Und Johnny? Der sieht bei seinem Ausflug ins hessische Herborn aus, als hätte er von all dem gar nichts mitgekommen. Hollywood Vampires heißt seine Band, mit der er am Sonntagabend den 56. Hessentag beschließt. Es ist die einzige Deutschlandshow der Gruppe, die neben Depp aus Rockmusiker Alice Cooper und Aerosmith-Gitarrist Joe Perry besteht. Die drei gründeten sie im vergangenen Jahr als Tribut an all jene Rockstars, die in den Siebzigern im Exzess lebten - und starben. The Hollywood Vampires - so hieß damals nämlich ein Celebrity-Sauf-Club, den Cooper mit Kollegen wie Jimi Hendrix, John Lennon und Jim Morrison gegründet hatte. Wollte man böse sein, könnte man sagen, dass die Hollywood Vampires das wohl auch heute noch sind - ein Celebrity-Sauf-Club. Ein Vatertagsausflug älterer Herren, die es noch mal wissen wollen. Aber das wäre wirklich ungerecht.
Pirat versus Rockstar
Was Cooper, Depp und Perry - unterstützt von Velvet-Revolver-Schlagzeuger Matt Sorum, Stone-Temple-Pilots-Bassist Robert DeLeo, Tommy Henriksen aus der Alice-Cooper-Band sowie Gitarrist Bruce Witkin - auf der Bühne machen, ist nämlich richtig gut. Zum Großteil besteht das Set aus Covern bekannter Rock-Songs: "20th Century Boy" von T.Rex, "Pinball Wizard" von The Who, "Manic Depression" von The Jimi Hendrix Experience, "Come Together" von den Beatles und Led Zeppelins "Whole Lotta Love" zum Beispiel. Schon beim fünften Song, "My Generation" von The Who, geht die erste Gitarre zu Bruch.
Johnny Depp hat dabei sichtlich Spaß. Er versteckt sich nicht etwa hinter einem Verstärker, wie man es in Anbetracht der Schlagzeilen der letzten Tage erwartet hätte, sondern stolziert am Bühnenrand auf und ab. Lächelnd winkt er ins Publikum. Wie Pirat versus Rockstar sieht er an diesem Abend aus. Nicht wie der betrunkene Depp, der zuletzt über so manchen roten Teppich taumelte. Seine Gitarrensoli sitzen.
Metalheads neben Kleinstädtern
Er wolle auf keinen Fall, dass die Leute nur kommen, um ihn zu sehen. Es solle um die Musik gehen, hatte Depp gesagt, als die Konzerte angekündigt wurden. Und wenngleich natürlich ein Meer ausKameradisplays zu sehen ist, hat das Publikum - eine Mischung aus Metalheads in Wacken-Shirts, Kleinstädtern, die einfach gekommen sind, weil im Ort mal was los ist, und einem Dutzend Johnny-Depp-Lookalikes - ganz offenbar Freude an dieser äußerst niveauvollen Karaoke-Show. Wie auch nicht, bei Songs wie "Ace Of Spades" von Motörhead, "Break In Through" von The Doors und David Bowies "Rebel Rebel".
Zu Ende geht der Abend schließlich mit "School`s Out" von Alice Cooper, das Cooper dazu nutzt, die einzelnen Bandmitglieder vorzustellen. Als Depp an der Reihe ist, sagt er: "Und der hier, den haben wir auf einem Parkplatz aufgesammelt. Er wollte per Anhalter nach Kentucky". Johnny grinst. Seine Goldzähne blitzen ein letztes Mal im Scheinwerferlicht. So viel Glamour und Rock`n`Roll wird es in der hessischen Provinz wohl nie wieder geben.
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