Früher hat das Berliner Unternehmen Paranet seine Traglufthallen vor allem für Schwimmbäder oder Sportplätze gebaut - jetzt kommen etliche Aufträge für die Unterbringung von Flüchtlingen hinzu. Zehn Hallen, in denen mehrere Hundert Menschen untergebracht werden können, hat Paranet bereits in Deutschland errichtet, mehrere davon im Raum München. "Weitere 15 werden die nächsten drei Monate noch folgen", sagt Geschäftsführerin Erika Wowra. Produktionsstandort für die Traglufthallen ist in Augsburg. Seit rund zwei Jahren hat sich Paranet nach Worten von Wowra auf die Unterbringung von Flüchtlingen vorbereitet und sein Modell "Care Dome" bei Regierungsvertretern vorgestellt. Die große Nachfrage könne das Unternehmen daher bewältigen: "Wir haben unsere Standardhallen für Flüchtlinge in Teilen bereits vorproduziert."
Zelte
Bierfeste, Firmenfeiern, Sportveranstaltungen: Auch der Zelt-Hersteller Tartler aus dem hessischen Lützelbach bekommt seine Aufträge normalerweise aus anderen Bereichen. Inzwischen interessieren sich viele Kunden für die Zelte als Flüchtlingsunterkünfte. "Die Nachfrage ist schon deutlich spürbar gestiegen", teilt das Unternehmen mit. Derzeit hat Tartler Zeltanlagen mit 5000 Quadratmetern Fläche in Hanau, Darmstadt und dem Odenwaldkreis vermietet. Trotz der großen Nachfrage will Tartler seine Zelte auch weiterhin nur in der Region aufstellen: "Wir sind bestrebt, nur für den regionalen Bedarf anzubieten und bei Beauftragung auch zu decken."
Verpflegung
Der Kantinenkost-Hersteller apetito probiert derzeit in seinen Küchen neue Rezepte aus, um bei der Vielzahl der Bestellungen aus Flüchtlingsunterkünften auch den Geschmack der Bewohner zu treffen. "Aktuell sind wir dabei, neue Gerichte zu entwickeln, die sich speziell auf die Bedürfnisse der Menschen in den Asylbewerberunterkünften ausrichten", sagte ein Unternehmenssprecher. Neben anderen Gewürzen wie Kurkuma und Koriander geht es bei den Gerichten für die Flüchtlinge auch um das Fleisch. "Die Betreiber der Einrichtungen, die die Mahlzeiten bestellen, achten insbesondere darauf, dass die Gerichte kein Schweinefleisch enthalten." Derzeit beliefert apetito mit Sitz in Rheine bei Düsseldorf rund 80 Flüchtlingsunterkünfte, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen.
Dolmetscher
Auch Übersetzer freuen sich über viele Aufträge von Kommunen und Behörden. Der Münchner Übersetzungsanbieter lingoking, der fast 5000 Dolmetscher und Übersetzer im Netz hat, meldet eine "deutlich gesteigerte Nachfrage." "Wir erhalten fast täglich Anfragen von Behörden aus ganz Deutschland, die für eine reibungslose Kommunikation mit den Flüchtlingen auf kompetente Dolmetscher und Übersetzer angewiesen sind", sagt Vertriebsleiter Friedemann Holland. Einige Sozialämter ließen zur Zeit beispielsweise Willkommensbroschüren in die jeweiligen Muttersprachen der Flüchtlinge übersetzen.
Wohnungsbau
Auf die Baubranche wirkt der Flüchtlingsstrom wie ein Konjunkturprogramm: Die Bundesarchitektenkammer geht davon aus, dass mehr als 400.000 Wohnungen benötigt werden, um die Flüchtlinge dauerhaft unterzubringen. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel warnte bei einer Diskussion mit Immobilienfirmen auf der Münchner Messe Expo Real vor Geschäftemacherei mit der Not. Die große Nachfrage habe die Preise für Unterkünfte deutlich ansteigen lassen. "Für ein Schweinegeld gehen jetzt Ladenhüter über die Theke." Er appellierte an die Firmen, die Situation nicht auszunutzen, um eine maximale Rendite zu erwirtschaften. "Bitte, ein bisschen ist es eine Situation, wo man Gemeinsinn an den Tag legen muss."
Handwerk
Für Dachdecker, Sanitär-Betriebe oder Maurer lief es dank des Booms im Wohnungsbau und niedriger Immobilienkredit-Zinsen schon vor dem Flüchtlingsstrom ziemlich gut. Nun bescheren die Flüchtlingsunterkünfte den Betrieben viele zusätzliche Aufträge. Gerade in Ballungsräumen wie München führt die Kombination aus dem regen Wohnungsbau und den Flüchtlingsunterkünften zu Engpässen. "Da dürften etliche Überstunden anfallen", sagt ein Sprecher der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Die bayerischen Zimmerer haben vor wenigen Tagen die Internet-Plattform "Schneller-Wohnraum" freigeschaltet, auf der Kommunen nach freien Kapazitäten bei Zimmerern suchen können. "Auch mittlere und kleine Betriebe sollen künftig bei der Bewältigung dieser dringenden Bauaufgabe mitmachen", erklärte der Innungsverband.
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