Die Flüchtlingskrise habe in Ostdeutschland das Gefühl der Unsicherheit verstärkt und die Gesellschaft gespalten. "Von dieser extremen Polarisierung bis hin zum Hass lebt die AfD", sagte Sellering. "Gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus müssen wir klar Position beziehen. Ich denke aber, dass die Sorgen vieler ganz normaler Bürger nicht ausreichend ernst genommen wurden."
Sellering wirft Merkel konkret vor, die Aufnahme von Tausenden Flüchtlingen aus Ungarn im September vergangenen Jahres nicht zur Ausnahme erklärt zu haben. So sei monatelang der Eindruck erweckt worden, die unbegrenzte und unkontrollierte Aufnahme von Flüchtlingen sei alternativlos. "Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat das schon Anfang des Jahres auf den Punkt gebracht. Frau Merkel hat Herz gezeigt, aber sie hatte keinen Plan."
Für Sellering gibt es im Osten keine Sehnsucht nach Autorität, die einen Aufstieg der AfD begünstigt. Der größere Zulauf der rechtspopulistischen Partei beruhe vielmehr auf einem "allgemeinen Gefühl der Unsicherheit". Er fordert zudem Verständnis für die Positionen der Menschen in Ostdeutschland ein. Sie hätten bereits einen "Zusammenbruch" des Staates erlebt und sich "mit großer Anstrengung ein neues Leben aufgebaut", sagte Sellering. "Dass einige um das Erreichte fürchten, wenn die Regierung unkontrolliert und unbegrenzt Flüchtlinge ins Land lässt, ist keine Schande." Es müsse daher eine sachliche Debatte über die Ängste der Menschen in Ostdeutschland. "Damit müssen wir uns sachlich auseinandersetzen und deutlich machen: Wir helfen den Flüchtlingen. Aber wir kümmern uns auch darum, dass die ostdeutschen Länder weiter vorankommen."
Am 4. September wird in Mecklenburg-Vorpommern der Landtag neu gewählt. Sellering, der eine große Koalition mit der CDU führt, muss um seine Regierung fürchten. Nach einer Umfrage vom 1. Juli liegt die Landes-SPD derzeit bei 22 Prozent und damit deutlich unter den 35,6 Prozent bei der Landtagswahl 2011. Vorn liegt demnach derzeit die CDU mit 25 Prozent. Drittstärkste Kraft wäre die AfD mit 19 Prozent, gefolgt von der Linken mit 17 Prozent.
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