Wer das Referendum kritisiert, riskiert Haft

  07 Auqust 2016    Gelesen: 308
Wer das Referendum kritisiert, riskiert Haft
Thailands Junta lässt über eine neue Verfassung abstimmen. Kritik daran ist unerwünscht: Bei einer Zustimmung behalten die Generäle erst mal das Sagen.
Politische Diskussionen sind in Thailand zurzeit unerwünscht: Die Militärregierung lässt die Bevölkerung am Sonntag über eine neue Verfassung abstimmen und will, dass darüber nicht zu viel diskutiert wird. Das Referendum stellt eines der wichtigsten Voten in der thailändischen Geschichte dar, nur gibt es keine Kundgebungen, keinen Wahlkampf und praktisch keine Debatten darüber.

Dafür sorgt die Junta, denn ein "Ja" zur neuen Verfassung würde dazu führen, dass die Militärregierung mehrere Jahre lang weiter die Kontrolle über das Land behält. Ein "Ja" würde eine geschwächte Demokratie festschreiben, in der ernannte und nicht gewählte Vertreter das Sagen haben. Mehr als 100 Personen, die in sozialen Medien gegen das Referendum anschrieben, wurden inhaftiert. Offene Kritik daran kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.

"Der fehlende Wahlkampf ist tatsächlich ein einseitiger Wahlkampf", sagt der Politologe Thitinan Pongsudhirak von der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Das Ziel sei, einen Wahlkampf für die Verfassung zu haben, nicht gegen sie, denn für die Junta stehe ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Allerdings hätten die Gegner inzwischen Fahrt aufgenommen, und die Bewegung gegen die Verfassung wachse.

Nach Darstellung der Militärregierung, die sich im Mai 2014 an die Macht putschte, würde die neue Verfassung eine Ära sauberer Politik und stabiler Demokratie einleiten – etwas, woran es dem Land in den vergangenen Jahren mangelte. Beim Putsch 2014 wurde Yingluck Shinawatra gestürzt, die 2011 zur Ministerpräsidentin gewählt worden war. Sie ist die Schwester des früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra.
Ein Referendum gegen die Thaksin-Anhänger?

Thaksins Lager hatte jede Wahl seit 2001 gewonnen, vor allem Arbeiter und die Landbevölkerung unterstützen es. Auf der anderen Seite steht die traditionelle Führungselite, die um ihre Zukunft bangt. Die Streitkräfte stürzten Thaksin 2006, sie beschuldigten ihn des Machtmissbrauchs, der Korruption und des fehlenden Respekts gegenüber König Bhumibol. Seit 2008 lebt Thaksin im Exil im Ausland.

Deswegen ist es wahrscheinlich, dass der Verfassungsentwurf auch das Ziel hat, die Thaksin-Fraktion von der Macht fernzuhalten. Jene, die Thaksin 2006 absetzten, wollen vor allem die großen politischen Parteien schwächen. Damit wäre sichergestellt, dass die wahre Macht in den Händen der Streitkräfte, der Gerichte und anderer ungewählter Wächter des konservativen Status quo bliebe. Sie handelten nach der Devise, dass die gewählten Politiker die Ursache aller Probleme seien und ihre Macht daher beschränkt werden müsse, sagt Politologe Thitinan.

Der Verfassungsentwurf würde es vereinfachen, "Parteien aufzulösen, Politiker auf Linie zu halten, Politiker abzusetzen, und er würde eine Koalitionsregierung von schwächeren, kleineren Parteien erzwingen". Im Ergebnis würde die Macht von gewählten Vertretern hin zu ernannten Behörden und Personen verlagert, sagt der Experte. Anders gesagt werden so die Wähler entmachtet – die mehrheitlich in den letzten 15 Jahren gegen die konservative Bangkok-Eilte gestimmt haben.

Konkret kritisieren die Gegner des Entwurfs, dass die 250 Mitglieder des Senats während einer fünfjährigen "Übergangsperiode" von der Junta ernannt würden. Unter ihnen wären auch die Kommandeure des Heeres und anderer Sicherheitsdienste. Ein Patt im 500 gewählte Abgeordnete zählenden Unterhaus könnte zu einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern führen, in der ein Ministerpräsident gekürt werden könnte, der kein gewähltes Mitglied des Parlaments ist.


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