Das mutet, und damit zurück zum Sport, mindestens so paradox an wie das, was in der nordwestenglischen Stadt Manchester passiert. Beim dortigen Klub Manchester United führen seit Jahren US-Investoren das Regiment, denen der Fußball reichlich egal und das Geld ziemlich wichtig ist. Doch ausgerechnet jetzt, da sie wohl erstmals mehr als eine halbe Milliarde Pfund sowie Dividenden in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaften werden, setzen sie einen der Verantwortlichen für den Geldsegen, den Niederländer Louis van Gaal, vor die Tür - und holen, wie am Freitag bestätigt wurde, den Portugiesen José Mourinho als Nachfolger. "Interessantes Geschäftsmodell", höhnte ein Business-School-Professor in einem Brief an die Financial Times.
Ideologische Schlachten zwischen Pep und Mou
Dass Mourinho, 53, kommt, ist in vielerlei Hinsicht interessant. Vor allem aber, weil beim Nachbarn, bei Manchester City, ab diesem Sommer Josep Guardiola, 45, wirken wird, der dem FC Bayern den Rücken kehrt. Was droht, liegt auf der Hand. Eine Neuauflage des faszinierendsten ideologischen Kampfes, den die moderne Trainergeschichte hergibt. Niemand weiß mit Bestimmtheit zu verorten, wann die längst ins Persönliche abgeglittene Fehde zwischen Mou und Pep begann; beide kennen sich, seit der Portugiese als Übersetzer des damaligen Trainers Bobby Robson beim FC Barcelona anheuerte und Guardiola noch in kurzen Hosen kickte. Als gesichert gilt, dass Mourinho von Guardiola skeptisch beäugt wurde, seit er sich sicher sein musste, dass Mourinho Interna aus der Mannschaftskabine an die Presse in Barcelona durchstach, um Karriere zu machen.
Später, als Trainer, folgten monumentale Schlachten der Ideen und der Niedertracht. Zum Beispiel beim Champions-League-Duell Barças gegen das von Mourinho trainierte Inter Mailand, bei dem Mou den früheren Barça-Spieler Luis Figo als Spion ins Quartier der Katalanen geschickt haben soll. Oder auch beim 5:0-Sieg Barcelonas gegen das zwischen 2010 und 2013 von Mourinho gecoachte Real. Anschließend leugnete Mou öffentlich und giftig im Pressesaal, dass es überhaupt ein Fußballspiel gegeben habe. Ein Affront.
Sie wohnen jetzt Tür an Tür
Damals waren Mou und Pep 608 Kilometer voneinander getrennt. Nun teilen sie sich ein Stadtgebiet von 115,6 Quadratkilometern, wohnen Tür an Tür. Dass das gut geht, kann man getrost für illusorisch halten, wahrscheinlicher ist, dass man kurz nach dem Start in die nächste Premier-League-Saison Blauhelme zur Deeskalation in die Stadt rufen muss.
Es wäre von Mou & Pep allerdings vermessen anzunehmen, allein ihr Duell würde die Massen elektrisieren. Schon jetzt ist da die Frage, wie sich Dritte positionieren. Es gibt ja durchaus Kapazitäten auf der Insel, die sich und ihr Ego in Positur geworfen haben. Arsène Wenger folgt gerade dem wütenden Rat der Fans des FC Arsenal, er möge endlich das Klubvermögen in neue Spieler investieren, und Jürgen Klopp ist unweit von Manchester, in Liverpool, auch nicht dafür bekannt, dass er leisetritt. Kampflos werden sie sich Willen und Widersprüchen der neuen Kapriziösen gewiss nicht ergeben.
Tags: