Wolfgang Schäuble - die Alternative zu Merkel

  06 September 2016    Gelesen: 898
Wolfgang Schäuble - die Alternative zu Merkel
Angela Merkel wankt. Was ist, wenn sie wirklich aufgibt ? Oder von der CSU tatsächlich gezwungen wird, keine Kandidatur mehr zu wagen? Anders als treue Merkelianer behaupten, gibt es durchaus Alternativen, auch in der Union.
Für Angela Merkel war die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern keine normale Niederlage, sondern ein politisches Desaster und eine persönliche Demütigung. Aus ihrem eigenen Wahlkreis-Bundesland, dem eigenen Wohnzimmer, ist sie von den Wählern geradezu verjagt worden. Diese Landtagswahl war wie eine Volksabstimmung über Merkels Migrationspolitik, und die Kanzlerin hat ihre Quittung vom Wähler bekommen. Ihr Siegernimbus ist zerstört und ihr Image einer weitsichtigen, klugen Strategin der Macht gleich dazu.

Selbst die treuesten Merkelianer beschönigen weder Ursache noch Ergebnis. Sie konzentrieren sich lieber auf das Bauen politischer Wellenbrecher, um ihre Kanzlerin nicht in der Brandung der Kritik völlig untergehen zu lassen. Wellenbrecher 1 lautet: Merkel hat die richtige Politik gemacht, sie nur schlecht kommuniziert. Das ist in etwa so, als könne man Hagel-Regen den Menschen als graue Sonne verkaufen. Die CSU dürfte in diesem Punkt richtig liegen: Merkel hilft jetzt keine Sprachkorrektur mehr, sie braucht eine Kurskorrektur.

Wellenbrecher 2 besagt: Merkel hat schon vieles umgesteuert, es braucht aber Zeit, bis die Bürger das verstehen und spüren. Das wiederum klingt nach Stümper-Zahnarzt, der einem den falschen Zahn herausreißt und dann behauptet, die Schmerzen würden schon irgendwann nachlassen. In dieser Wunde rührt - mit einigem Recht - die SPD, indem sie das Wir-schaffen-das-Mantra inzwischen als Floskel der Tatenlosigkeit diffamiert.

Wellenbrecher 3 verkündet: Trotz aller Probleme gibt es keine vernünftige Alternative zu Angela Merkel als Kanzlerin. Das Argument ist gefährlich, weil offensichtlich falsch. Es gilt eigentlich lediglich mit Blick auf SPD-Chef Sigmar Gabriel, dessen niedriges Ansehen selbst eine irrlaufende Kanzlerin nur schwer unterbieten kann. Aber schon ein SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz wäre eine handfeste Alternative zur selbst ernannten Alternativloskanzlerin.

Rückendeckung für Schäuble

Und auch in der Union ist das Feld potentieller Kanzler weit besser besetzt, als es der enge Merkel-Kreis gerne suggeriert. Sollte Merkel schlagartig aufhören (wollen oder müssen), dann wäre Wolfgang Schäuble nicht nur der perfekte Übergangskanzler für das eine Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl. Schäuble hat in der Unionsfraktion die größte Rückendeckung. Er verkörpert - in Regierung wie Partei - zugleich die konservative Alternative gegen Merkels außenpolitische Risikolinie. Sowohl in der Griechenlandkrise als auch in der Multikulti-Migrationspolitik hat er eine andere Position als Merkel, und doch schweigt er und bleibt ihr gegenüber völlig loyal. Auch das vergrößert seine Chance, im Moment des Merkel-Rücktritts als integrer Kanzlerkandidat zu übernehmen, der die Palastrevolte selber nie gesucht hat. Schäuble ist Deutschlands wohl erfahrenster Krisenbewältiger und ewiger Kanzler in Wartestellung, seine Stunde könnte 2017 endlich kommen.

Die zweite Unionsalternative zur Kanzlerin heißt Ursula von der Leyen. Sollte Merkel nicht mehr antreten, wäre sie eine seriöse Alternativ-Kandidatin. Hocherfahren in verschiedenen Ministerämtern, krisenerprobt und vermittelnd. Von der Leyen war lange so etwas wie die Prinzessin der Berliner Republik. Eine Aura von elfenhafter Eleganz und gescheiter Unverbindlichkeit umgab sie. Sie hatte die diplomatische Gabe, unangenehme Dinge so zu verzaubern und kleinzustreicheln, bis sie allen gefielen. Inzwischen aber hat sie nach den Jahren als Verteidigungsministerin auch die nötige Härte erworben, ist auch durch Attacken auf ihre Person stählern geworden, sie wirkt gereift für noch höhere Ämter. Kurzum: Von der Leyen ist jederzeit kanzlerfähig und wäre die liberale Unions-Variante einer Merkelnachfolge.

Die dritte Option ist die heikelste und sie heißt Horst Seehofer. Der bayerische Ministerpräsident widersetzt sich am klarsten Merkels Wir-schaffen-das-Kurs. Die CSU fühlt sich in ihrer frühen Kritik an der Migrationspolitik durch Umfragen und Wahlergebnisse dramatisch bestätigt. Das macht ihn im jetzigen Moment der Merkel-Krise zur personifizierten Kurskorrekturfigur. Seehofer hat spürbar an Rückhalt in der Unionsfraktion gewonnen und auch an Zustimmung in der Bevölkerung. Ihm würde es in Unionskreisen am ehesten zugetraut, den spektakulären Aufstieg der AfD zu beenden. Die Ankündigung der CSU, 2017 möglicherweise mit einem eigenen Kanzlerkandidaten Seehofer in den Wahlkampf zu ziehen, schafft eine ganz eigene Realität. Sollte Angela Merkel von sich aus auf die Kanzlerkandidatur verzichten, hätte die CSU schon ihren Kandidaten - und in der CDU begönne die Debatte, ob Seehofer nicht für die gesamte Union besser wäre als Schäuble oder von der Leyen. De facto ist Seehofer bereits jetzt Kanzlerkandidat. Diese Provokation könnte nach einer weiteren CDU-Niederlage in Berlin eine eigene Wirkmacht entfalten.

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