Warum die Preise wieder steigen

  13 Oktober 2016    Gelesen: 744
Warum die Preise wieder steigen
In den nächsten Monaten dürfte sich der höhere Ölpreis noch stärker bemerkbar machen. Wann steigt die Inflation wieder über das angestrebte Ziel von 2 Prozent?
Erstmals seit langem ist die Inflationsrate in Deutschland jetzt wieder ein klein wenig höher ausgefallen. Das ist bemerkenswert vor allem auch deshalb, weil der im Vergleich zum Vorjahr höhere Ölpreis sich erst in den kommenden Monaten so richtig bemerkbar machen wird – und dann der Inflation einen zusätzlichen Schub verleihen dürfte.

Das Statistische Bundesamt bestätigte am Donnerstag vorläufige Zahlen, denen zufolge die Verbraucherpreise in Deutschland im September um 0,7 Prozent gestiegen sind. Das ist der höchste Wert seit immerhin Mai 2015. Gleichwohl ist die Inflationsrate damit immer noch weit vom Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von „unter, aber nahe 2 Prozent“ entfernt. Wenn der EZB-Rat sich in der kommenden Woche in Frankfurt zur Oktober-Zinssitzung trifft, dürfte weiterhin die Unzufriedenheit mit der niedrigen Inflation in der Eurozone im Vordergrund stehen.

Wenn die Inflation zumindest in Deutschland jetzt aber ein wenig gestiegen ist, so hängt das auch mit einer Folge der Geldpolitik der EZB zusammen: Die Geldflut in Europa hat die Immobilienpreise gerade in Deutschland deutlich steigen lassen und im Nachgang, wenn auch deutlich langsamer und schwächer, auch die Mieten. So nennt das Statistische Bundesamt den Anstieg der Nettokaltmieten um 1,3 Prozent „entscheidend“ für den Anstieg der Inflation.

Bislang wirkt die Preisentwicklung beim Öl dämpfend

Verbraucher geben etwa ein Fünftel ihrer Konsumausgaben für die Kaltmiete aus, wie die Statistiker erklärten. Auch andere Dienstleistungen wurden im Jahresvergleich deutlich teurer, etwa Dienstleistungen sozialer Einrichtungen (plus 4,2 Prozent) oder Versicherungsdienstleistungen (plus 3,2 Prozent). Verbraucherfreundlich sei die Preisentwicklung nur bei wenigen Dienstleistungen gewesen, etwa bei den Telekommunikationsdienstleistungen (minus 1,5 Prozent). Billiger im Jahresvergleich wurden Geräte der Unterhaltungselektronik und Bekleidung. Weniger bezahlen als im September 2015 mussten Verbraucher auch für Quark, H-Milch und Käse. Teurer wurden Obst und Gemüse, Butter und Olivenöl.

Bislang wirkt dabei die Preisentwicklung beim Öl und allen damit zusammenhängenden Preisen noch dämpfend auf die Inflation. Das dürfte sich in den kommenden Monaten allerdings nach Einschätzung der meisten Ökonomen ändern. Im September sind Kraftstoffe (minus 3,5 Prozent), Heizöl (minus 12,5 Prozent) oder Gas (minus 3,2 Prozent) noch günstiger als ein Jahr zuvor gewesen. Ohne Berücksichtigung der Energiepreise lag die Inflationsrate im September bei 1,2 Prozent.

Der Basiseffekt spielt eine große Rolle

Beim Öl wird von jetzt an der sogenannte „Basiseffekt“ eine wichtige Rolle spielen. Wie das Internetportal Heizoel24 in einem Marktbericht schreibt, war bis zu dieser Woche an fast jedem Tag in diesem Jahr das Heizöl billiger als am selben Tag des Vorjahres. Das ändert sich gerade. In der zweiten Jahreshälfte 2015 wurde Öl deutlich billiger. In diesem Jahr nun ist Öl zuletzt wieder teurer geworden, wohl auch wegen der Gespräche der Organisation erdölexportierender Länder (Opec). Das hat zur Folge, dass Öl (und so manches Produkt, das man daraus herstellt) von jetzt an im Jahresvergleich teurer geworden ist und damit die Inflationsrate nach oben treibt. Alles natürlich unter der Voraussetzung, dass der Rohölpreis nicht überraschend abstürzt.

„Der Basiseffekt spielt in den kommenden Monaten eine große Rolle“, sagt Jörg Krämer, der Chefvolkswirt der Commerzbank. Die in der Vergangenheit gefallenen Ölpreise fielen bei der Berechnung der Inflationsrate schrittweise aus dem Vorjahresvergleich heraus. „Das ist der Hauptgrund, warum die Inflation im Euroraum bis Anfang nächsten‎ Jahres auf gut 1 Prozent steigen sollte“, sagt der Ökonom. „Aber abgesehen von Energiepreisen sollte die Inflation nicht steigen.“ Stattdessen dürfte die sogenannte Kerninflation (Inflation ohne beispielsweise Ölpreis) weiter bei knapp einem Prozent liegen. „Schließlich drückt die noch zweistellige Arbeitslosenrate die Lohnzuwächse", sagte Krämer.

Stefan Schneider, der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, schätzt: Bei einem Ölpreis knapp über 50 Dollar und einer Entwicklung des Euro-Dollar-Kurses zumindest in Richtung eins zu eins, könnte allein der sogenannte Basiseffekt (niedrigere Ausgangsbasis beim Ölpreis im Vorjahr) für die Inflation in der Spitze fast 1,5 Prozentpunkte ausmachen - und so die Inflationsrate zumindest im Februar und März 2017 zeitweise über das EZB-Ziel von 2 Prozent treiben.


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