Amnesty beklagt institutionellen Rassismus in Deutschland

  10 Juni 2016    Gelesen: 892
Amnesty beklagt institutionellen Rassismus in Deutschland
Amnesty International wirft dem deutschen Staat vor, Opfer rassistischer Gewalt im Stich zu lassen. Die Zahl der Angriffe sei hoch wie nie. Im Bericht rügt die Organisation "kollektives Versagen".
Geflüchtete und Menschen mit ausländischen Wurzeln werden in Deutschland nach Ansicht von Amnesty International schlecht vor Rassismus und Diskriminierung geschützt.

"Die Zahl rassistisch motivierter Angriffe in Deutschland ist so hoch wie noch nie seit Gründung der Bundesrepublik", beklagte die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des aktuellen Berichts "Leben in Unsicherheit: Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt".

Amnesty-Forscher und Hauptautor, Marco Perolini, berichtete über eine stark gestiegene Zahl an Hasskriminalität in Deutschland. Der Anstieg sei besorgniserregend. Die deutschen Behörden schafften es nicht, diese Straftaten aufzuklären, angemessen zu verfolgen und scheiterten auch bei der Präventionsarbeit.

Mängel bei der Strafverfolgung

Hasskriminalität hat in den USA und Großbritannien eigenständige strafrechtliche Relevanz. Dabei handelt es sich um Straftaten, die sich gezielt gegen Angehörige einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe richten, etwa Ausländer, Angehörige von Religionsgruppen, aber auch Obdachlose oder Transgender-Personen.

Entscheidend ist, dass sich das Verbrechen nicht ausschließlich gegen eine einzelne Person richtet, sondern gegen die soziale Gruppe, der das Opfer angehört.

Nach Einschätzung von Perolini ist institutioneller Rassismus ein Grund für Mängel bei der Strafverfolgung in Deutschland. Das bedeute aber nicht, dass Polizisten bewusst rassistisch handelten. Institutioneller Rassismus sei meist nicht offener Rassismus, es gehe mehr um Verhaltensweisen, unterschwellige Vorurteile und das "kollektive Versagen einer Institution".

Anstieg rassistischer Gewalttaten gegen Flüchtlinge

Auch der Schutz von Flüchtlingsunterkünften sei in Deutschland mangelhaft, so Perolini. Generalsekretärin Caliskan forderte vor diesem Hintergrund ein bundesweites Schutzkonzept für Flüchtlinge und deren Unterkünfte. Die wichtigsten Standards müssten vereinheitlicht werden. So sollten etwa private Sicherheitsunternehmen, die in Asylheimen arbeiteten, in ganz Deutschland systematisch überprüft werden.

Die Menschenrechtsorganisation beruft sich in ihrem Bericht unter anderem auf Daten des Bundesinnenministeriums und der Amadeu-Antonio-Stiftung. Demnach ist die Zahl politisch motivierter Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte von knapp 200 im Jahr 2014 auf mehr als 1000 im vergangenen Jahr gestiegen. Im ersten Jahresdrittel 2016 meldeten die Behörden 347 rassistisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung berichtet zudem über einen deutlichen Anstieg rassistischer Gewalttaten gegen Asylsuchende und Flüchtlinge. Demnach waren es im vergangenen Jahr 183 Gewalttaten, im Vergleich zu 81 im Jahr 2014. Wie es im Amnesty-Bericht weiter heißt, gab es im vergangenen Jahr im Schnitt sechs Demonstrationen pro Woche gegen Flüchtlinge und Schutzsuchende in Deutschland.

Quelle : welt.de

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