Länder schließen Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber

  07 September 2016    Gelesen: 484
Länder schließen Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber
Bisher sind dieses Jahres deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Sollten auch Städte und Landkreise leerstehende Räume aufgeben?
Viele Bundesländer schließen Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber, da in diesem Jahr bisher deutlich weniger Flüchtlinge als noch im Herbst des vergangenen Jahres nach Deutschland gekommen sind. Sollen auch Städte und Landkreise leerstehende Räume aufgeben? Für den Deutschen Landkreistag stellt sich die Frage, wie weit die Kapazitäten zurückgehen und ob sich der Staat nicht eine Reserve vorhalten sollte. „Wir müssen versuchen, gewisse Aufnahmekapazitäten in der Hinterhand zu behalten, um die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden und vorbereitet zu sein“, sagt Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke dieser Zeitung. „Allerdings sind wir auch zum sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln verpflichtet, so dass dies mit Augenmaß geschehen muss.“ Aus finanzieller Sicht sei es für Kommunen schwer, Kapazitäten vorzuhalten, da sie vom Bundesland in der Regel nur Geld für tatsächliche Fälle erhalten. Nur Brandenburg erstattet auch Vorhaltekosten, in Sachsen sei dies ähnlich angedacht.

Die Stadt Salzgitter berichtet von einer gesonderten Vereinbarung mit dem Land Niedersachsen, damit das Bundesland die Kosten für zwei Notunterkünfte mit 143 Plätzen übernimmt, die gerade leer stehen. Der Kreis Gießen nutzt inzwischen Container und Holzhäuser nicht mehr zur Flüchtlingsunterbringung, sondern als Kindergärten und Schulen. In Hessen sorgt sich der Kreis Bergstraße um die Finanzierung bestehender Unterkünfte, obwohl es dort noch keinen Leerstand gibt. Landrat Christian Engelhardt (CDU) befürchtet, auf Kosten für ungenutzte Gebäude sitzenzubleiben, wenn die Flüchtlingszahlen sinken: „Die Mieten für die Unterkünfte sind auch bei leeren Immobilien zu zahlen, die Erstattung vom Land hingegen ist pro Kopf.“ Die Bundesregierung zahlt 670 Euro je Asylbewerber im Monat an die Bundesländer, die in der Regel die Erstaufnahmeeinrichtungen betreiben. Später betreuen Städte und Kreise die Flüchtlinge und erhalten dafür unterschiedliche Zahlungen durch das Bundesland.

Kommunen überprüfen die Unterkünfte

Die Kommunen überprüfen, welche Immobilien noch genutzt oder als Reserve gehalten werden sollten. Manchmal kommt es auch zu Auseinandersetzungen mit Eigentümern der Unterkünfte. Vor Gericht streitet sich der Landkreis Potsdam-Mittelmark mit den Vermietern eines Hotels in Michendorf um Zahlungen. In dem Hotel sollten in 125 Zimmern 250 Flüchtlinge untergebracht werden können, und dafür wurde das Hotel umgebaut. Der Landkreis verweist darauf, dass das Gebäude aus baurechtlichen Gründen noch nicht bezugsfertig ist. „Vereinbart war, dass wir erst Miete bezahlen, wenn das Hotel bezugsfertig ist“, heißt es von Seiten des Landkreises, der das Hotel für mehrere Jahre mietete. Der Städte- und Gemeindebund in Brandenburg rechnet damit, dass die vier kreisfreien Städte in dem Bundesland vier Millionen Euro dieses Jahr für leerstehende Unterkünfte zahlen. Viele hätten im vergangenen Jahr langlaufende Verträge abgeschlossen, da sie sonst keine Angebote bekommen hätten. Die Kommunen fordern mehr Geld vom Bundesland für die leerstehenden Unterkünfte.

Seit mehreren Monaten kommen etwa 16000 Flüchtlinge im Monat nach Deutschland, die im Easy-System registriert werden. Die Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer kamen im Juli und August nach einer Umfrage dieser Zeitung auf eine Auslastungsquote von fast 35 Prozent: Von etwa 220 000 Plätzen waren ungefähr 145 000 Plätze ungenutzt. Auch viele Städte und Kreise haben unbesetzte Plätze in ihren Unterkünften. Der Kreis Offenbach in Hessen prüft, welche der eigenen Unterkünfte es nicht mehr benötigt, in denen derzeit etwa 150 Plätze leer bleiben. 800 Plätze sollen mittelfristig auch als Reserve bereitstehen.

Der Landkreistag sieht wie auch mehrere Bundesländer keine belastbaren Prognosen für die Ankünfte weiterer Flüchtlinge und für weitere Kosten. „Wir wissen nicht, wie sich die Lage auf den Flüchtlingswegen auswirkt, ob die Balkan-Route geschlossen bleibt und was mit der Türkei passiert“, sagt Landkreisvertreter Henneke. Vor allem richten die Kommunen ihre Blicke auf die Flüchtlinge vor Ort. Diesen fällt das Erlernen der deutschen Sprache schwer. Viele können auch die lateinische Schrift nicht lesen. „Die maßgeblichen Herausforderungen liegen in der Integration der Flüchtlinge“, sagt Henneke.


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