Deutsches Bier schmeckt oft nur noch gleich

  31 Auqust 2016    Gelesen: 672
Deutsches Bier schmeckt oft nur noch gleich
Die Biervielfalt in Deutschland ist immens. Tausende Sorten buhlen um Kunden. Doch im ZDF-Test schmecken die Verbraucher kaum noch Unterschiede heraus – denn es gibt kaum noch welche.
Hopfen, Malz, Hefe und Wasser: Mehr soll in unserem Bier nicht stecken. Vor allem zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebots werben die deutschen Brauereien gerne für die hohen Qualitätsstandards ihrer Produkte. Der perfekte Anlass für die Macher von "ZDF Zeit", mal genauer auf die Zutatenliste zu schauen. Wie gut ist eigentlich unser Bier, fragt Moderator Nelson Müller. Schmeckt es, kostet es zu viel und wie beeindruckend ist eigentlich die Sortenvielfalt?

Wie üblich bei "ZDF Zeit" dürfen die Freunde von Nelson Müller zu Beginn der Testrunden mal wieder einkaufen. Statt Süßigkeiten oder Tiefkühlprodukte gibt es heute also Bier. Und das gleich dutzendfach – beim Discounter, im Getränkehandel und an der Tankstelle. Nur der Erkenntnisgewinn bleibt gering.

Das Fazit: Es gibt viele Biere in Deutschland – sehr viele sogar. Allein in Bayern sorgen 626 Brauereien für die Erfrischung der Deutschen. 190 gibt es noch in Baden-Württemberg. Danach nimmt die Brauereidichte weiter ab. Zwar sorgen die insgesamt 1388 deutschen Brauereien für mehr als 6000 verschiedene Sorten, doch nur ein paar Hundert Varianten sind überhaupt in deutschen Supermärkten vertreten.

Denn mehr als 60 Prozent des Marktes sind in der Hand von ein paar Großbrauereien, hinter denen globale Brauereikonzerne wie Anheuser Busch (Becks, Franziskaner oder Hasseröder) stehen. Einer der größten Produzenten Deutschlands ist dabei die bayerische Oettinger-Brauerei. "Ich glaube, dass es in der Brauereilandschaft nur drei Konzepte gibt, die Erfolg haben. Das eine ist Lokalität/Regionalität, das andere ist globales Branding und die dritte Strategie, die wir verfolgen, ist im Low-Budget-Segment, und das funktioniert sehr gut", erklärt Oettinger-Geschäftsführer Karl Liebl dem ZDF.

Es gibt nur ein Problem. Das Konzept der Großbrauerei funktionierte zuletzt gar nicht mehr so gut. Denn Oettinger verlor laut Zahlen des Fachmagazins "Inside Getränke" knapp vier Prozent an Absatz und ist nicht mehr Deutschlands beliebteste Marke. Das ist nun Krombacher mit 5,49 Millionen Hektolitern.

Der Trachtenverein Effeltrich probiert

Dabei schmecken die wenigsten Deutschen den genauen Unterschied zwischen den hiesigen Pilsen. Das zeigt der Geschmackstest, ohne den wohl keine Folge "ZDF Zeit" auskommen würde. Ran an die Bierkrüge heißt es für den Trachtenverein Effeltrich aus dem bayrischen Oberfranken, der Region, in der in Deutschland mit 280 Liter pro Kopf das meiste Bier getrunken wird. Mehr Klischee geht also nicht. Der normale Bundesbürger löscht dagegen nur noch mit knapp 106 Litern seinen Bierdurst. Doch exquisite Bierkenner sind die Oberfranken trotzdem nicht, zeigt der ZDF-Test. Nach wenigen Schlucken halten sie Becks für das regionale Bier, und auch das alkoholfreie wird von den wenigsten noch erkannt. Am Ende hat keiner sein Lieblingsbier erschmeckt.

Ulrich Nehring weiß warum. Alle Bierproben hat auch er bekommen. Nur haben sie bei dem Lebensmitteltechniker nicht den Weg in seinen Magen gefunden. Nehring untersuchte die Proben auf die Stammwürze und die Bittereinheiten, die den Geschmack bestimmen. Das Ergebnis: Bis auf kleinere Unterschiede variieren die deutschen Pilssorten nur minimal voneinander. Nachfragen bei den hiesigen Marktführern gibt es nicht.

Dabei könnte der große Biertest so spannend sein, wenn die Industrie mal erklären würde, warum sie nur auf den Standardhopfen setzt. Das weiß nämlich Bauer Josef Wittmann zu berichten. Er baut in der Hallertau Hopfen an. Auch ganz spezielle, die nach Holunder, Blaubeeren, Ananas oder Zitruspflanzen duften. Nur gekauft werden vor allem die Standardsorten Herkules und Magnum, die die Hälfte des gesamten Hopfenanbaus ausmachen. "Das birgt die Gefahr, dass die Biere überall fast gleich schmecken und riechen – wie bei McDonald`s, alles muss gleich sein", meint Wittmann.

Bier kostet zum Teil weniger als Mineralwasser

Doch wer sich an Details interessiert, wird bei "ZDF Zeit" enttäuscht. Auch bei der Frage nach den Zusatzstoffen bleibt so manches offen. Zwar erklären die Macher, dass allerlei erlaubte Zusatzstoffe im Bier zum Einsatz kommen, die später wieder herausgefiltert werden, doch die Industrie, die gerne mit dem Reinheitsgebot wirbt, wird darauf nicht angesprochen. Interessant wäre auch, welche Marken eigentlich nicht auf Zusatzstoffe setzen.

Gut ist dagegen eine Analyse zum Preisniveau der deutschen Bierlandschaft. Denn im Vergleich zum Jahr 2006 haben sich die Flaschenpreise nur geringfügig erhöht, obwohl die Rohstoffkosten teils viel stärker zugelegt haben. Der Wettbewerb auf dem Biermarkt ist rabiat. Bei Kastenpreisen teils weit unter zehn Euro kostet eine Flasche oft weniger als ein gutes Mineralwasser. "Bier sollte uns mehr wert sein", sagt dazu Nelson Müller. Spannend wäre allerdings gewesen, wie Großbrauereien überhaupt kalkulieren müssen und wer wie viel am deutschen Bierkasten verdient.

Stattdessen dürfen drei junge Menschen mit jeweils drei Bier im Magen gegeneinander im Fahrparcours antreten. Wer hat mehr Promille im Blut und wer fährt schlechter Auto. Fazit: Drei Bier sind zu viel für den Straßenverkehr. Wenn das nicht mal eine Erkenntnis ist.

Quelle : welt.de

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