Bulgarien schottet sich nach Süden hin ab

  18 Mai 2016    Gelesen: 721
Bulgarien schottet sich nach Süden hin ab
Immer mehr Flüchtlinge suchen den Weg über die Türkei und Bulgarien nach Norden. Die bulgarische Regierung ruft die EU um Hilfe an und plant neue Zäune an seinen Grenzen zur Türkei und Griechenland. Dabei ist Europa schon von Zäunen durchzogen.
Nach der Schließung der sogenannten Balkanroute und der Abschottung in der Ägäis suchen Schleuser nach neuen Flüchtlingswegen in Richtung Europäische Union. Seit Monaten schon wächst die Zahl der illegalen Einreisen nach Bulgarien. Die Regierung in Sofia sieht sich zunehmend von der EU vernachlässigt. Die Zäune an der Grenzen zur Türkei und Griechenland böten keinen wirksamen Schutz mehr, heißt es. Bewaffnete Bürgerwehren machten bereits Jagd auf Flüchtlinge und Schleuser.

Aufgrund des innenpolitischen Drucks reagiert jetzt die bulgarische Regierung und kündigt den Bau neuer Grenzzäune an. Noch in diesem Sommer sollen die Zäune entlang der bulgarisch-türkischen Grenze auf insgesamt 160 Kilometer verlängert werden. Derzeit steht der dreieinhalb Meter hohe und mit Stacheldraht gesicherte Zaun an etwa 30 Kilometern entlang der "grünen Grenzabschnitte", die als besonders unübersichtlich gelten. Insgesamt ist die Grenze zwischen Bulgarien und der EU-Außengrenze Türkei 270 Kilometer lang.

Auch zu der sehr viel längeren Grenze zu Griechenland sollen partiell solche Grenzanlagen gebaut werden. Die bulgarische Regierung wies Kritik von Menschenrechtlern zurück und betonte, die Maßnahme sei lediglich gegen die illegale Einwanderung gerichtet.

Schleuser schon lange aktiv

In einem gemeinsamen Bericht von Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst und Bundespolizei heißt es denn auch: "Aufgrund der Maßnahmen in der Ägäis fokussieren sich Schleuser-Gruppierungen stärker auf die Route aus der Türkei über Bulgarien und auf den Landweg nach Westeuropa." Dort seien "entsprechende Organisationen" seit Jahren aktiv. Zwar demonstriere Bulgarien "weiterhin die politische Entschlossenheit, einer möglichen Routenverlagerung sowie der illegalen Schleusungskriminalität entgegenwirken zu wollen", doch deuteten die Migrationszahlen des Landes auf erhebliche "Kontrolllücken bei der Einreise" und auf vermehrte "Schleuseraktivitäten" hin.

Offiziell ist der Zulauf von Migranten nach Bulgarien im ersten Quartal 2016 nach den Worten von Innenministerin Rumjana Batschwarowa um etwa 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückgegangen. Vom 1. Januar bis 31. März beantragten nach Angaben der staatlichen Flüchtlingsbehörde 4202 Migranten den Flüchtlingsstatus. Wie viele Flüchtlingen tatsächlich versuchten, das ärmste EU-Land Richtung Mitteleuropa zu verlassen, wird nicht mitgeteilt.

Neue Zäune durchziehen Europa

Auch Griechenland hat seine Grenze zur Türkei partiell mit einem Stacheldraht bewährten Zaun befestigt – allerdings nur auf etwa 11 Kilometer Länge auf besonders unübersichtlichen Stellen.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte Ungarn einen 170 Kilometer langen und vier Meter hohen Zaun an der Grenze zu Serbien errichtet. Beschlossen sind bereits ähnliche Anlagen an der Grenze zu Kroatien und Rumänien. Ungarns Anrainer sind über diese Maßnahmen wenig begeistert, sie widersprächen dem Geiste Europas, heißt es beispielsweise aus Rumänien.

Österreich hat ebenfalls den Bau von Grenzzäunen vor allem an seinen südlichen Grenzen beschlossen. Bis zum Sommer sollen die "Kontrollmöglichkeiten" zu Ungarn und Italien geschaffen werden – analog der schon bestehenden Anlagen an der Grenze zu Slowenien. Unlängst waren am Brennerpass Arbeiten auf fast 400 Metern Länge begonnen worden. In Rom wie auch in Brüssel wird das mit Sorge gesehen.

Die Slowakei befürchtet einen Dominoeffekt und kündigte ihrerseits ebenfalls den Bau eines Grenzzauns an wichtigen Stellen zu Österreich an.

Unterdessen dementiert Serbien, dass es die Grenze zu Mazedonien bereits dicht gemacht hat. Ein partieller Zaun zwischen Mazedonien und Griechenland steht bereits seit Ende letzten Jahres.

Ebenfalls Ende 2015 hatte die slowenische Regierung die Sperrung der 670 Kilometer langen Grenze zu Kroatien beschlossen. Die Maßnahme war eine Reaktion auf die Pläne Österreichs, die Aufnahmezahl für Einwanderer zu reduzieren: Die slowenische Führung hatte befürchtet, dass mehr Migranten in Slowenien bleiben.

Quelle: n-tv.de , ppo

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