Vor der Sitzung hatten Vertreter der Union angekündigt, Draghi mit harten Fragen zu konfrontieren. Nach Angaben von Teilnehmern verlief die Sitzung allerdings ruhig. Der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach sagte, es sei klar geworden, dass Draghi Staatspleiten in Süd-Europa verhindern wolle. Zur Lage der Banken, zum Anstieg der Liquidität in der Euro-Zone oder zum Ausstieg aus der Niedrigzinsphase habe er jedoch nichts gesagt. Der Auftritt von Draghi, der sich am Donnerstag auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin treffen wird, sei "unbefriedigend" gewesen.
Zusätzlich zu den niedrigen Zinsen kauft die EZB seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen der Euro-Länder, um für mehr Wachstum und Inflation zu sorgen. Zugleich hat sie damit dazu beigetragen, dass sich hoch verschuldete Länder wie Italien, Spanien und Portugal günstig mit frischem Geld eindecken können.
"Draghi spielt den Ball zurück"
Unionspolitiker hatten diese Politik mehrfach heftig kritisiert, doch nach dem Eindruck des Grünen-Haushaltsexperten Sven-Christian Kindler gingen sie nicht hart mit Draghi ins Gericht: "CDU und CSU sind als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet." Der EZB-Chef habe den Ball zurecht an die nationalen Regierungen zurückgespielt, die mehr investieren müssten. SPD-Vize-Fraktionschef Carsten Schneider sagte, Draghi habe sich zur Wehr gesetzt gegen Attacken aus der deutschen Politik und darauf verwiesen, dass solche Angriffe nur dazu führen würden, dass die EZB noch mehr tun müsse.
Der Ausschuss-Vorsitzende Gunther Krichbaum sagte, es habe im Ausschuss Zustimmung und Kritik gegeben. So sei angesprochen worden, dass der Kurs der EZB wie ein "verstecktes Rettungspaket" wirke, zu dem der Bundestag aber nie seine Zustimmung gegeben habe, so der CDU-Politiker. Draghi habe dagegen die Notwendigkeit von Strukturreformen angesprochen, damit die EZB den Spielraum bekomme, aus ihrer expansiven Geldpolitik wieder auszusteigen.
Zugleich setzte Draghi sich vor der Presse gegen Vorwürfe des Branchenverbandes der privaten Geldhäuser in Deutschland zur Wehr, die Niedrigzinspolitik habe zu den Problemen der Deutschen Bank beigetragen. "Ich teile diese Sicht nicht", sagte er nach dem Auftritt vor dem Ausschuss. Deutsche Bank und Commerzbank befinden sich derzeit wegen niedriger Renditen zunehmend in Schwierigkeiten.
Keine EZB-Mitschuld an Problemen deutscher Banken
Draghi lehnte eine Stellungnahme zu der Frage ab, ob das größte deutsche Finanzinstitut vom Staat aufgefangen werden könne. Das Bundesfinanzministerium hatte zuvor einen Bericht der "Zeit" dementiert, wonach bereits an einem Notfallplan für den Branchenprimus gearbeitet werde.
Eine Mitschuld der EZB an den Schwierigkeiten deutscher Banken wies Draghi generell zurück. Die Niedrigzinspolitik sei dafür nicht verantwortlich, sagte er nach Angaben von Teilnehmern. In seiner zuvor gemachten öffentlichen Erklärung betonte Draghi, dass die Banken ihre Geschäftsmodelle möglicherweise an das derzeitige Niedrigzinsmodell anpassen müssten. "Sie müssen aber auch ihre eigenen strukturellen Probleme angehen - etwa Überkapazitäten, den Bestand an notleidenden Krediten und die möglichen Auswirkungen technischer Innovationen", sagte Draghi.
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