In Durban findet Welt-Aids-Konferenz statt, größtes Treffen von Experten zum Thema HIV und Aids. Die Konferenz wird auch genutzt, um auf die Länder aufmerksam zu machen, die besonders hart betroffen sind. Und das ist nicht nur Südafrika, sondern dass sind auch Länder aus Osteuropa, ganz in unserer Nähe.
Vadim Pokrovsky wirkt zurückhaltend, beinahe schüchtern. Seine Stimme ist leise, kein Mann, der große Töne spuckt. Doch dass er hier ist, gilt als Zeichen. Vor zwei Jahren hat er seine Reise zur Welt-Aids-Konferenz nach Durban kurzfristig abgesagt. Doch jetzt will er der Welt erklären, dass Russland ein Problem hat mit HIV und Aids: "In denvergangenen Jahren haben sich bei uns 120.000 Menschen neu infiziert, das ist wirklich viel. Und mehr als 40 Prozent dieser Neuinfektionen sind in heterosexuellen Beziehungen."
Ein Grund ist der strikte Kurs der Kirche
Das bedeutet: Die Krankheit bleibt längst nicht mehr nur auf die Risikogruppen beschränkt. Das zeigen auch die offiziellen Zahlen, die Pokrovsky in Durban vorstellt. 1,3 Millionen Menschen sollen in Russland infiziert sein, Tendenz steigend, Dunkelziffer unbekannt. Einen wesentlichen Hintergrund dafür sieht Pokrovsky in noch recht neuen Entwicklungen: "In den vergangenen fünf bis zehn Jahren hat die orthodoxe Kirche immer mehr Einfluss genommen. Das führt dazu, dass wir beispielsweise keine Sexualkunde unterrichten, nicht über Sexualität informieren. Bei uns gibt es nur noch Informationen über konservative Werte und ein konservatives Familienbild."
Dazu kommt, dass in Russland alle Risikogruppen stigmatisiert und kriminalisiert werden. Homosexualität ist zwar nicht verboten, darf aber nicht öffentlich gezeigt werden. Ähnlich ist es mit Prostitution oder dem Konsum von Drogen. Die Regierung braucht dringend einen Plan, warnt Michel Kazatchkine, der UN-Sonderbeauftragte für HIV und Aids in Osteuropa:
Bevölkerung müsste aufgeklärt werden
Russland setzt derzeit vor allem darauf, die registrierten HIV-Infizierten zu behandeln. Was allerdings nicht reichen wird, um die Krankheit einzudämmen. Dazu müsste die Bevölkerung über Risiken und Ansteckungswege informiert werden. Das passiert aber nicht, sagt Pokrovsky: "Vorbeugung wird gerade nicht sehr ernst genommen, beispielsweise bei Drogenabhängigen."
Drogensubstitutionsprogramme sind in Russland gänzlich verboten. Die Rückfallquote ist enorm. Schätzungen besagen, dass es in dem Land rund acht Millionen Drogenabhängige gibt. Um die sollte sich der Staat kümmern, warnt auch Kazatchkine. Bleiben sie in der Illegalität, dann steigt die Gefahr der Verbreitung von HIV und wird nicht auf diese Risikogruppen beschränkt bleiben. Wenn die Regierung nichts unternimmt, wird die Seuche nicht zu stoppen sein.
Quelle: tagesschau.de
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