Bremen stolpert in den Fußball-Himmel
"Das ist mir sowas von egal. Ich habe den Ball einfach nur im Netz gesehen und bin vor Freude einfach losgelaufen", erinnerte sich Anthony Ujah, dessen Schuss Papy Djilobodji endgültig über die Linie bugsierte. "Das ist heute der glücklichste Tag in meinem Leben", schilderte Ujah seine emotionalen Eindrücke nach dem Abpfiff.
"Werder ist Bremen ist Werder"
Stunden zuvor war in der Stadt schon die Vorfreude auf das "Abstiegsendspiel" zu spüren. Die ganze Region fieberte auf das Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt hin. Schon in den vergangenen Tagen trug die Hansestadt grün-weiß. An jeder zweiten Haustür hing entweder eine Werder-Flagge oder einer der vielen Mutmacher-Sprüche a la "Werder ist Bremen ist Werder". Schon einige Stunden vor der Partie versammelten sich die Werder-Fans bereits vor dem Stadion und feierten mit Sprechchören ihre Mannschaft. Ehemalige Werder Größen wie Jonny Otten oder die in eine grüne Werder-Fahne eingehüllte Stürmer Legende Wynton Rufer wollte ihre Mannschaft seelischen Beistand leisten. Ex-Bürgermeister Henning Scherf trug sogar ein grünes Sakko. Jeder Bremen Sympathisant wollten seinen Beitrag zum Klassenerhalt leisten.
Höhepunkt war dann die Einfahrt des Bremer Mannschaftsbusses, der sich durch das grün-weiße Fanspalier kämpfen musste. Über mangelnde Fanunterstützung konnten sich die Bremer in den vergangenen Wochen nicht beschweren. Im Gegenteil, eine Bremer Fangruppe initiierte den Hashtag #greenwhitewonderwall, der zum Symbol des Zusammenhaltes zwischen Mannschaft und Fans wurde.
Auch während der Spiels ließen die Fans in ihrer Unterstützung nicht nach und peitschen ihre Mannschaft nach vorne. Zu Beginn der Partie gab es eine Schrecksunde für den Werder-Anhang, denn der Kopfball des Frankfurter David Abrahams zwang Bremens Keeper Felix Wiedwald nach nur zwei Minuten zu einer Glanzparade. Doch das war bis zum Spielende auch die gefährlichste Aktion der Frankfurter, die zu sehr darauf bedacht waren das Unentschieden zu halten. Mit einem Remis wäre die Eintracht gerettet gewesen und Bremen hätte die unliebsame Relegation spielen müssen. Zum Glück für Werder drohte nicht der totale Supergau, denn schnell stand fest, dass der Vorletzte VfB Stuttgart zeitgleich in Wolfsburg nicht gewinnen würde. Selbst eine Niederlage hätte in diesem Fall Werder zumindest für die Relegation gereicht.
"Du musst uns heute den Arsch retten"
Nach 60 gespielten Minuten setzte Werder-Trainer Viktor Skripnik auf volle Offensive und brachte neben Claudio Pizarro mit Anthony Ujah den zweiten Stürmer. Die beiden Werder-Angreifer waren es dann auch, die dazu beitrugen, dass das Weserstadion zwei Minuten vor Schluss förmlich explodierte. Einen Freistoß von Zlatko Junuzovic verlängerte Pizarro per Kopf, Ujahs Schuss drückte Djilobodji energischer über die Linie. Die Art wie dieser Treffer zustande kam, sagt alles über die Mentalität der Bremer. Es war ein Sieg des Willens, die Mannschaft, die Fans, die ganze Stadt schrien den Ball förmlich über die Linie. Sekunden nach dem Tor lief die komplette Werder Ersatzbank inklusive Co-Trainer Torsten Frings auf das Spielfeld und feierte den Siegtreffer. "In diesem Moment ist bei uns so ein großer Stein vom Herzen gefallen", erklärte Keeper Felix Wiedwald.
Bei seiner Einwechslung hatte Skripnik noch zu Ujah gesagt: "Du musst uns heute den Arsch retten." Der Nigerianer war überglücklich, dass er seinem Trainer diesen Wunsch erfüllen konnte. "Ich freue mich auch für unseren Trainer. Wir haben wahrlich keine gute Saison gespielt. An diesem Sieg und dem Klassenerhalt haben aber auch die Fans einen riesengroßen Anteil. Die Unterstützung war einfach unglaublich", stammelte Ujah.
Während in München die Meisterfeier abgebrochen wurde, als freudetrunkene Fans auf den Platz stürmten, war in Bremen genau das gewünscht. Knapp zehn Minuten nach dem Abpfiff wurden die Tore der Fankurve geöffnet und die Werder Fans feierten friedlich zusammen mit ihren Helden. An diesem Samstagabend wird es keine Sperrstunde geben. Es gibt viel zu feiern an der Weser. Eine ganze Stadt atmet auf. "Niemals 2. Liga", skandierten die Werder Fans nach dem Spiel immer und immer wieder.