Unzufriedenheit mit Merkel

  16 Oktober 2015    Gelesen: 409
Unzufriedenheit mit Merkel
Die Verschärfung des Asylgesetzes lindert nicht den Unmut der CDU-Basis über ihre Parteivorsitzende. Ganz zu schweigen von der Schwesterpartei CSU, deren Vorsitzender Horst Seehofer von Merkel keine "warmen Worte" mehr hören, sondern Taten sehen will. In ihren zehn Jahren Kanzlerschaft hat sich Angela Merkel selten einer solch flächendeckenden Kritik in den eigenen Reihen stellen müssen. Manch ein Kommentator sieht das politische Ende der Kanzlerin nah.
Der steigende Verdruss über Angela Merkel erinnert die Schwäbische Zeitung aus Ravensburg an den tiefen Fall der SPD nach ihrer Reformagenda 2010. Die CDU sei in Aufregung und die "Kritik an der noch vor kurzem unangefochtenen Regierungschefin nimmt stetig zu, auch wenn die Bundestagsfraktion Merkel vor Beginn ihrer Rede am Donnerstag mit langem Applaus im Parlament begrüßte". Auch im Südwesten des Landes sei die Union gespalten: Auf der einen Seite stehen die harten Worte Horst Seehofers und auf der anderen Seite die unaufgeregten Oberbürgermeister und Landräte aus der Region. "Geschlossenheit sieht anders aus", urteilt die Zeitung.

Auch die Süddeutsche Zeitung vergleicht die aktuelle Situation Angela Merkels mit der ihres Vorgängers Gerhard Schröder. Die jetzige Lage gestalte sich aber anders, so das Blatt aus München: "Nach zehn Jahren Kanzlerschaft stößt Merkel zwar in der CDU auf mehr Widerstand als üblich. Es gibt aber keine Zerfallstendenzen wie 2005 bei der SPD." Das Geraune über Angela Merkel gehöre zur überhitzten Debatten-Kultur in der Bundeshauptstadt. Das heiße aber noch nicht, dass Merkels politisches Ende nahe. "Die Verschwörungstheorie, Schäuble wäre ein gegen Merkel bereitstehender Übergangskanzler, ist gaga, zeigt aber, wie dünn die Führungsdecke der Union ist. Jenseits von Merkel ist wenig", erklärt die SZ und legt den Finger in die Wunde der CDU.

Dem widerspricht die Welt und attestiert der Kanzlerin, ähnlich wie die CSU, ein Versagen in der Flüchtlinspolitik. Ihr scheinen "immer noch die Worte zu fehlen, die einen guten Regierungschef auszeichnen, in einer Mischung aus Härte, Bestimmtheit und natürlich auch Güte, dass Deutschland bei aller Großzügigkeit und humanitären Verpflichtung nicht alle Armen der Welt aufnehmen kann". Jedes Land habe ein Recht, zu entscheiden, welchen Flüchtling es wann aufnehmen will. Auch das Asylgesetz müsse Obergrenzen kennen, fordert das Blatt und sieht Merkels Kanzlerschaft in Gefahr, wenn es feststellt: "Es gibt immer eine Alternative. Auch zu Angela Merkel."

Dass die Bundeskanzlerin sich auf ein "hochriskantes Spiel mit vielen Unbekannten" eingelassen habe, erkennt auch das Badische Tagblatt. "Der Wind weht Angela Merkel derzeit heftiger entgegen als gewohnt. Die Flüchtlingskrise bereitet der eisernen Kanzlerin zunehmend Probleme. Fakt ist: Die Skepsis im Land wächst", schreibt die Zeitung aus Baden Baden. Dass der Zustrom der Flüchtlinge durch das neu verabschiedete Asylgesetz tatsächlich sinkt, könne Merkel nur hoffen. Unklar sei auch, "ob die Europäer in der Mehrheit schließlich auf den Kurs der Kanzlerin einschwenken und zur Lastenteilung in der Flüchtlingskrise beitragen werden". Das Blatt ist alles andere als überzeugt davon, dass Angela Merkel diese Krise unbeschadet überstehen wird. Ihre "Götterdämmerung könnte schneller anbrechen als erwartet".

Die Landeszeitung aus Lüneburg stellt sich hingegen hinter die Kanzlerin, die in dieser Krise "historisches Format" beweisen würde. "Erstmals in ihrer Kanzlerschaft verknüpft Angela Merkel ihr Mandat mit der Festlegung auf einen Kurs, der ihrer Beliebtheit schadet, - wie es große Kanzler tun." Ihr Beharren, dass Deutschland den Flüchtlingen helfen könne und müsse, sei richtig. Es sind Kritiker wie Horst Seehofer, die das Blatt hinterfragt. "Der CSU-Chef moniert zwar, dass Merkel die Antwort schuldig bleibe, wie Deutschland den Zustrom bewältigen solle, vermag aber ebenso wenig zu erläutern, wie denn der Zustrom eingedämmt werden könne". Bei dieser Völkerwanderung seien keine Grenzen, sondern ein effizientes Management gefragt. "Dafür braucht man Mut. Wie immer in Krisen."

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