Freund des Amokläufers wusste wohl Bescheid

  25 Juli 2016    Gelesen: 502
Freund des Amokläufers wusste wohl Bescheid
Wäre der Amoklauf von München zu verhindern gewesen? Zumindest hatte David Ali S. offenbar einen Mitwisser. Noch kurz vor der Tat hatte ein 16-jähriger Freund Kontakt zu dem Täter. Die beiden Jugendlichen kannten sich aus der Psychatrie.
Der mutmaßliche Mitwisser des Münchner Amokläufers hat sich nach Angaben der Ermittler kurz vor der Tat mit dem Schützen im Bereich des Tatorts getroffen. Dies gehe aus einer WhatsApp-Kommunikation des 16-jährigen Freundes des Amokläufers mit dem Täter hervor, teilte Oberstaatsanwalt Thomas Streinkraus-Koch mit. Der 16-Jährige habe diesen Chat zwar zu löschen versucht, aber die Polizei habe den Verlauf der Kommunikation wiederhergestellt.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der 16-Jährige gewusst habe, dass der Amokschütze im Besitz einer Waffe war. Deshalb - wegen der Anwesenheit am Tatort und einer möglichen Kenntnis von der Waffe - gehen sie davon aus, "dass er etwas von der Tat gewusst haben könnte". Der 16-Jährige war am Sonntag von einem Spezialeinsatzkommando festgenommen worden. Er soll nun dem Haftrichter vorgeführt werden - wegen des Verdachts des "Nichtanzeigens einer Straftat".

Der Amokläufer und der festgenommene 16-Jährige haben sich offenbar im vergangenen Jahr in der Psychiatrie kennengelernt. Dort habe sich bereits gezeigt, dass der Täter vom Freitag den norwegischen Massenmörder Breivik verehrt habe. Außerdem habe er gesagt, "er hätte einen Hass auf Menschen", so der Oberstaatsanwalt. Die beiden Jugendlichen teilten nach Erkenntnissen der Ermittler zudem ihre Begeisterung für sogenannte Killerspiele am Computer.

Der 16-Jährige hatte sich bereits am Freitag unmittelbar nach dem Amoklauf bei der Polizei gemeldet, weil er David Ali S. kannte. "Er wurde in Bezug auf seine Beziehung zum Täter vernommen", teilte die Polizei mit. Die Ermittlungen hätten am Sonntag jedoch Widersprüche in seinen Aussagen aufgedeckt. Gegen ihn soll Haftbefehl beantragt werden. Die Ermittler prüfen, ob der Jugendliche auch für einen Facebook-Aufruf zu einem Treffen am Sonntag in einem Kino in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs verantwortlich ist. Dieser Aufruf hatte ein ähnliches Muster wie der Facebook-Aufruf des 18-jährigen Amokläufers, der über das soziale Netzwerk eine Einladung in ein Schnellrestaurant verschickt hatte, wo er dann den Amoklauf startete. Bei der Überprüfung des Kinos ergaben sich am Sonntag keine Auffälligkeiten.

Tat über ein Jahr lang geplant

Der 18 Jahre alte Schüler David Ali S. hatte in München erst neun Menschen und dann sich selbst erschossen. Es handelte sich nicht um eine politisch motivierte Tat. Vielmehr war der Deutsch-Iraner offenbar von Amokläufen fasziniert und hatte seine Tat seit über einem Jahr geplant. Dabei hatte er auch Winnenden besucht. Dort hatte im März 2009 ein 17-Jähriger 15 Menschen erschossen, bevor er schließlich in einem Schusswechsel mit der Polizei selbst starb. In dem Ort in Baden-Württemberg fotografierte David Ali S. mehrere Tatorte des Amoklaufes.

Zu seiner Tat hat der junge Mann aus München den Ermittlern zufolge ein eigenes schriftliches "Manifest" verfasst. In dem auf seinem Rechner gefundenen Dokument beschäftige sich S. mit der Tat und ihren näheren Umständen. Die Tatwaffe hatte sich der 18-Jährige Deutsch-Iraner vermutlich im Darknet, einem verborgenen und verschlüsselten Bereich des Internets, besorgt.

Der Amoklauf hatte am Freitagabend ganz München in Angst und Schrecken versetzt. Der 18-jährige Täter schoss in und vor einem Einkaufszentrum sowie in einem Schnellrestaurant um sich, tötete neun Menschen - überwiegend Jugendliche - und schließlich sich selbst. Drei Menschen sind noch in Lebensgefahr. Insgesamt gab es laut Landeskriminalamt 35 Verletzte.

David Ali S. hatte wohl eine Angststörung

Laut Staatsanwaltschaft war David Ali S. wegen psychischer Probleme sowohl in stationärer wie in ambulanter Behandlung. Dabei handelte es sich offenbar um eine Angststörung und um Depressionen. Unter anderem soll der Jugendliche Probleme gehabt haben, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. In seinem Zimmer wurden ärztliche Unterlagen und entsprechende Medikamente gefunden.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bezweifelt, dass man das Vorhaben des Amokläufers von München früher hätte erkennen können. Die Ärzte, die den jungen Mann vorher wegen einer psychischen Erkrankung behandelt haben, hätten eher eine Suizidgefahr gesehen, sagte Herrmann. "Keiner hat gesagt, dass sie die Gefahr gesehen haben, dass er aggressiv gegenüber anderen Menschen werden könnte." Annette Ramelsberger, Reporterin der "Süddeutschen Zeitung", sagte dagegen in der ARD, sie habe mit Mitschülerinnen des Amokläufers gesprochen. Diese hätten von Drohungen des jungen Mannes berichtet. Er habe gedroht, sie alle umzubringen oder ein Attentat zu verüben. Nach bisherigem Stand der Ermittlungen gibt es unter den Opfern keine Mitschüler des Täters. David Ali S. war nach Angaben der Ermittler nach Abschluss einer Mittelschule zuletzt auf einer Fachoberschule. Er soll im Jahr 2012 von Mitschülern gemobbt worden sein.

Derweil gaben die Ermittler bekannt, dass keiner der 35 Verletzten des Amoklaufs noch in Lebensgefahr schwebt. Am Sonntag waren noch drei Menschen in Lebensgefahr gewesen. Im Olympia-Einkaufszentrum bemüht man sich drei Tage nach der Tat wieder um Normalität: Eine halbe Stunde nach der normalen Öffnungszeit konnten Besucher um 10 Uhr das Einkaufszentrum wieder betreten. Vorher hatte ein ein Gedenkgottesdienst mit allen Mitarbeitern stattgefunden. "Bevor wir zum Alltag übergehen, haben wir die Mitarbeiter zusammengeholt, damit jeder weiß, dass er nicht alleine ist", sagte Center-Manager Christoph von Oelhafen.

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