Die Fans fragen sich, ob die Brüder Enzo und Luca Fernández die Aufnahme in den Kader fürs Trainingslager des Profiteams in Kanada und den Vereinigten Staaten nun tatsächlich ihrem eigenen Talent oder doch ihrem berühmten Vater zu verdanken haben. Denn der ist niemand Geringeres als der Chefcoach, Zinédine Zidane. Die beiden dürften den berühmten Nachnamen schon lange als große Bürde empfinden. „Der kleine Zidane erlaubt sich heute wieder so einiges“, heißt es dann bei den Jugendspielen. Der Vater selbst sagte einmal: „Es ist nicht zweimal so schwer für meine Söhne, sie haben es zehnmal schwerer als ich. Wenn man ein Nichts ist, wird einem geholfen. Aber nicht, wenn man einen Namen hat.“
Zinédine Zidane hat insgesamt vier Söhne, neben Enzo (21 Jahre) und Luca (18), die sich beide jetzt mit den Real-Stars auf die neue Saison vorbereiten, auch Theo (13) und Elyas (10), die ebenfalls bei Reals Jugendabteilung spielen. Damit ihnen das schwere Erbe des bekannten Familiennamens erspart bleibt, hat Zidane sie beim spanischen Fußballverband mit dem Nachnamen der spanischstämmigen Mutter, Véronique Fernández, eingetragen.
Die Fifa sah darin zunächst eine besonders perfide Taktik, die ausländische Herkunft der Jugendspieler zu verschleiern, und verhängte gegen den Verein eine Transfersperre wegen eines Verstoßes gegen die Regeln bei der Verpflichtung ausländischer Jugendspielers von einem Jahr, hob sie jedoch später wieder auf. Sosehr der Vater aber glaubt, dass es seine vier Söhne mit ihm schwerer haben, so sehr hilft er ihnen auch. Zidane fuhr nach seiner aktiven Zeit, die 2006 endete, nicht nur von zu Hause zum französischen Licée in der Madrider Innenstadt und von dort aus zum Trainingsgelände. Als er 2013 den Trainerschein machte, wollte er damit in erster Linie seinen Nachwuchs besser fördern können, ist sich zumindest die Zeitung „El País“ sicher.
José Mourinho, den sie in Madrid inzwischen für ein besonderes Genie in der Manipulation seines Umfeldes halten, wusste wohl um die Sorge von Vater Zidane um seine Söhne. Als er ihn 2011 als Berater in den Trainerstab der ersten Mannschaft bat, schwärmte er von Enzo, der als Spielmacher fast wie ein Südamerikaner auftritt, immer wieder mit Finten für Aufsehen sorgt, mit der Hacke oder überkreuzten Beinen passt. Solche Zirkusnummern gefallen in der Nachwuchsabteilung allerdings nicht jedem.
Der älteste Sprössling aus dem Hause Zidane verbrachte darum auch viel Zeit auf der Auswechselbank. „Enzo wollte immer ein Kunstwerk vollbringen, wenn er einmal am Ball war“, erinnert sich José Aurelio Gay, sein Trainer in der dritten Mannschaft von Madrid. Oftmals habe er dabei jedoch den Ball verloren. Positiv hebt der Trainer hervor: Als Spielmacher habe Enzo einen guten Blick für seine Mitspieler, er sei passsicher und torgefährlich.
Kleine Körpergröße, großes Talent
2012 ließ ihn Mourinho darum bei den Profis mittrainieren. Bis Zidane sich nach einem Unentschieden weigerte, die Konspirationstheorien des Portugiesen gegen die Schiedsrichter zu unterstützen. Zidane flog aus dem Trainerstab, und sein Sohn musste die Übungseinheiten wieder bei den unterklassigen Teams Reals absolvieren. 2014 übernahm aber Vater Zidane das B-Team von Real Madrid und holte seinen Sohn in die Mannschaft. Die erfolglose dritte Mannschaft wurde in dieser Saison sowieso aufgelöst.
Enzo sei immer besser geworden, sagen regelmäßige Beobachter der Spiele auf den Nebenplätzen des Trainingsgeländes außerhalb Madrids. Und jetzt absolviert Enzo auch die Trainingsvorbereitung mit den Stars, wie auch sein Bruder Luca, der Torwart ist. Obwohl er mit 1,81 Metern für einen Torhüter etwas klein ist, gilt er als großes Talent und wurde im vergangenen Jahr Europameister mit der französischen U 17, die das Endspiel gegen Deutschland 4:1 gewann.
Wie viele Torhüter habe er diese Position übrigens übernommen, weil sich beim Kicken im heimischen Garten keiner ins Tor stellen wollte, erzählt Vater Zidane. Die Vorsaison mit den Profis in Kanada und den Vereinigten Staaten ist für Luca und Enzo sicher eine große Chance, die sie ohne ihren Nachnamen wohl nicht gehabt hätten. Die übrigen Mitreisenden aus dem B-Team müssen sich mit dem Vorwurf des „enchufe“ hingegen nicht auseinandersetzen.
Denn die Zidane-Sprösslinge sind nur zwei von insgesamt elf Nachwuchsspielern in der Vorbereitung. Doch von den anderen spricht kein Mensch. Zizou, wie sie ihn in Madrid immer noch nennen, scheint also für noch viel mehr junge Talente ein guter Ziehvater zu sein als nur für die aus der eigenen Familie. Das ist in einem Verein, in dem sich der Nachwuchs seine Zukunft schon seit Jahren an anderer Stelle suchen muss, ein gutes Zeichen.
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