Das Kreuz mit den Untoten

  07 Juni 2016    Gelesen: 807
Das Kreuz mit den Untoten
Nach der siebten Episode der sechsten Staffel von "Game of Thrones" stellt sich erneut die Frage: Wann ist eine Figur in dieser Serie eigentlich wirklich tot?
Der Hound! Potzblitz, da ist er wieder! Und erneut ist eine Figur in Game of Thrones nicht so tot, wie die Serie es einem als Zuschauer vorläufig glauben machte. Doch im Gegensatz zu seinem Bruder, dem Mountain, oder zu Jon Snow musste der Hound nicht mal mit Magie und Zaubertricks zurück ins Leben geholt werden. Er ist also einfach nicht gestorben, damals in Staffel 4, als Arya Stark ihn, den unrettbar Verwundeten, nicht mit einem Gnadenstoß erlösen wollte von seinem Leid und seinen Sünden. Sondern ihn einfach liegen ließ in seinem eigenen Blut. Dann kam die Abblende.

Es gebe einen Grund dafür, dass er noch da sei, sagt ihm nun der fromme Ray, der einst selbst ein Sünder war und den Hound nun aufgenommen hat in seiner kleinen Gemeinde von Frommen, die den Göttern eine Kirche aus Holz bauen wollen zwischen schönen grünen Hügeln. "Die Götter", sagt Ray zum Hound, "sind noch nicht fertig mit dir."

Wüsste Ray, dass er nur eine fiktionale Figur ist, hätte er auch sagen können: Die Seriengötter brauchen den Hound alias Sandor Clegane noch. Nämlich als Gegenfigur zu einer anderen, die zu sterben droht. Der Hound ist nun das vorzeigbare Beispiel, wie relativ und vorübergehend der Tod sein kann in Game of Thrones. Das ist die Hoffnung, die diese siebte Episode Arya Stark und ihren Fans macht: Arya muss nicht sterben. Aber vielleicht doch.

Es gibt wohl keine andere Fernsehserie, die ihre eigenen Regeln zum Leben und Sterben von Figuren derart situativ immer wieder ändert, gerade in dieser sechsten Staffel. Doch selbstverständlich wird alles stets begründet. Für jedes Wunder gibt es eine Erklärung (auch wenn manche Erklärungen ältere Zuschauer womöglich mittlerweile an Bobby Ewing erinnern, der auch nicht tot war, sondern nur eine ganze Staffel lang duschen). Fantasy funktioniert hier wie eine Verschwörungstheorie: Solange aufbrechende Löcher in der Logik gestopft werden können, zerbricht sie nicht an ihren inneren Widersprüchen.
Gigantischer Abzählreim

Und letztlich geht es bei Game of Thrones immer nur darum, wer als Nächster stirbt, denn diese Serie ist nichts als ein gigantischer Abzählreim, das Spiel mit dem Tot-oder-nicht-tot-oder-untot-oder-wiedergeboren-Sein ist ihr eigentlicher Spannungsbogen. Wen interessiert ernsthaft, wer am Ende den Eisernen Thron besteigen wird? Wo doch die wirkliche Frage ist: Wer überlebt auf welche Weise die fortwährenden Gemetzel?

In der aktuellen Episode The Broken Man wird das mit salbungsvollem Gerede über Gut und Böse aufgehübscht. Ray also spricht: "Es ist nie zu spät, damit aufzuhören, Menschen auszurauben und zu ermorden – und damit zu beginnen, Menschen zu helfen." Dann wendet er sich zum berufsmäßigen Mörder Hound: "Es ist nie zu spät, zurückzukommen."

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