EU reagiert auf TTIP-Proteste

  15 Oktober 2015    Gelesen: 655
EU reagiert auf TTIP-Proteste
150.000, möglicherweise eine Viertel Million Menschen gehen in Berlin gegen TTIP auf die Straße. Bleibt das ohne Folgen? Nein. Die EU möchte künftig alle wichtigen Verhandlungstexte veröffentlichen. An anderer Stelle herrscht weiter Geheimhaltung.
Die EU-Kommission passt ihre Handelsstrategie nach den massiven Protesten gegen das geplante TTIP-Abkommen mit den USA an. Ein nun vorgestelltes Konzept sieht vor, künftig mehr auf Sorgen und Ängste der Bevölkerung einzugehen. Gleichzeitig sollen allerdings die Handelsbeziehungen über neue Partnerschaften und Projekte weiter ausgebaut werden - zum Beispiel mit der Türkei.

"Die Handelspolitik muss effizienter und transparenter werden und mehr in Einklang mit unseren Werten stehen", erklärte die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Die Menschen in der EU wüssten, dass Handel Arbeitsplätze und Wachstum schaffen könne. Gleichzeitig wollten sie aber in Bereichen wie Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung keine Zugeständnisse machen.

Die neue EU-Handelsstrategie sieht vor, künftig alle wichtigen Verhandlungstexte öffentlich zu machen. Als Prioritäten für die EU-Handelspolitik der kommenden Jahre werden unter anderem ein Abschluss der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP sowie eine engere Partnerschaft zur Türkei genannt. Mit der Regierung in Ankara will die EU-Kommission eine Erweiterung der Zollunion auf Bereiche wie Dienstleistungen, Landwirtschaft und öffentliche Ausschreibungen anvisieren. Bislang deckt die Zollunion nur Industriegüter ab.

Abgeordnete weiter ohne Zugang

Mit Blick auf die TTIP-Verhandlungen mit den USA machte Malmström deutlich, dass an einen schnellen Abschluss derzeit nicht zu denken ist. "Mit etwas Glück schließen wir die Verhandlungen bis Ende nächsten Jahres ab", sagte sie. Denkbar sei aber auch, dass die US-Regierung das Thema für zu heikel halten, um es im Jahr der Präsidentenwahl durchzudrücken. "Wenn wir es nicht unter (US-Präsident Barack) Obama abschließen, werden wir eine Pause machen und sehen müssen, wie es mit der nächsten Regierung weitergeht", so Malmström.

Bundestagsabgeordnete stehen bei TTIP-Dokumenten weiter vor verschlossenen Türen. Vor drei Wochen kündigte Bundestagspräsident Norbert Lammert "uneingeschränkten Zugang" zu Verhandlungsdokumenten auch für Abgeordnete des Bundestags an - doch Einblick in die Unterlagen nehmen können die Parlamentarier noch immer nicht. Dies geht aus einem Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel an den Bundestag hervor. Demnach führt die EU-Kommission weiterhin Gespräche zu dem Thema mit der US-Seite.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, reagierte empört: Lammert habe vor Wochen verkündet, es sei nun alles geregelt. "Und heute erfahren wir, dass das Schwarze-Peter-Spiel zwischen Bundesregierung und EU-Kommission um den Zugang der Bundestagsabgeordneten zu den TTIP-Verhandlungstexten weiter geht", sagte Haßelmann. "Da wurde zu früh ein Erfolg gefeiert und am Ende die Abgeordneten des Bundestages ein weiteres Mal hingehalten."

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