Auch Biedermann kann Rio-Fluch nicht brechen

  09 Auqust 2016    Gelesen: 742
Auch Biedermann kann Rio-Fluch nicht brechen
"Eine Medaille ist mein Traum", sagt Weltmeister und Weltrekordler Paul Biedermann vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Im letzten Einzelrennen seiner Karriere will er sie holen. Doch seine Schwimmkarriere bleibt unvollendet.
Es fing schlecht an und es wurde nicht besser. Das letzte Einzelrennen von Paul Biedermann, seine letzte reelle Chance auf eine olympische Medaille, es endete für den 30-jährigen Schwimmer nicht mit der finalen Erlösung. 1:45,84 Minuten über seine Paradestrecke 200 Meter Freistil nannte DOSB-Generalsekretär Michael Vesper zwar ein "wunderbares Rennen". Wenig wunderbar für Biedermann war, dass diese Zeit in der Endabrechnung Platz sechs bedeutete. Nicht Platz drei, nicht Platz zwei oder sogar Platz eins, auf den ganz kühne Optimisten spekuliert hatten.

1:45,84 Sekunden, das war deutlich langsamer als im Vorlauf, deutlich langsamer als im Halbfinale, einfach "keine gute Zeit", sagte Biedermann.

Beim Einmarsch in die Halle hatte er kurz ins Publikum gewunken. Er sah verkniffen aus, angespannt, und so schwamm er auch. Nach dem gewohnt schwachen Start fand er nicht ins Rennen. Vom Podest trennten ihn letztlich 61/100 Sekunden. Im Schwimmsport sind das Welten.

Der Ruhm gehört anderen

Als der umstrittene Chinese Sun Yang in seiner grellpinken Badehose noch jubelnd durch das Aquatics Centre in Rio sprang und es im zweiten Versuch schließlich schaffte, seine weiße Olympiasieger-Badekappe nicht ins Becken sondern ins Publikum zu werfen, war Biedermann schon in den Innenraum von Rio de Janeiros Schwimmwürfel verschwunden.

Der olympische Ruhm und das Rampenlicht, das gehörte an diesem Abend anderen. Silber hinter dem 2015 mit einer kontroversen Dopingkurzsperre belegten Yang (1:44,65) ging an den Südafrikaner Chad de Clos (1:45,20), Bronze an Conor Dwyer (1:45,23 Sekunden/USA).

Letzte Chancen können hemmen. Wenn noch einmal alles klappen muss, geht manchmal plötzlich nichts mehr. So wie wenige Stunden zuvor bei Tischtennis-Altstar Timo Boll. Dessen letzter Anlauf auf olympische Erlösung endete im Debakel, nichts anderes war seine sensationelle und klägliche Niederlage gegen den unorthodox spielenden Nigerianer Aruna Qadri, die Nummer 40 der Weltrangliste. Hinterher sagte Boll: "Ich habe mir nicht viel vorzuwerfen."

Biedermann, in Peking und London jeweils Fünfter über 200 Meter Freistil, sagte nach seinem Hattrick olympischer Ernüchterungen: "Ich habe alles gegeben, mehr war leider jetzt nicht drin. Das war das Maximum." Auch wenn er mit der 4 x 200 Meter Freistilstaffel am Dienstag und Mittwoch noch eine minimal Medaillenchance hat - der Traum vom olympischen Edelmetall scheint damit geplatzt.

"Davon hängt mein Seelenheil nicht ab."

Für das deutsche Olympiateam machte Biedermanns sechster Platz einen historischen Fehlstart perfekt. Erstmals seit der Wiedervereinigung blieb Deutschland an den ersten drei olympischen Wettkampftagen ohne Medaille, was der Chef de Mission Michael Vesper in der dpa aber betont gelassen kommentierte. "Deshalb lassen wir uns jetzt nicht verrückt machen. Noch haben wir 13 Wettkampftage", beruhigte Vesper: „Wir wussten von Anfang an, dass wir gerade an den ersten Tagen nur wenige ernsthafte Chancen haben.“

Biedermann freilich hatte zu diesen wenigen Chancen dazugehört, immer wieder hatte er betont: "Eine Medaille ist mein Traum." Aber auch: "Davon hängt mein Seelenheil nicht ab."

Ein Jahr hatte er sich auf Olympia vorbereitet, die letzten Wettkämpfe seiner Karriere. Auf 200 Meter Freistil, vier Bahnen, seine Disziplin. Biedermann war Weltmeister, Europameister, sein Weltekord von 2009 aus der Zeit der Hightech-Anzüge hat noch immer Bestand. Nur die olympische Medaille fehlte und als er gegen 22.25 Uhr Ortszeit nach dem letzten Einzelrennen einer großen Karriere aus dem Becken des Aquatics Centres stieg, fehlte sie immer noch.

Quelle: n-tv.de

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