Europas Bank-Aktien bluten

  28 Juni 2016    Gelesen: 542
Europas Bank-Aktien bluten
Europäische Banken verlieren innerhalb von zwei Tagen an der Börse fast ein Viertel ihres Werts. Der Absturz scheint noch nicht beendet zu sein, denn Analysten übertreffen sich angesichts des Brexit-Votums mit negativen Prognosen.
Die Aktien europäischer Banken kennen nach dem Brexit-Votum nur eine Richtung: nach unten. Auch am Montag werden sie regelrecht verprügelt, nachdem sie schon am Freitag kräftig Federn lassen mussten. Seit dem Referendum hat sich fast ein Viertel ihres Börsenwertes in Luft aufgelöst – am Freitag war der Euro-Stoxx-Bankenindex bereits rund 15 Prozent abgestürzt, am Montag ging es knapp 8 Prozent nach unten. Die Branche wird als ein Hauptopfer künftiger Hürden zwischen der EU und Großbritannien gesehen.

Die Aktie der Deutschen Bank fiel zeitweise knapp zehn Prozent auf ein Allzeittief von rund 12 Euro. Das Unternehmen war an der Börse damit noch knapp 17 Milliarden Euro wert, weniger als die Hälfte seines Börsenwertes vor zwei Jahren. Im Verlauf erholte sich der Kurs etwas. Auch die Commerzbank-Aktie kam unter die Räder: Sie fiel um 5,8 Prozent.

Noch schlimmer getroffen wurden die britischen Geldhäuser. Barclays gaben um 17 Prozent nach, Royal Bank of Scotland (RBS) verloren zeitweise mehr als ein Viertel ihres Wertes und erreichten damit den tiefsten Stand seit siebeneinhalb Jahren. Der Kurs von Lloyds Banking Group, dem führenden Hypothekengeber Großbritanniens, fiel um rund 9 Prozent.

Mehr Kreditausfälle möglich

Die Hoffnungen der Banken, ihre Renditen endlich wieder zu steigern, erscheinen nach dem Votum für einen Austritt der Briten aus der Europäischen Union unrealistisch. Analysten überbieten sich mit Blick auf die befürchteten negativen Folgen der Brexit-Entscheidung auf die Geschäfte der Banken mit Abstufungen und Kurszielsenkungen.

Exemplarisch die Einschätzung von der US-Bank JP Morgan: Zu rechnen sei mit einem weiteren Anstieg der Eigenkapitalkosten und einer immensen allgemeinen Unsicherheit für die Bankenbranche - sowohl in Großbritannien als auch in der EU. Eine Abkühlung der Wirtschaft könnte darüber hinaus zu niedrigeren Zinsen führen.

Hinzu kommt: Verschlechtert sich die Konjunktur, drohen mehr Kreditausfälle. Analysten stuften nicht nur britische, sondern auch andere europäische Banken und US-Investmentbanken massenhaft herab. Investoren warfen deren Aktien aus den Portfolios. Die Hoffnung auf steigende Zinsen in Europa sei in noch weitere Ferne gerückt, und die Konjunktur werde sich zumindest auf der Insel eintrüben, heißt es in vielen Studien.

Auf die Stimmung drückte auch der Rücktritt des britischen EU-Finanzkommissars Jonathan Hill. In ihn hatten Analysten die Hoffnung auf eine Neuverhandlung des "EU-Passes" gesetzt, der britischen Banken erlaubt, ihre Finanzprodukte frei in der EU zu vertreiben. Das treffe umgekehrt aber auch Banken vom Kontinent, die künftig im Geschäft in London Beschränkungen unterliegen, heißt es in einer Barclays-Studie.

Italien denkt über Kapitalsspritze nach

JP Morgan senkte seine Prognosen für die Gewinne der europäischen Geldhäuser im Jahr 2018 im Schnitt um 13 Prozent. "Die Folgen des Brexit werden 2017/18 und darüber hinaus stärker zu spüren sein", heißt es in einer Deutsche-Bank-Studie. Auch die US-Konkurrenten Goldman Sachs und Morgan Stanley dürften darunter leiden, dass die Verunsicherung der Manager das Geschäft mit Übernahmen und Börsengängen lähmen werde.

Stark vom Ausverkauf an der Börse betroffen sind die auch italienischen Institute UniCredit (-7,2 Prozent) und Intesa SanPaolo (-10,2 Prozent). Ihre Aktien waren am Freitag jeweils um mehr als 20 Prozent gefallen. Das Wirtschaftsministerium in Rom signalisierte Unterstützung "in verschiedenen Formen".

Was das genau heißt? Die Regierung erwägt Zeitungsberichten zufolge, den angeschlagenen Banken mit einer Kapitalspritze von 40 Milliarden Euro zu helfen. Ein Entscheidung sei aber noch nicht getroffen worden. Italiens Geldinstitute leiden wie andere Geldhäuser unter dem Niedrigzinsumfeld und einer andauernd niedrigen Profitabilität. Zudem sind die Kapitalpuffer der italienischen Banken dünn - und das Volumen fauler Kredite summiert sich in Italien auf 360 Milliarden Euro.

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