Geld für Erdbebenschutz blieb liegen

  27 Auqust 2016    Gelesen: 469
Geld für Erdbebenschutz blieb liegen
Die Suchtrupps im Erdbebengebiet in Mittelitalien wollen nicht aufgeben. Überlebende haben sie schon lange nicht mehr gefunden, dafür steigt die Zahl der Toten – so auch jetzt. Derweil gibt es wachsende Kritik an den Behörden. Wurden Gelder veruntreut?
Nach dem schweren Erdbeben in Italien sind die ersten Opfer bestattet worden. Die Zahl der Toten stieg bis zum Abend auf mindestens 278, außerdem erschütterten über 900 Nachbeben die Region, was die Rettungsarbeiten erschwerte. Anlässlich der für Samstag geplanten Trauerfeier für 40 Opfer der Dörfer Arquata del Tronto und Pescara del Tronto rief die Regierung eine Staatstrauer für den Tag aus.

Die ersten Beerdigungen fanden in Pomezia südlich von Rom statt. Von dort waren sechs Tote nach dem schweren Erdbeben vom frühen Mittwochmorgen gemeldet worden. Am Samstag sollen im ganzen Land die Fahnen auf Halbmast wehen. Präsident Sergio Mattarella wurde zu einer Trauerzeremonie in Ascoli-Piceno erwartet.

Regierungschef Matteo Renzi rief für die betroffenen Regionen den Notstand aus und gab erste Hilfen in Höhe von 50 Millionen Euro frei. Zugleich kündigte er einen Präventionsplan für Erdbeben an. Italien brauche eine Vision, die sich nicht nur auf den Umgang mit Notsituationen beschränke, sagte er.

Renzi räumte aber ein, dass die Sicherung alter Gebäude in Italien, das eine Reihe von Welterbestätten beherbergt, keine leichte Sache sei. Nach Angaben von Kulturminister Dario Franceschini wurden bei dem Erdbeben 293 historische Gebäude beschädigt oder zerstört, darunter viele mittelalterliche Kirchen und Paläste.

Geld für Erdbebenschutz nicht abgerufen

In der Bevölkerung wurde zunehmend Kritik an den Behörden laut, sie hätten aus dem Drama von L`Aquila nichts gelernt. Bei dem Beben in dem nur eine Autostunde entfernten L`Aquila waren 2009 mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Damals wurden vor allem die laxen Bauvorschriften kritisiert.

Nach der Katastrophe von L`Aquila hatte die Zivilschutzbehörde fast eine Milliarde Euro für die Nachrüstung von Gebäuden in Erdbebengebieten zur Verfügung gestellt, doch wurden die Gelder kaum abgerufen - oder aber angeblich erdbebensichere Gebäude wie etwa die Schule von Amatrice fielen in sich zusammen. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen wegen des Verdachts auf Veruntreuung von Geldern ein.

Erdbebenexperten schätzen, dass allein der kurz- und mittelfristige Wiederaufbau der Dörfer erneut über eine Milliarde Euro kosten wird, eine heftige Summe für Italiens stagnierende Wirtschaft. Das Land befürchtet darüberhinaus Einbußen beim Tourismus - wie die Erfahrung auch aus anderen Ländern nach schweren Erdbeben zeigte. Allein der Tourismussektor trägt vier Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Rettungskräfte suchen weiter

Obwohl seit der Rettung eines achtjährigen Mädchens am Mittwochabend kein Überlebender mehr geborgen werden konnte, setzten die rund 4000 Bergungskräfte und Helfer ihre Suche in den Trümmern der schwer zerstörten Dörfer in den Regionen Latium, Marken und Umbrien fort. Sie wissen noch immer nicht, nach wie vielen Menschen sie noch suchen müssen. Nach neuen Behördenangaben wurden 388 mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Die gefährliche Rettungsarbeit inmitten der Trümmer wurde immer wieder von Nachbeben unterbrochen, allein in der Nacht zum Freitag waren es nach Angaben des italienischen Erdbebenzentrums mehr als 40. Der schwerste Erdstoß kurz nach 6 Uhr morgens hatte demnach eine Stärke von 4,8. Er schnitt die Zufahrtstraße zum schwer getroffenen Ferienort Amatrice ab.

Unter den Toten sind mindestens acht Ausländer, drei von ihnen stammen nach Behördenangaben aus Großbritannien, zwei aus Rumänien sowie jeweils ein Opfer aus Spanien, Kanada und El Salvador. Das Auswärtige Amt erklärte, bislang gebe es keine Hinweise auf Deutsche unter den Opfern.

Quelle: n-tv.de

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