich zugenommen. Das bestätigen hochrangige ukrainische und amerikanische Quellen Reuters. Demnach heißt es aus dem Militär, dass die gut 20 seit dem Jahreswechsel abgefeuerten Raketen nordkoreanischen Ursprungs ihren Zielen spürbar näher gekommen seien, als dies zuvor der Fall war. Sie kämen gegenwärtig bis auf 50 bis 100 Meter an die beabsichtigten Ziele heran, heißt es. Ein hochrangiger US-Beamter soll dies auf Anfrage von Reuters bestätigt haben.
Yang Uk, ein Waffenexperte am Asan Institute for Policy Studies in Seoul, sagte, dass solche Verbesserungen der nordkoreanischen Raketenfähigkeiten beunruhigend seien. Das Potenzial des Landes, Südkorea, Japan oder die USA zu bedrohen, nehme zu. Zudem könnte das Land verbesserte Waffen an Staaten oder bewaffnete Gruppen verkaufen. "Das kann große Auswirkungen auf die Stabilität in der Region und in der Welt haben", so Yang Uk.
Erste Tests im Kampfeinsatz
Nordkoreas Militärprogramme sollen sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt haben. Dazu gehören Kurz- und Mittelstreckenraketen, die nach Angaben Pjöngjangs mit Atomsprengköpfen bestückt werden können. Ein Problem für Nordkorea war bisher, dass die Waffen nicht im Kampfeinsatz getestet werden konnten. Die Möglichkeit ergab sich durch die Unterstützung Russlands bei seiner Invasion in der Ukraine.
Bisher sollen zwar nur wenige nordkoreanische Raketen zum Einsatz gekommen sein. Allerdings sollen sie ihre Ziele zu Beginn zwischen einem und bis zu drei Kilometern verfehlt haben, hieß es weiter. Im Februar 2024 hatte daher der oberste Staatsanwalt der Ukraine Zweifel an der Zuverlässigkeit der wenig bekannten nordkoreanischen Waffen geäußert. Damals erklärte er, dass nur 2 von 24 Raketen, die bis dahin abgefeuert worden waren, "relativ genau" gewesen seien. Ihre Präzision aber habe sich seit Ende des Jahres deutlich verbessert - und das plötzlich, wie eine Quelle gegenüber Reuters bestätigt.
Waffenexperte Yang Uk kann über die Gründe nur spekulieren. Klar ist, dass die Hersteller Rückmeldungen vom russischen Militär zum Einsatz der Raketen erhalten haben werden. Die werden sie in die Konstruktion haben einfließen lassen. Was genau sie an den Geschossen verändert haben, lässt sich aber nicht so leicht klären. Einer Quelle aus dem Militär zufolge seien bei der forensischen Analyse keinerlei Änderungen an der Konstruktion festgestellt worden, heißt es. So wäre es möglich, dass die Raketen mit besseren Navigationssystemen oder einem verbesserten Lenkmechanismus ausgestattet wurden.
Möglich sei auch, dass die Zielinformationen für die Besatzungen mittlerweile genauer sind, so Yang Uk. Zudem könnte Russland verbesserte Komponenten für Leitsysteme bereitgestellt haben. Auch Erfahrungen und Daten aus dem bisherigen Einsatz könnten ihren Niederschlag gefunden haben.
Pjöngjangs Raketen fliegen deutlich weiter
Dem Reuters-Bericht zufolge machen die nordkoreanischen Raketen nur einen kleinen Teil des russischen Arsenals aus. Allerdings stechen ihre Traglast und ihre Reichweite die russischen Geschosse teils aus. So sollen einige Typen Sprengköpfe von bis zu einer Tonne Gewicht tragen können. Die Reichweite einiger Raketen aus Pjöngjang liegt zudem bei 800 Kilometern. Russische Iskander-M-Raketen kommen dagegen auf 500 Kilometer.
Russland und Nordkorea dementieren zwar weiterhin die Lieferung von Raketen des Regimes in Pjöngjang an den Kreml. Allerdings unterzeichneten beide Länder im Vorjahr eine strategische Partnerschaft. Der nationale Sicherheitsberater Südkoreas, Shin Won-sik, erklärte im November, Russland habe Nordkorea im Gegenzug für Truppen und Waffenlieferungen mit Flugabwehrraketen und Luftabwehrgeräten versorgt. Nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes könnte Moskau Nordkorea auch mit Raketenteilen und finanzieller Unterstützung sowie mit Raumfahrttechnologie helfen.
Quelle: ntv.de, als
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