Blitzstart in die Krise

  20 Auqust 2016    Gelesen: 377
Blitzstart in die Krise
Behutsam den nächsten Schritt gehen, um einen stabilen Kern die jungen Talente weiterentwickeln - das war der Plan der Hertha. Und nun geht es schon vor Saisonbeginn rund. Jürgen Klopp schickt Verstärkung.
Alle Achtung, liebe Hertha: Während andere Teams noch belanglose Nettigkeiten aus dem Trainingslager kommunizieren ("Alle haben wirklich toll mitgezogen") und die designierten Transferflops in den Himmel loben ("Er hat das Zeug, hier eine richtig gute Rolle zu spielen"), herrscht in der Hauptstadt schon eine Stimmung wie nach der vierten Heimpleite in Folge. Trainer Pal Dardai übt sich in Aktionismus – sein Manager hat dagegen offenbar die Ruhe weg.

Was gibt’s Neues?

Das darf man ruhig einen Paukenschlag nennen, so kurz vor dem Saisonstart: Pal Dardai hat Kapitän Fabian Lustenberger seines Amtes enthoben und Stürmer Vedad Ibisevic die Binde überreicht. Dabei hatte er dem Schweizer noch am ersten Trainingstag das Vertrauen ausgesprochen. Angeblich war es "keine Entscheidung gegen Lusti", wie Dardai sich zitieren ließ. Komisch nur, dass Lustenberger sich bei der Generalprobe gegen Neapel plötzlich auf der Tribüne wiederfand. Das Spiel vergeigten die Berliner mit 1:4, viel schwerer wog aber der verpasste Einzug in die Gruppenphase der Europa League durch ein desaströses 1:3 gegen Bröndy IF vor zwei Wochen. Dardai beklagte die fehlende Präsenz von Lustenberger, der impulsive Ibisevic soll nun für einen "Neuanfang mit einem anderen Spielertypen" und für aggressivere Körpersprache sorgen.

Auf wen kommt es an?

Auf die "Wirbelsäule", wie Pal Dardai es ausgedrückt hat: Die sieben oder acht Stammspieler, auf die er vertrauen möchte. Ob er das noch tut, ist die andere Frage. Nach der Pleite in der Europa League schimpfte der Ungar, nun müssten sich auch die etablierten Spieler neu beweisen. Viele Alternativen hat Manager Michael Preetz seinem Coach allerdings noch nicht zur Verfügung gestellt, der Kern des Teams stellt sich quasi von selbst auf. Im Tor hat Rune Jarstein das Rennen um die Nummer eins für sich entschieden. In der Verteidigung sind die jungen John Anthony Brooks (23) innen und Mitchell Weiser (22) außen gesetzt, davor werden Vladimir Darida und Per Skjelbred die Doppelsechs bilden – und vorne sollen es die alten Herren richten. Kapitän Ibisevic (32) und Salomon Kalou (31) haben in der vergangenen Saison zusammen 24 Tore erzielt. Die Rolle des Vorbereiters soll Königstransfer Duda übernehmen, allerdings laboriert der Slowake noch an einer Reizung im Knie.

Was fehlt?

Um es mit der besten Band der Welt aus Berlin zu fragen: "Ist das alles?" Bis auf den offensiven Mittelfeldmann Ondrej Duda von Legia Warschau, der in Frankreich für die Slowakei das zweitschnellste Jokertor der EM-Geschichte erzielte, haben die Berliner noch keinen neuen Spieler fest verpflichtet. Der 19-jährige Brasilianer Allan ist ein Riesentalent, kommt aber nur zur Leihe aus Liverpool. Bei Jürgen Klopps Team darf er als Nicht-EU-Ausländer nicht spielen, also klemmte sich Klopp persönlich ans Telefon, um ihn bei der Hertha zu parken: "Ich sah ihn im Training und dachte: Oh mein Gott! Was können wir tun, um ihn hier zu behalten und in die Mannschaft zu integrieren? Er ist ein herausragendes Talent, hat eine tolle Einstellung und jeder liebt ihn!", sagte er vor ein paar Monaten über Allan.

Ansonsten heißt es bei der Hertha: Esswein oder Gnabry, Hauptsache Flügelflitzer. Die Verpflichtung von Alex Esswein könnte allerdings an der Augsburger Forderung (angeblich weit mehr als 2 Millionen Euro) scheitern, und Serge Gnabry wäre zwar in der Verfassung, die er bei Olympia zeigt, ein echter Knaller - aber dem Vernehmen nach will Arsenal den 21-Jährigen nur ausleihen, die Hertha würde ihn lieber kaufen. Unter Zugzwang sieht sich Manager Michael Preetz ohnehin nicht, er hatte schon angekündigt, dass er eher im Sommerschlussverkauf zuschlagen will.

Wie lautet das Saisonziel?

Im vergangenen Jahr wagte Pal Dardai eine forsche Ansage: Ins Pokalfinale wolle er kommen, mit aller Macht. Ungewohnte Töne, die im Team offenbar gut ankamen: Anfang April stand die Hertha auf Rang drei und im DFB-Pokal-Halbfinale. Doch nach dem 0:5 in Gladbach am 28. Spieltag gewann das Team kein Spiel mehr, das Halbfinale ging im eigenen Stadion mit 0:3 gegen Dortmund verloren. Vor dieser Saison gibt sich Dardai postmaterialistisch: Stabilisieren will er die Hertha, "ein Gerüst für die Zukunft bauen" – und das möglichst in sicherem Abstand zur Abstiegszone.

Quelle: n-tv.de

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