Minister-Streit über Glyphosat: Chemie gestört

  06 Juni 2016    Gelesen: 425
Minister-Streit über Glyphosat: Chemie gestört
Die EU-Staaten beraten am Montag über die Zukunft von Glysophat. In der Bundesregierung sorgt der Unkrautvernichter für Streit. Die zuständigen Minister werfen sich "Taktik" und "Ideologie" vor.
Die Haltung der Bundesregierung zum Thema Glyphosat ist ein klarer Fall: Es gibt sie nicht. Wenn am Montag die EU-Staaten über die Zukunft des umstrittenen Unkrautvernichters entscheiden, wird sich Deutschland enthalten. Beim Umweltministerium klingt das offiziell so: Es gebe "weiterhin keine einheitliche Auffassung".

Glyphosat ist der weltweit am meisten eingesetzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. In Deutschland kommt er auf rund 40 Prozent der Felder zum Einsatz. Allerdings: Die Substanz steht im Verdacht, Krebs zu erregen. In drei Wochen läuft die Zulassung des Stoffes aus. Die EU-Kommission schlägt eine Verlängerung für 12 bis 18 Monate vor. In dieser Zeit soll die EU-Chemikalienagentur Echa ihre Bewertung der Substanz vorlegen.
Die Frage, wie gefährlich Glysophat ist, sorgt auch in der schwarz-roten Koalition in Berlin für Streit. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Union sind für eine neue Zulassung - die SPD-Minister lehnen dies bis auf Weiteres ab.

Schmidt greift Hendricks an

Gezankt wird mittlerweile mit offenem Visier. Kurz vor der Abstimmung in Brüssel hat Agrarminister Christian Schmidt (CSU) nun Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) scharf angegriffen. Gegenüber der "Rheinischen Post" verwies Schmidt auf Studien, die zu dem Ergebnis gekommen seien, dass an der Unbedenklichkeit des Wirkstoffs Glyphosat bei fachgerechter Anwendung keine Zweifel bestünden.

"Grundsätzlich sehe ich es mit Sorge, dass in einer solchen Frage Politik nach Belieben betrieben wird und nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse", sagte der CSU-Politiker. Nur die Forschungsergebnisse sollten die Zulassungsverlängerung beeinflussen dürfen - "und nicht etwa politische Taktik oder Ideologie", sagte Schmidt.

Umweltministerin Hendricks ging im Gespräch mit den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" ebenfalls in die Offensive. Die Sozialdemokratin forderte eine "grundsätzlich andere Landwirtschaftspolitik". Gefördert werden sollte "nur noch die Produktion gesunder Lebensmittel, die Pflege von Natur und Landschaft, der Gewässerschutz", sagte sie. "Es ist höchste Zeit zum Umsteuern."

Kommission will Auflagen vorschlagen

Die bisherige staatliche Förderung der Bauern nach der Größe der Landwirtschaftsfläche sei "ein unsinniges Prinzip", so Hendricks. "Das Prinzip muss sein: Öffentliches Geld nur für Leistungen im Interesse der Allgemeinheit."

Wenn bei der Abstimmung an diesem Montag die nötige Mehrheit nicht zustande kommt, würde eine weitere Entscheidung in einem höherrangig besetzten Gremium nationaler Experten nötig. Dies gilt im Moment als wahrscheinlich. Fehlt auch hier die nötige Mehrheit, liegt die Entscheidung bei der EU-Kommission.

Die Kommission will den Staaten auch eine Reihe von Auflagen für den Glyphosat-Einsatz vorschlagen, etwa einen möglichst geringen Einsatz in Parks oder auf Spielplätzen. Die Entscheidung darüber kann aber jeder Staat selbst treffen. Das Bundesumweltministerium erklärte am Sonntag, nationale Beschränkungen könnten zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Staaten führen.

Tags:


Newsticker