Verbündete bangen vor der Rede von US-Vize Vance

  14 Februar 2025    Gelesen: 481
  Verbündete bangen vor der Rede von US-Vize Vance

Die europäischen Nato-Staaten fühlen sich seit Trumps Telefonat mit Putin überrumpelt. Mit Spannung und Bange erwartet man nun die Rede von US-Vize Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Sie dürfte die Verbündeten unsanft aus der Komfortzone holen.

Es ist der mit Abstand wichtigste Auftritt bei dieser Münchner Sicherheitskonferenz: Es sind nur 30 Minuten, die der Stellvertreter von US-Präsident Donald Trump heute Nachmittag um 14.30 Uhr auf der Hauptbühne im Hotel Bayerischer Hof stehen wird. Aber die werden es in sich haben.

Vizepräsident J.D. Vance ist nach München gekommen, um den europäischen Bündnispartnern den außen- und sicherheitspolitischen Kurs der neuen US-Regierung zu erläutern. Er dürfte einige bittere Wahrheiten parat haben. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte bereits angekündigt, dass er eine "konfrontative Rede" erwarte. Die europäischen Nato-Staaten bräuchten jetzt ein eigenes Konzept. Wenn das nicht entwickelt worden sei, werde man einen Sprung ins kalte Wasser machen müssen, der wehtun werde, sagte Merz im ZDF.

Ukraine-Krieg: "Schmutziger Deal" mit Putin?

Trump hatte die Stimmung zwischen den USA und Europa schon vor der Konferenz auf einen Tiefpunkt befördert. Erst brüskierte er die EU mit der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Dann brachte er einen Teil seiner Verbündeten mit seinem aufsehenerregenden Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin und einem unabgestimmten Verhandlungsangebot auf die Barrikaden. "Schmutziger Deal" nannte es die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor einem "Diktatfrieden".

Das dürfte Vance wohl kaum dazu bewegen, in irgendeiner Weise einzulenken. Die Frage ist aber, ob er die bereits bekannten US-Vorstellungen von einer Friedenslösung weiter ausformuliert und inwieweit er die Europäer in die Pflicht nimmt - zum Beispiel bei der Sicherung eines Waffenstillstands mit einer Friedenstruppe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird in der Nacht - wenige Stunden nach der Ankunft von Vance - in München erwartet. Die beiden haben sich für den heutigen Freitag zu einem Gespräch verabredet.

Trumps rätselhafte Ankündigung: Kommt Russland nach München?
Es könnte aber auch noch zu einer richtig dicken Überraschung kommen. Es werde in München ein Treffen mit "hochrangigen Vertretern aus Russland, der Ukraine und den Vereinigten Staaten" geben, kündigte Trump in Washington an, ohne Details zu nennen. Bisher ist Russland aber gar nicht zur Sicherheitskonferenz (MSC) eingeladen. Die Ankündigung Trumps bleibt damit erst mal ein Rätsel. Von der MSC gab es dazu zunächst keine Stellungnahme.

Der US-Sonderbeauftragte Keith Kellogg betonte am Abend die Notwendigkeit direkter Gespräche zwischen Russland und der Ukraine. Putin müsse auch mit Selenskyj sprechen, sagte Kellogg in den ARD-"Tagesthemen". Zwar habe Putin gesagt, Selenskyj sei kein legitimer Präsident, also werde er nicht mit ihm sprechen. "Aber das funktioniert nicht. Sie müssen. Und beide Seiten müssen etwas aufgeben." Kellogg widersprach damit auch dem Eindruck, Trump wolle nur mit Putin verhandeln. "Uns ist klar, dass die drei Seiten miteinander sprechen müssen, besonders die zwei Protagonisten, die Russen und die Ukrainer, die müssen sich hinsetzen und reden."

Es gibt neben dem Ukraine-Krieg noch eine ganze Reihe weiterer Themen, bei denen die Europäer während der Rede von Vance zusammenzucken könnten.

Truppenabzug aus Europa: Zehntausende Soldaten weniger?

Spekuliert wird darüber, dass er einen Abzug amerikanischer Truppen aus Europa ankündigen könnte. In Reaktion auf Russlands Vorgehen gegen die Ukraine hatte Trumps Vorgänger-Regierung von Präsident Joe Biden mehr als 20.000 zusätzliche Soldaten über den Atlantik geschickt und damit die Zahl der US-Truppen in Europa auf mehr als 100.000 erhöht.

In der Nato wird damit gerechnet, dass Trump die Zahl relativ schnell auf das Vorkriegsniveau reduzieren lässt - wenn nicht sogar noch deutlich stärker. Als wahrscheinlich gilt zum Beispiel, dass Soldaten der 82. US-Luftlandedivision in ihre Heimat zurückkehren, die zuletzt insbesondere zur Abschreckung und Sicherung der Nato-Ostflanke eingesetzt waren.

Verteidigungsausgaben: Showdown im Juni?

Trump hat zuletzt mehrfach gefordert, dass jeder europäische Alliierte künftig fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollte. Bislang hat er allerdings nicht gesagt, ab wann er Ausgaben in dieser Höhe erwartet. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz könnte es mehr Klarheit geben - auch mit Blick darauf, wann ein neues Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben vereinbart werden soll. Als wahrscheinlich gilt, dass Trump eine Entscheidung spätestens beim Nato-Gipfel im Juni will.

Strafzölle: Was ist mit den deutschen Autos?

Kommen die befürchteten Sonderzölle auf Autoimporte und zahlreiche andere Güter? Oder bleibt es vorerst doch bei den schon angekündigten Extraabgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte? Das ist eine weitere Frage, die die Europäer in diesen Tagen umtreibt.

Bei der Sicherheitskonferenz war die Handelspolitik von Trump bereits in der ersten Amtszeit von Trump ein großes Thema gewesen. 2019 kritisierte die damalige Kanzlerin Angela Merkel in München Planungen der US-Regierung, europäische Fahrzeuge als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA einzustufen und damit die Grundlage für Zölle zu schaffen. Gleichzeitig warb sie letztlich erfolgreich für Verhandlungen, um einen Handelskrieg anzuwenden.

G7: Kommt Putin zurück in eine G8?

2014 wurde Russland nach der Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim aus der Runde der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G8) verbannt - die Gruppe wurde wieder zur G7. Trump spricht sich nun dafür aus, wieder mit Kreml-Chef Wladimir Putin zu tagen. Lässt er seinen Stellvertreter für die Rückkehr zum G8-Format werben?

Vance wird in München auch einige Gesprächspartner von deutscher Seite haben. Unions-Kanzlerkandidat Merz gab als Erster bekannt, dass er sich mit dem Amerikaner trifft. Es wird erwartet, dass es auch ein gemeinsames Gespräch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Außenministerin Annalena Baerbock und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt mit dem US-Vizepräsidenten geben wird. Kanzler Olaf Scholz wird dagegen erst am Samstag in München erwartet - wenn Vance schon abgereist ist.

Am Donnerstagnachmittag hatte Vance mit seiner Frau Usha das ehemalige Konzentrationslager Dachau bei München besucht. Die Gedenkstätte verdeutliche das "unbeschreiblich Böse", das hier begangen worden sei, sagte er nach einem gut einstündigen Rundgang. Dieser Ort zeige, "warum wir uns dafür einsetzen sollten, dass so etwas nie wieder geschieht".

Quelle: ntv.de, mau/dpa


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