El-Dschubair informierte bei der Eröffnung seiner Rede über die Gründungsmomente der saudischen Monarchie, skizzierte die strategischen Positionen Riads im Nahen Osten. Er betonte die religiöse Verantwortung des Königreichs. In Saudi-Arabien finden sich die zwei heiligsten Städte des Islam wieder, Mekka und Medina, denen sich 1,6 Milliarden Muslime fünf Mal täglich zum Gebet hinwenden. Darüber hinaus sind 25 Prozent der weltweiten Erdölreserven im Golfstaat verortet. Er wiederholte, dass Saudi-Arabien eine Außenpolitik entlang der Grundsätz von Durchführbarkeit und Verantwortung verfolge.
Der Außenminister äußerte, dass die saudische Regierung hart daran arbeite, die Lebensqualität der heimischen Bevölkerung zu verbessern. Dabei werden Initiativen zur Diversifizierung der Wirtschaft weg von der Ölexport-Abhängigkeit verfolgt. Innovation und die Förderung der Jugend stehen im Fokus. Facettenreiche Partnerschaften mit Alliierten in der Region, die Türkei in erster Linie, sollen die Entwicklung stützen.
Die Ansätze Saudi-Arabiens und der Türkei bei der Bekämpfung von sektiererischen Tendenzen seien ähnlich, behauptete el-Dschubair. Diese stellen die Basis für eine strategische Beziehung zwischen Riad und Ankara dar, die in den kommenden Jahren ausgebaut werde.
Viele regionale Fragen brachte der Minister auf die Agenda. Er beschrieb die politischen Situationen aus der Sicht von Riad in Jemen, Libyen, Syrien, Irak und Iran, aber auch den religiösen Extremismus, Terrorismus und sektiererische Tendenzen. Seiner Meinung nach bedarf die Lösung der Konflikte Entschiedenheit und Weisheit, als auch eine starke Zusammenarbeit von ähnlich denkenden Staaten. El-Dschubair bemerkte in diesem Zusammenhang die ähnliche anti-kommunistische Haltung der Türkei und Saudi-Arabiens im 20. Jahrhundert. Beide Staaten stellten sich gegen die Sowjetunion in einer Zeit, als diese Haltung in der Region weithin unpopulär war. Besonders eng arbeiten beide Staaten im Sicherheits-, Militär-, Wirtschafts- und Religionsbereich zusammen. Jetzt sei die Zeit gekommen, diese Bereich zu institutionalisieren. Beide Länder haben bereits mit der Gründung des Saudisch-Türkischen Koordinationsrates beim 13. Gipfel der Organisation für Islamische Kooperation.
Der saudische Außenminister drückte seine besondere Sorge über die Situation in Syrien aus. Er machte den umstrittenen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad für den Tod von rund 600.000 Menschen und die Vertreibung von 12 Millionen Bürgern verantwortlich. El-Dschubair unterstrich, al-Assad habe keinen Platz in einem zukünftigen Syrien. Er werde zunehmend regional isoliert, nicht zuletzt wegen der Türkei und Saudi-Arabien. Der beste Ansatz zur Lösung des syrischen Konflikts sei seiner Meinung nach die weitere Unterstützung moderater Rebellen und die Gründung einer Roadmap für Frieden, wie von der UN-Resolution 2254 vorgegeben. Diese soll eine Übergangsphase hin zu einer Regierung ohne Baschar al-Assad möglich machen.
In Bezug auf die Herausforderung Terrorismus verurteilte el-Dschubair den radikalen Konfessionalismus im Irak, der in erster Linie von der pro-iranischen Schiiten-Regierung in Bagdad über Jahre hinweg ausgeht. Dieser stellt einen zentralen Katalysator für den Aufstieg extremistischer Ideologien dar, den auch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ nutzte. Ein instabiles Syrien bedeutet im weiteren Sinne ein instabiles Irak. Die Absetzung von Baschar al-Assad würde einen ersten Schritt zur Lösung der Konflikte auch im Irak darstellen.
El-Dschubair kommentierte ebenfalls die sich verschlechternde Situation in Libyen. Das Land „befinde sich am Rande hin zu einem gescheiterten Staat“. Auch in Libyen sieht der Diplomat die unbedingte Notwendigkeit, gegen den IS militärisch vorzugehen. Das Machtvakuum im Land habe freie Räume für Terroristen offen gelassen. Unter diesem Eindruck betonte der saudische Minister den Ansatz: „die Männer, das Geld und das Gedankengut“. In anderen Worten, Einzelpersonen müssen identifiziert und verfolgt werden, Geldflüsse müssen begrenzt werden, Regierungen müssen extremistischen Ideologien durch Medienkampagnen, Beratungsprogrammen und Rehabilitationsinitiativen entgegensteuern.
Mit Blick auf Iran gab sich der Außenminister Saudi-Arabiens äußerst bedenklich. Seiner Meinung nach unterhält Teheran ein gewaltiges terroristisches Netzwerk. Es schmuggelt umfassende Mengen Sprengstoff in benachbarte Staaten und versucht andere Staaten im Nahen Osten mit Spionagezellen zu infiltrieren. In der Vergangenheit ging Iran soweit, Diplomaten zu ermorden oder Botschaften anzugreifen. Er betonte, dass sich Irans Außenpolitik anpassen müsse. Damit sich Iran als Staat beweisen könne, müsse es das internationale Recht und die Autonomie seiner Nachbarstaaten respektieren. Diese Entwicklung würde die Beziehung auch zu Saudi-Arabien verbessern, was nicht zuletzt in einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit münden könnte.
In Sachen Jemen gab sich el-Dschubair zurückhaltend. Laut ihm war die saudische Königsmonarchie nicht bereit für einen Krieg im Land. Sie wurde vom legitimen, doch von den Huthis gestürzten Präsidenten Jemens, el-Hadi, um Hilfe gebeten. Riad möchte im Jemen eine Lösung durch einen politischen Prozess erreichen. Es wurde allerdings wegen der militärischen Angriffe der pro-iranischen Huthis zu militärischen Antworten gezwungen. Saudi-Arabien zielt gegenwärtig darauf ab, einen neue Verfassung auf Basis eines nationalen Dialogs und dem Volkswillen aufzubauen.
Auf die Frage von SETA-Vertreter Burhanettin Duran, was der Diplomat von den Ereignissen während des vereitelten Putschversuchs in der Türkei am 15. Juli hält, sagte er:
„Das türkische Volk verdient viel Respekt und zeigte sich heldenhaft.“
El-Dschubair bemerkte, dass er vom unbändigen Willen einer kleinen Gruppe im Militär erstaunt war, die ihren Willen über das türkische Volk stülpen und damit die Mehrheit der Gesellschaft zersetzen wollte.
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