Das Mutterschutzgesetz stammt noch von 1952, und es sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen sechs Wochen vor der Geburt eines Kindes nicht mehr arbeiten müssen, es sei denn, sie wünschen es ausdrücklich. Acht Wochen danach dürfen sie nicht beschäftigt werden. Dabei bleibt es im Grundsatz auch nach der Mutterschutzreform. Allerdings gilt das Gesetz jetzt auch für Praktikantinnen, Doktorandinnen oder Diakonissen. Für Frauen, die ein behindertes Kind zur Welt bringen, wird der Mutterschutz nach der Geburt auf zwölf Wochen verlängert. Zudem soll eine Expertenkommission dafür sorgen, dass das Gesetz den veränderten Arbeitsbedingungen weiter angepasst werden kann.
Denn Frauen dringen in immer neue Berufe vor, und statt mit körperlicher Arbeit in Fabriken verdienen viele ihr Geld heute mit dem Kopf. In Laboren wird heute oft mehr am Computer hantiert als mit giftigen Substanzen. Hier hat sich die Gefahrenlage also entschärft. Und auch die Familienplanung ist im Wandel. Während Schwangerschaft und Stillzeit will nicht jede Frau maximal vor Belastung geschützt sein. Wichtiger wird es, den Zeitpunkt der Rückkehr in den Job oder an die Universität selbst bestimmen zu können. Gerade Studentinnen, die sich körperlich fit fühlen, wollen Prüfungen wegen einer Geburt nicht zwingend weit in die Zukunft verschieben. Andere wiederum wünschen sich eine bundesweite Regelung, um dem Konkurrenzdruck zu entgehen.
Es könne nicht sein, dass jede Studentin selbst eine Regelung zum Mutterschutz aushandeln müsse, argumentierte Familienministerin Schwesig. Gebraucht werde eine Regelung, die alle Frauen schütze. Forschungsministerin Wanka hingegen sorgte zunächst dafür, dass Studentinnen und Schülerinnen aus dem Gesetzentwurf verschwanden. Es gebe keinen Bedarf für ein bundesweites Gesetz, sagte sie. Hochschulen hätten längst individuelle Regelungen, auch sei die Freiheit von Forschung und Lehre zu schützen. Herausgekommen ist nun ein Kompromiss: Das Gesetz gilt doch für Schülerinnen und Studentinnen. Sie bekommen Anspruch auf Mutterschutz, müssen aber auch nach der Geburt eines Kindes nicht davon Gebrauch machen, wenn sie Prüfungen schreiben wollen.
"Dann schreiben Sie die Prüfung halt nächstes Jahr"
Ein Blick in die Wirklichkeit zeigt, dass diese Lösung den Wünschen Studierender noch am nächsten kommt. Nadja Gülzow zum Beispiel, 26 Jahre alt, berät in der Arbeitsgruppe Familienfreundliches Studium an der Universität Bremen Studentinnen mit Kindern. Viele nehmen sich nach der Geburt eines Kindes zwei Urlaubssemester, sagt sie. Aber nicht jeder Studierenden sei das möglich. Manche müssten sich auch Sprüche anhören wie: "Dann schreiben Sie die Prüfung halt nächstes Jahr, wenn das Kind da ist." Das aber wäre ein verlorenes Jahr. Warum, fragt Gülzow, könne man nicht statt einer Klausur eine Hausarbeit schreiben? Manche fühlten sich auch dem Kampf durch die Instanzen einer Universität nicht gewachsen. "Viele Studentinnen würden am liebsten kapitulieren", sagt Gülzow. Das sei verständlich: "Man steht vor einem neuen Lebensabschnitt, das Baby kommt bald - und dann noch Ärger mit der Uni. Das braucht niemand."
Auch die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (Bukof) forderte Nachbesserungen. "Es gibt zwar viele gute Ansätze an den Hochschulen, aber die Regelungen sind verbesserungswürdig", sagte Vorstandsmitglied Kathrin van Riesen. Es gelte, transparente Regeln aufzustellen. Ob das neue Mutterschutzgesetz den Wunsch erfüllt, wird sich zeigen müssen.
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