Syrien: Amerikaner setzen Plan B um
Ähnlich hatte sich noch vor diesem Zwischenfall auch der russische Präsident Wladimir Putin geäußert: Nach seinen Worten bemüht sich Washington um die Aufrechterhaltung des Kampfpotenzials der Oppositionskräfte, die gegen die syrische Regierung kämpfen. Die Amerikaner „können nicht“ den sogenannten „gesunden Teil“ der Opposition von den halbkriminellen terroristischen Elementen trennen, betonte der Kreml-Chef. Aber „können nicht“ dürfte in diesem Fall durchaus „wollen nicht“ bedeuten.
Dabei werfen die USA ausgerechnet Russland vor, dass der Friedensprozess in Syrien nicht beginnen kann. Dabei bleibt die Frage offen, wie er überhaupt beginnen könnte, wenn die von den Amerikanern unterstützte sogenannte „gemäßigte“ Opposition die vereinbarte Waffenruhe nicht einhält.
Das syrische Zentrum für die Aussöhnung der Konfliktseiten berichtet immer wieder über neue Verletzungen des Waffenstillstands. Seit gestern seien 55 solche Fälle und seit dem Ausruf der Waffenruhe insgesamt mehr als 200 Fälle registriert worden.
Das syrische Hauptkommando warf Washington eine direkte Unterstützung der IS-Kämpfer bei deren Offensive in der Nähe des Flugplatzes Deir ez-Zor vor. „Das führte zu unseren personellen und technischen Verlusten und förderte offenbar die Offensivhandlungen des IS, der diese Stellungen unter seine Kontrolle genommen hat“, erklärte ein Stabssprecher. Später teilte Damaskus allerdings mit, dass sie unter Mitwirkung der russischen Luftwaffe zurückerobert worden seien.
Ob aber die Amerikaner keine neuen Schläge versetzen? Der Sprecher der syrischen Oppositionsgruppierung „Hmeimim“, Tarek Ahmad, zeigte sich überzeugt, dass die USA und ihre Verbündeten in Syrien ihre geopolitischen Ziele verfolgen, wobei es sich um die Verdrängung Assads und die Kontrolle über die syrisch-irakische Grenze handele.
Dass die Amerikaner in Syrien, im Irak und im ganzen Nahen Osten große Ziele haben, ist offensichtlich, und ihre jüngsten Vereinbarungen mit Moskau sind nur ein kleiner Teil ihres Plans. Dabei finden sie immer neue Anlässe, um die Vereinbarungen nicht zu erfüllen. US-Präsident Barack Obama erklärte beispielsweise in der jüngsten Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats, die nächsten Schritte, die mit Russland abgesprochen worden seien, wären „erst dann möglich, wenn wir sehen, dass die Gewalt im Laufe von sieben Tagen allmählich nachlässt und dass humanitäre Lieferungen erfolgen“.
Die Gewalt in Syrien hält an, und humanitäre Hilfsgüter werden kaum nach Aleppo und in andere Städte geliefert.
Dabei lassen die militärischen Aktivitäten der Amerikaner und ihrer Verbündeten nicht nach. Laut syrischen Medienberichten sind im Norden des Landes, der von Ankara kontrolliert wird, US-Spezialeinheiten erschienen. Welche Aufgaben vor ihnen stehen, ist vorerst unklar, aber sie könnten an der weiteren Offensive der türkischen Truppen teilnehmen. Dabei wurden diese Schritte weder mit Damaskus noch mit Moskau abgesprochen. Noch soll eine Kolonne aus mindestens 25 Panzern und 50 Fahrzeugen mit Großkaliber-Maschinengewehren die türkisch-syrische Grenze überschritten haben, die ebenfalls „zu Offensivhandlungen zwecks der Erweiterung der Pufferzone und möglicher Schläge vom Norden Richtung Rakka im Süden bereit sein sollen.“