Ein bayerischer Jurist und der Kampf um das Recht, Merkel wählen zu dürfen

  30 September 2016    Gelesen: 768
Ein bayerischer Jurist und der Kampf um das Recht, Merkel wählen zu dürfen
Ist es ein Privileg, die CDU wählen zu dürfen? Rainer Roth, ein Jurist aus Nürnberg, ist in den Kampf gezogen, um genau für dieses Recht zu streiten. Er findet es nämlich verfassungswidrig, dass er in Bayern nicht für Merkels Partei stimmen kann und hat deswegen Klage eingereicht.
Sputnik-Korrespondentin Ilona Pfeffer hat sich mit dem streitbaren Juristen über seine Beweggründe unterhalten.

Herr Roth, Sie wollen das Recht einklagen, künftig in Bayern die CDU wählen zu dürfen. Als Begründung führen Sie an, es sei verfassungswidrig, dass das nicht gehe. Können Sie näher ausführen, warum Sie klagen wollen? Es ist ganz einfach. Die staatliche Souveränität geht vom Volk aus und das Volk wählt seine Vertreter – das steht im Grundgesetz Artikel 22, Absatz 2. Dann gibt es noch den Grundsatz der Wahlfreiheit: Ich muss die freie Wahl zwischen den angetretenen Parteien haben. Da die CDU ja zur Bundestagswahl antritt, allerdings nicht in Bayern, wird mir das Recht auf Wahlfreiheit genommen.

Gegen wen richtet sich die Klage?

Sie richtet sich nicht gegen die CDU, wie man vielleicht meinen könnte. Meinen Antrag hatte ich an den Bundeswahlleiter gerichtet und er wurde abgelehnt. Meine Klage richte ich also gegen den Bundeswahlleiter bzw. die Körperschaft, die dahinter steht.

Welche Aussichten auf Erfolg räumen Sie Ihrer Klage ein? Die Frage ist verfassungsrechtlich nicht geklärt, wer hier mit wem wedeln darf – der Schwanz mit dem Hund oder der Hund mit dem Schwanz. Meine Rechtsansicht ist die, dass bei einer Bundestagswahl in Bezug auf etablierte Parteien jeder deutsche Bundesbürger die freie Wahl haben muss. Gerichtsurteile dazu habe ich nicht gefunden und ich rechne mir zumindest fünfzigprozentige Erfolgschancen aus.

Fühlen Sie sich denn durch die CSU nicht vertreten? Schließlich agieren die beiden Parteien als Union.

Merken Sie denn zurzeit, dass diese Parteien als Union agieren? Die größte Opposition gegen die Bundeskanzlerin kommt aus der bayerischen CSU, deshalb können diese beiden Parteien nicht mehr als Schwesterparteien angesehen werden. Persönlich hat es mich aber schon immer geärgert, dass ich als Bayer nicht sämtliche zur Bundestagswahl angetretenen etablierten Parteien wählen kann – immerhin sind das mehr als 9 Millionen wahlberechtigte Bayern, die das nicht tun können. Außerdem befinden wir uns in einer schwierigen internationalen Lage und ich glaube, dass Kanzlerin Merkel auch in Zukunft in Deutschland eine sinnvolle Politik macht, eine zurückhaltende und bewusst überlegende Politik. Das traue ich vielen anderen deutschen Politikern nicht zu.

Meinen Sie grundsätzlich, dass CDU und CSU sich trennen sollten oder haben Sie ein Problem mit der Personalie Seehofer? Das liegt auch an der Personalie Seehofer, wobei ich persönlich nicht glaube, dass Seehofer zu einer Kanzlerkandidatur antreten wird. Auch keiner, der in Bayern nachkommt, wie Söder, hat aus meiner Sicht das Standing. Das eigentliche Problem ist, dass wir einen Staatsmann brauchen und diese staatsmännische Eigenschaft sehe ich auf der konservativen Seite nur bei Angela Merkel.

Haben Sie Gleichgesinnte in Bayern?

Selbstverständlich! Ich bekomme sehr viele zustimmende Zuschriften, teilweise aus einem enttäuschten CSU-Wählerkreis, der insbesondere aus christlichen Gründen die Flüchtlingspolitik der eigenen Partei nicht mehr vertreten kann. Ich bekomme auch Zustimmung von eigentlich SPD-nahen Wählern, die ähnlich wie ich der Ansicht sind, dass Merkel als Bundeskanzlerin nicht die schlechteste Entscheidung ist.

Sollten Sie mit Ihrer Klage Erfolg haben, meinen Sie, das würde eine große Auswirkung darauf haben, wie die CSU bei den nächsten Wahlen abschneidet? Das wird schon erhebliche Auswirkungen haben. Es wird behauptet, dass die CDU in Bayern 10-15 Prozent der Stimmen bekommen könnte, das halte ich auch für eine realistische Größe. Andersrum könnte die CSU, wenn sie außerhalb Bayerns wählbar wäre, ebenfalls 10-15 Prozent bekommen. Ich vermute das hätte zur Folge, dass der rechte Rand von der CSU abgegraben und die AfD zurückgedrängt wird. Ein solches Ergebnis soll mir recht sein. Dass die CSU ein breiteres Spektrum bekommen und bundesweit agieren könnte, wird auch stellenweise skeptisch gesehen. Weswegen überwiegen für Sie dennoch die Vorteile? Wenn bundesweit die CSU 10-15 Prozent der Wählerstimmen bekommen sollte, ist das ein demokratisches Ergebnis. Die CSU hat durchaus gute, erfahrene Leute. Sie wird sich auch nie so weit nach rechts lehnen, wie es die AfD tut und wenn sie der AfD eine Paar Wähler abwerben kann, ist das ein netter Nebeneffekt.

Quelle : sputnik.de



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