Bundesregierung kürzt Flüchtlingen das Bargeld

  08 September 2016    Gelesen: 712
Bundesregierung kürzt Flüchtlingen das Bargeld
Sachleistungen statt Geld – nach diesem Motto baut die Regierung die Hilfen für Asylsuchende um. So soll verhindert werden, dass manche Flüchtlinge wegen der Sozialleistungen Deutschland ansteuern.
Auf eines hatte vor allem die Union in den Verhandlungen um das Integrationsgesetz immer wieder gepocht: keine weiteren Anreize für Flüchtlinge schaffen, unbedingt Deutschland als Zielstaat anzusteuern. Manche Politiker von CDU und CSU werteten "Refugees Welcome"-Plakate an Bahnhöfen und Kanzlerinnen-Selfies aus Flüchtlingsheimen als solche Anreize, die sich über soziale Netzwerke bis in Krisengebiete verbreiten. Oder aber auch die Kunde von Sozialleistungen, die in Deutschland gezahlt werden.

Um Erwartungen mancher Flüchtlingsgruppen zu dämpfen, soll deshalb die Unterstützung für Asylsuchende künftig stärker über Sachleistungen gewährt werden. Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) hat jetzt einen Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben, der deutliche Kürzungen beim notwendigen Grundbedarf vorsieht. Dieser Satz, der zur Deckung der elementaren Bedürfnisse wie Ernährung und Kleidung gedacht ist, soll von derzeit 219 auf 187 Euro im Monat sinken.

Stattdessen werden die Stromrechnung und die Kosten für Wohnungsinstandhaltung direkt von der zuständigen Behörde übernommen – ebenso wie bisher schon die Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat.

Kürzungen für Flüchtlinge in Heimen und Wohnungen

Eine leichte Steigerung gibt es hingegen beim sogenannten Taschengeld für den "notwendigen persönlichen Bedarf" wie die Nutzung von öffentlichem Nahverkehr und Telefon. Dieser Satz wird von 135 auf 145 Euro monatlich angehoben. Die Anpassung war notwendig geworden, nachdem das Statistische Bundesamt seine neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorgelegt hatte, die auch Grundlage für die Hartz-IV-Erhöhung war.

Unterm Strich reduziert sich die monatliche Auszahlung an Flüchtlinge, die außerhalb von Sammelunterkünften in der eigenen Wohnung leben, wegen des höheren Anteils von Sachleistungen künftig von 354 auf 332 Euro.

Asylbewerber, die in Heimen leben, erhalten nur noch 266 statt 284 Euro. Neu eingeführt wird dabei die sogenannte Regelbedarfsstufe für Asylbewerber, die in Sammelunterkünften wohnen. Da dort in Gemeinschaftsräumen Gebrauchsgegenstände von mehreren Personen genutzt werden, erhalten die Flüchtlinge dort künftig nur noch 90 Prozent des Satzes für Alleinstehende. Dasselbe gilt für Ehepartner in der Familienwohnung. Sie erhalten künftig nur noch 299 statt bisher 318 Euro.

Ehrenamtliches Engagement lohnt sich auch für Flüchtlinge

Einen klaren Anreiz enthält der Gesetzentwurf allerdings für Flüchtlinge, die sich ehrenamtlich engagieren – etwa in Vereinen oder Initiativen. Sie dürfen künftig 200 Euro von ihrer Ehrenamtspauschale behalten. Damit solle die Wertschätzung bürgerschaftlichen Engagements gestärkt und die Integration vorangetrieben werden, hieß es aus Ministeriumskreisen.

Bei der Opposition stoßen die Neuerungen auf scharfe Kritik. Bereits jetzt lägen die Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes deutlich niedriger als die Hartz-IV-Regelsätze, kritisiert Wolfgang Strengmann-Kuhn, sozialpolitischer Sprecher der Grünen. "Wenn die Bundesregierung die Grundsicherungsleistungen für Asylbewerbende noch weiter nach unten drücken will, wird dadurch die Integration noch weiter erschwert", sagte er der "Welt".

Der Bundesregierung fehle es schlichtweg am politischen Willen, Asylbewerbern ein menschenwürdiges Leben in Deutschland zu ermöglichen, so Strengmann-Kuhn weiter. "Konsequent wäre die Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes, um dem Existenzminimum zweiter Klasse endlich ein klare Absage zu erteilen."

Wirtschaftsrat der CDU lobt den Gesetzentwurf

Der Wirtschaftsrat der CDU lobte den Gesetzentwurf hingegen. "Das ist ein entscheidender und überfälliger Schritt, um die im europäischen Vergleich zu hohen finanziellen Anreize für Migranten und Asylbewerber zu drosseln", sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger.

Zu hohe Bargeldauszahlungen wirkten mittel- und langfristig einer erfolgreichen Integration entgegen, sagte Steiger. "Mit der Reduzierung der finanziellen Leistungen und einem stärkeren Fokus auf Sachleistungen werden die richtigen Weichen gestellt." Er forderte im gleichen Zug die konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Zudem müssten die nordafrikanischen Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden.

Quelle : welt.de

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