Frauen gingen für die Ehe auf Wanderschaft

  26 Mai 2016    Gelesen: 667
Frauen gingen für die Ehe auf Wanderschaft
Heute stammen viele Ehepartner nicht aus demselben Ort. Das ist kein Phänomen unserer Zeit. Lange bevor es auch nur Kutschen gab, ließen Frauen alles zurück, um in der Fremde zu heiraten - nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen.
Frauen in Süddeutschland haben sich vor rund 5000 Jahren vermutlich fern ihrer Heimat bei ihren Ehemännern niedergelassen. Zu diesem Schluss kommen schwedische Forscher nach der Analyse von Knochen und Zähnen aus mehreren Ausgrabungsstätten in Bayern und Baden-Württemberg. Sie untersuchten auch menschliche Überreste von zwei großen, alten Friedhöfen nahe Lauda-Königshofen in Baden-Württemberg und Bergrheinfeld in Bayern. Rund 42 Prozent der Bestatteten stammen ursprünglich nicht von dort, schreiben sie im Fachblatt "Plos One".

Die Wissenschaftler um Karl-Göran Sjögren von der Universität Göteborg schlussfolgern, dass es zur damaligen Zeit ein relativ stabiles System der Exogamie gegeben haben könnte - damit ist das Heiraten außerhalb der eigenen sozialen Gruppe gemeint. Die Frauen könnten demnach auf lange Wanderungen gegangen sein, um sich in den Siedlungen ihrer Ehemänner niederzulassen.

Die Forscher sprechen von einem komplexen System des sozialen Austausches und der wirtschaftlichen Diversifizierung im späten neolithischen Europa. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Gruppen der Schnurkeramischen Kultur sehr mobil waren, besonders die Frauen." Die Schnurkeramische Kultur existierte in Europa von etwa 2800 bis 2200 v. Chr.

Strecken variierten wohl stark

Welche Distanzen die Frauen genau zurücklegten, sei noch unklar, sagte Sjögren. Kurze Wege von Dorf zu Dorf seien genauso denkbar wie weite Strecken quer durch Süddeutschland, etwa von Franken ins südlichere Niederbayern. "Das müssen wir noch genauer untersuchen", so der Forscher.

Anhand der Knochenanalyse konnten die Wissenschaftler auf die Ernährungsgewohnheiten der Menschen schließen und sich ein Bild machen, wer in einer Siedlung heimisch war und wer später zuwanderte. Wie in früheren Zeiten, aßen die Menschen Tiere und Pflanzen. In manchen Siedlungen habe es aber vermutlich deutlich mehr Milchwirtschaft und Ackerbau gegeben als anderswo.

Aus Südrussland bis nach Mitteleuropa

Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena findet das Vorgehen der schwedischen Forscherkollegen schlüssig. Große Wanderungsbewegungen zu Zeiten der Schnurkeramik seien bekannt, sagt der Wissenschaftler, der nicht an der Studie beteiligt war. Zu der Zeit vor rund 5000 Jahren zog es große Gruppen von der pontischen Steppe im heutigen Südrussland in Richtung Mitteleuropa, bis nach Süddeutschland und in die Schweiz.

Eine ältere Studie hatte bereits die Wanderung einer jungen Frau vom Schwarzwald nach Dänemark in der Bronzezeit beleuchtet. Von ihrem Heimatdorf war das Mädchen um das Jahr 1370 v. Chr. die 800 Kilometer lange Strecke zur dänischen Halbinsel Jütland gewandert. Sie war später in ihre Heimat zurückgekehrt und dann erneut nach Jütland gekommen. Dänische Wissenschaftler vermuten, dass die junge Frau mit einem Mann aus Jütland verheiratet wurde, um Handelsbeziehungen zwischen den Familien zu festigen.

Quelle: n-tv.de , ahe/dpa

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