Ancelotti kaut und langweilt sich

  17 Mai 2016    Gelesen: 858
Ancelotti kaut und langweilt sich
Ein Pferd namens Klassenerhalt, Leon Goretzkas ominöse Plastiktüte, ein verwirrter Peter Neururer und ein bisschen Schmuddeliges - die 53. Spielzeit der Fußball-Bundesliga ist Geschichte - und bietet amüsanten Stoff.
Mir war so, als ob ich gerade eben erst den Klassiker zum Start meiner Frau zugerufen habe ("Schatz, willst du noch was sagen, bevor die Fußball-Bundesliga losgeht?") und nun ist schon wieder alles vorbei. Die 53. Spielzeit ist seit dem Wochenende Geschichte. Also, fast. Die Frankfurter und Nürnberger haben noch zwei Extraschichten gebucht. Für die HSV-Fans hat die Sommerpause überraschenderweise aber bereits jetzt schon begonnen. An den zwei Urlaubstagen werden also nicht nur Jaroslav Drobny und Peter Knäbel die Seele baumeln lassen.

Zur zurückliegenden Saison hat Carlo Ancelotti bereits im Oktober alles gesagt: "Der FC Bayern wird die Liga gewinnen, ohne die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Ich muss gestehen, dass ich Bayerns Spiele nicht genießen kann. Es gibt einfach zu wenig echten Wettbewerb." Ob er damals schon ahnte, dass er in der nächsten Spielzeit an der Seitenlinie mit den Händen in den Taschen stehen wird? Wir dürfen uns schon jetzt auf die Dauerschleife eines gelangweilten Kaugummi-Kauers mit Bayern-Logo auf der Brust freuen. Yippie!

"EIN TOR WÜRDE DEM SPIEL GUT TUN"
Ben Redelings ist "der Chronist des Fußballwahnsinns" (Manni Breuckmann). Der Autor, Filmemacher und Komödiant lebt in Bochum und pflegt sein Schatzkästchen mit Anekdoten. Seine kulturellen Abende "Scudetto" sind legendär. Für n-tv.de schreibt er stets dienstags die spannendsten und lustigsten Geschichten auf. Sein Motto ist sein größter Bucherfolg: "Ein Tor würde dem Spiel gut tun".
Echte Freude haben in dieser Saison hingegen wieder die Kommentare in den sozialen Netzwerken gemacht. Als sich Leverkusens Weltmeister Christoph Kramer nach dem 1:2 in Barcelona beschwerte - "Da hast du 80 Minuten, in denen du froh bist. Dann hast du zehn Scheißminuten, und am Ende bleibt nur Scheiße" -, konterte ein gewisser Patrick Bauer: "Immerhin kann er sich dran erinnern". Der Blogger Trainer Baade twitterte am Tag nach der Niederlage des FC Bayern im Halbfinal-Hinspiel der Champions League in Madrid: "Leute, die schreiben, das Finale sei für den FCB ‚in weite Ferne’ gerückt, sagten auch: ‚Ich hab bestimmt alles falsch in der Klassenarbeit’." Ins Auge stach vor ein paar Tagen zudem ein Kommentar im Schalker Königsblog: "Weinzierl soll zwischen 3-5 Mio. Ablöse kosten. Macht es da nicht Sinn, wir leihen ihn für ein Jahr aus???" Unter die Rubrik "Dumm gelaufen" fallen in dieser Spielzeit zahlreiche Geschichten. Herzhaft gelacht hat man in Bochum über einen Bayern-Fan, der nach dem Pokalsieg der Münchener beim VfL noch etwas ausgiebiger in der Ruhrgebietsstadt gefeiert hat. Da er morgens um vier Uhr den Zug zurück nehmen wollte, wunderte sich niemand, als er nachts plötzlich verschwunden war. Irritiert waren seine Freunde von einem VfL-Fanklub deshalb umso mehr, als sie gegen elf Uhr eine Nachricht des FCB-Anhängers erhielten: "Bin noch in der Kneipe. Bin eingeschlafen. Sitze auf dem Klo fest. Hilfe!!!"

"Wir werden auf ewig hinter uns bleiben!"

Schön auch die Anekdote von Peter Neururer. Bei Twitter funkte er seinen Kumpel Mario Basler an: "Du Nase. Warte auf Anruf, vergeblich, Hilfe durch Twitter, melde Dich!!" Der Ex-Nationalspieler antwortete kultverdächtig: "Bist du der Verrückte, der seit rund 12 Stunden auf meinem Fax-Gerät anruft? Ich meld` mich!" Auch das Fanplakat der VfL Wolfsburg Fans an die Rivalen von Eintracht Braunschweig fällt unter die Rubrik "Dumm gelaufen": "Blau Gelbe Schweine seht es ein. Wir werden auf ewig hinter uns bleiben!" Der Konter der Eintracht-Anhänger lautete am nächsten Tag übrigens: "Verein für Legastheniker: Ihr bleibt ewig hinter Euch!!!"

Wo wir gerade beim Thema sind: Ohne den famosen (Mittlerweile-schon-nicht-mehr-)Trainer des FC Reeeemscheid, Thorsten Legat, darf kein Rückblick auskommen. Spätestens durch seinen unvergesslichen Auftritt im RTL-Dschungel ("Ich glaube, ich verlasse das Camp hier nicht ganz normal") hat sich der ehemalige Bundesligameister in die Köpfe der Bundesbürger gespielt. "Da habe ich mich beirren lassen von meiner Kompetenz", "Die Einstellung ist immer Fakt", "Der Klügere lässt nach", "Ich kann das kommentarlos nicht beantworten" oder auch "Ich wüsste mehr, wenn ich es wüsste" sind innerhalb kürzester Zeit zu geflügelten Worten geworden. Giovanni Trapattoni ("Ich habe fertig") hat einen würdigen Nachfolger gefunden.

Apropos Sprüche: Da gab es erfreulicherweise gerade aus Köln und Gelsenkirchen eine Menge neues Futter. Horst Heldt servierte so manches Bonmot. So sagte Schalkes Ex-Manager, als er auf die mögliche Aufstockung der WM auf 40 Teilnehmer seitens des Fußball-Weltverbands angesprochen wurde: "Fifa? Wer redet denn da noch? Die sind doch alle im Gefängnis!" Angenehm locker gibt sich auch Kölns Trainer Peter Stöger im Zusammenspiel mit Journalisten: "Ich habe dem Linienrichter meine Brille angeboten. Aber auch das hat er nicht gesehen!" Unübertroffen aber der Spruch von Sky-Moderatorin Christina Graf: "Bielefeld wartet seit acht Spielen auf einen Dreier. Man könnte jetzt sagen, manche warten ein Leben lang drauf!"

Was noch? Schalkes Leon Goretzka hat von seinen Anwälten vor Gericht verkünden lassen, dass in dem Moment, als er geblitzt wurde, wohlmöglich gar keine Geschwindigkeitsbegrenzung an der elektronischen Anzeigentafel über der Autobahn zu sehen war. Die unübertroffen lustigste Begründung (wenn alles nicht so traurig wäre) aller Zeiten hierfür lieferten die Juristen auch gleich mit: Die Tafel könne verdeckt gewesen sein, etwa durch "eine hochgewehte große Plastiktüte, die auf dem Grünstreifen gelegen haben könnte". Wem von uns ist es noch nicht passiert? Köstlich!

Fehlt noch der Spieler der Saison. Das ist fraglos der Bremer Claudio Pizarro. Bei seiner Verpflichtung im September wurde auch Mario Basler ganz anders ums Herz: "Pizarro ist zurück bei Werder Bremen? Junge, dann probier’s ich auch noch mal. Meine Ecken, seine Kopfbälle - damit wirste Meister!" Dazu ist es nicht gekommen, aber immerhin ist Werder mit Pizarro nicht abgestiegen. Mal schauen, ob der Peruaner sein Versprechen wahr macht und sein nächstes Pferd nun tatsächlich "Klassenerhalt" nennen wird. Jetzt ist aber erst einmal Pause für die Vereine und ihre Fans. Wie es der ehemalige Trainer des FC Liverpool, Roy Evans, so trefflich formulierte: "Ich genieße jedes Mal den Sommer. Da kannst du keine Spiele verlieren."

Quelle: n-tv.de

Tags:


Newsticker