Politiker versus Medien: Trumps neuer Feind Nummer eins

  06 Juni 2016    Gelesen: 1011
Politiker versus Medien: Trumps neuer Feind Nummer eins
Die Skandale häufen sich, und Donald Trump schießt gegen die Medien: Wer es wagt, ihn zu kritisieren, wird abgewatscht - vor allem investigative Reporter bekommen seinen Zorn zu spüren.
Donald Trump hatte ehemalige Soldaten um sich versammelt, eigentlich wollte sich der Kandidat vor der Presse in New York als edler Spender für Veteranenvereine präsentieren. Alles war für eine große, nette Show vorbereitet. Bis Trump ausrastete.

Auf kritische Journalistenfragen antwortete er erst pampig, dann wütend. Statt ihm für seine großartige Arbeit zu danken, würden ihn die Reporter nur kritisieren, schimpfte er. Journalisten seien generell schlechte Menschen. Und die politischen Reporter sowieso. "Sie gehören zu den unehrlichsten Leuten, die ich je getroffen habe."
Einen Reporter von ABC nannte Trump einen "schmierigen Typen". Den Vertreter der "Washington Post" beschimpfte er als "gemeinen Kerl, echt gemeinen Kerl". Das Vergehen des Journalisten: Er hatte es gewagt, eine Frage zu stellen, die Trump wohl nicht passte.

Der Wutausbruch in New York war selbst für Trumpsche Verhältnisse ungewöhnlich. Zwar hatte er Journalisten während der Vorwahlen immer wieder gerne attackiert, doch so persönlich, so brutal, war er dabei bislang selten vorgegangen. Trumps Ausraster lässt Amerikas politische Klasse und vor allem die Journalisten erschaudern. Mehr und mehr zeigt sich, dass Trump nicht nur unfähig ist, mit Kritik umzugehen, sondern dass er offenbar generell ein vordemokratisches Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit hat.

"Wie ein wildgewordener 800-Pfund-Gorilla"

Unweigerlich drängt sich die Frage auf, was wohl mit der Pressefreiheit in den USA passieren könnte, wenn Trump tatsächlich ins Weiße Haus einziehen würde. Trump wünsche sich wohl eine ergebene Berichterstattung wie Wladimir Putin, analysierte die "Washington Post". Und die "New York Times" stellte entsetzt fest, Trump führe sich auf wie ein wildgewordener 800-Pfund-Gorilla.

Natürlich steckt hinter den harten Attacken des Kandidaten gegen die Presse eiskaltes Kalkül. Nachdem sie zunächst lange überraschend untätig waren, sind etliche investigative Journalisten nun dabei, Trumps mannigfaltige Geschäfte, Tricks und falsche Behauptungen zu durchleuchten. Sie bringen etliche Ungereimtheiten zutage und stellen unangenehme Fragen an Trump. Mit dem lauten Getöse versucht der Politiker, von seinen Verfehlungen abzulenken. Er stilisiert sich zum Opfer einer großen Medienverschwörung - und ähnlich wie in Deutschland die Anhänger der "Lügenpresse"-Kampagne, sind auch etliche US-Bürger nur allzu gerne bereit, ihm dieses Märchen tatsächlich zu glauben.

Dabei nimmt die Zahl der offenen Fragen an Trump stetig zu. Hier nur einige Fälle aus den vergangenen Tagen:

Beispiel Veteranen: Die Pressekonferenz in New York hatte für Trump einen brisanten Hintergrund. Im Januar hatte er angekündigt, eine große Spendenaktion für Veteranen ins Leben zu rufen. Er selbst wollte eine Million Dollar spenden. Doch Nachfragen von Journalisten hatten dann ergeben, dass offenbar Teile des Geldes, das Trump versprochen hatte, bei den Veteranen gar nicht angekommen waren. Eilig zahlte Trump nach. Bei der Pressekonferenz wollte er nun belegen, dass angeblich alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Fragen, warum er erst zahlte, nachdem Zeitungen über das fehlende Geld berichtet hatten, blockte er mit der Ausrede ab, er habe seine Zahlungen nicht an die große Glocke hängen wollen.

Beispiel Trump-University: Seit Monaten steht der Kandidat in der Kritik, weil die von ihm gegründete Trump-University offenbar weniger darauf ausgelegt war, Studenten eine gute Ausbildung zu sichern, sondern es vielmehr um saftige Einnahmen für Trump ging. Ein Richter in Kalifornien hat in dem Fall nun Dokumente freigegeben, die diesen Verdacht weiter erhärten sollen. Dem zuständigen Richter warf Trump vor, er sei ein "Hater".

Beispiel Finanzen: Trump weigert sich beharrlich, seine Steuererklärung öffentlich zu machen, obwohl dies seit Jahrzehnten für jeden Kandidaten selbstverständlich ist. Vermutet wird deshalb, dass Trump keine oder kaum Steuern bezahlt, beziehungsweise längst nicht so reich ist, wie er vorgibt. Beides wäre mehr als peinlich für den selbst ernannten Supergeschäftsmann.

Abstreiten, schimpfen und notfalls vor Gericht klagen - so verteidigt sich Trump bislang gegen jede Form der Kritik. Fraglich ist allerdings, wie lange er mit dieser Masche noch durchkommt.

Natürlich hat Trump weiterhin seine Fans. Aber auf der anderen Seite gibt es etliche US-Wähler, die mit einem allzu dünnhäutigen Trickser-Präsidenten nichts anfangen können.

Bei allem Ärger bleibt Trump ein Trost: Seine Konkurrentin Hillary Clinton erscheint vielen Wählern auch nicht unbedingt als ehrlich.


Quelle : spiegel.de

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