Ein Riesenwochenende für Rosberg

  10 Oktober 2016    Gelesen: 856
Ein Riesenwochenende für Rosberg
Der Deutsche baut mit einem Start-Ziel-Sieg die WM-Führung aus. Rivale Hamilton entschuldigt sich für einen missratenen Start – und wird kurz vor Schluss von einem grenzwertigen Manöver ausgebremst.
Nico Rosberg ist ein großer Schritt auf dem Weg zum ersten WM-Titel in der Formel 1 gelungen. Der Mercedes-Pilot gewann am Sonntag den Großen Preis von Japan mit fünf Sekunden Vorsprung vor Max Verstappen im Red Bull und seinem Teamkollegen Lewis Hamilton. Damit vergrößerte Rosberg seinen Vorsprung in der Fahrerwertung vor dem Briten vier Grand Prix vor Ende der Saison auf 33 Punkte.

Vierter wurde Sebastian Vettel im Ferrari. Der Rheinländer Nico Hülkenberg belegte Rang acht. „Das war ein Riesenwochenende für mich, alles ist super gelaufen, von der ersten Runde an habe ich mich wohl gefühlt. Ich war immer vorne“, sagte Rosberg. „Das Qualifying war sicher entscheidend, dort so knapp die Pole zu holen. Das Rennen habe ich dann kontrolliert. “

Das Lächeln und die sichtbare Entspannung der Mercedes-Teamführung galt nicht allein dem strahlenden Sieger, sondern auch der Konstanz: Erstens hatte der Motor diesmal in beiden Autos gehalten, obwohl die Ursache für den kapitalen Schaden beim Rennen in Malaysia vor einer Woche, als Hamilton in Führung liegend mit einem Motorschaden ausschied, noch nicht bekannt ist, so das Team. Und zweitens führte diese diesmal hundertprozentige Verlässlichkeit zum ersten Titel-Erfolg in diesem Jahr. Mercedes ist nun zum dritten Mal in Serie Konstrukteurs-Weltmeister: 15 der bislang 17 Grand Prix hat der Rennstall gewonnen. Rosberg gelangen allein neun.

Die nächste Niederlage Hamiltons im Kampf um den Titel zeichnete sich schon während des Starts auf der Rennstrecke von Suzuka ab. Während Rosberg augenscheinlich seelenruhig von der Pole-Position weg das Feld zur ersten Kurve führte, kam sein Rivale mit durchdrehenden Hinterrädern kam vom Fleck. Verzweifelnd sah der Hamilton nicht nur den Deutschen davon ziehen; sechs Autos schossen an ihm vorbei: Achter.

Das lag wohl auch an dem feuchten Streifen auf der rechten Seite der abschüssigen Piste, aber nicht nur. Vettel und Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari kamen in der Spur hinter Hamilton besser in Schwung. Der Funkspruch des Weltmeisters an die Mercedes-Strategen deutete an, dass auch die Fingerfertigkeit beim heiklen Abfahrtsprozedere mit Kupplung eine wohl bremsende Rolle spielte: „Sorry!“

Hamiltons Fehler schien seinen Eifer zu bremsen, so wie er im Pulk hinter seinem enteilenden Teamkollegen mitzuschwimmen schien. Aber rund um den ersten Boxenstopp schien der Kampfgeist im Briten zu erwachen. Dabei stand ihm das Glück zu Seite: Seine Vorderleute Sergio Perez (Force India), Daniel Ricciardo (Red Bull) und Räikkönen wurden vom Renault-Piloten Jolyon Palmer aufgehalten, während Hamilton von den weichen auf die harten Pneus wechselte.

Prompt tauchte der Weltmeister in der 26. Runde als Vierter hinter Rosberg, Verstappen und Vettel auf, beflügelt von seinem anfeuernden Renningenieur. 17 Sekunden hinter Rosberg, das würde kaum aufzuholen sein. Aber was ist mit dem Ferrari zehn Sekunden vor ihm, mit dem Red Bull auf Rang zwei (zwölf Sekunden)? Sie wehrten sich nach Kräften. Aber selbst der riskante, offensive Versuch von Vettel scheiterte.

Der Heppenheimer blieb länger mit den harten Pneus auf der Strecke als Hamilton und fiel deshalb beim zweiten Boxenstopp auf Rang vier zurück. Aber er hatte sich mit dem Wechsel auf die für einige Zeit schnelleren weicheren Gummis eine Chance ausgerechnet. Vergeblich. „Er zieht mir auf der Geraden davon“, klagte Vettel und sah, als die neuen Pneus den kurzlebigen Vorteil verloren hatten, das silbergraue Heck entschwinden. „Gib Gas“, rieten ihm die Strategen in der Kommandozentrale, „das Rennen ist noch nicht zu Ende“.

Eine korrekte Feststellung. Nur ließ sich im Schlussdrittel erkennen, was sich am Freitag bei den Trainingsfahrten schon angedeutet hatte. Mercedes ist für Ferrari weiterhin unantastbar. Aber auch Red Bull kommt im Renntrimm beim Dauerlauf über 300 Kilometer schneller über die Runden als die Scuderia. Selbst in Suzuka, wo die Motorkraft wegen der langen Geraden und der schnellen „Kurven“ eine größere Rolle spielt als vor einer Woche beim Doppelerfolg in Malaysia. Deshalb war es erstaunlich, dass sich Hamilton schwer tat in den letzten Runden, als er in Formatgröße im Rückspiegel von Verstappen auftauchte.

52. und vorletzte Runde: Hamilton setzt an zum Überholmanöver. Zweiter, das wäre eine akzeptable Schadenbegrenzung. Aber just als er auf der rechten Seite vorbei will, macht Verstappen einen Schlenker, wie schon so oft in dieser Saison, ein grenzwertiges Manöver. Hamilton muss links herüberziehen um eine Kollision zu vermeiden, taucht ein in den Notausgang und kommt hinter Verstappen wieder auf die Piste zurück, schimpfend: „Er zieht rüber in der Bremszone.“ Eigentlich ein Sakrileg unter Rennfahrern, aber im Fall Verstappen längst keine Überraschung mehr. Mercedes protestierte zunächst, zog die Eingabe aber am Abend wieder zurück. Hamilton hielt sich nicht lange damit auf: „Ich gebe (den WM-Kampf) nicht auf, so wie ich in diesem Rennen nicht aufgegeben habe. Mal sehen, was noch geht.“


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